Herford. (MP) „Aus zwei mach vier“ könnte das Motto der Brinkmann-Gruppe Anfang 2016 lauten. Denn die Geschäftsführung mit Sitz im ostwestfälischen Herford erweitert sich um die „Eigengewächse“ Markus (35) und Julius (32) Brinkmann, die Söhne von Wolfgang (65) und Klaus (63) Brinkmann. Seit 2009 sind die beiden bereits im Unternehmen der Väter beschäftigt, nun steigen sie voll ein und übernehmen die Fußstapfen ihrer Väter. In den letzten Jahren konnten sie u. a. durch ein zweijähriges Traineeprogramm in die Welt der Bekleidungsindustrie hineinschnuppern. Nachdem sie schließlich 2012 wie ihre anderen Geschwister als Gesellschafter in das Herforder Unternehmen eingestiegen sind, werden sie jetzt schrittweise mehr Verantwortung in der Führungsriege übernehmen. Wolfgang und Markus Brinkmann sind für Finanzen, Produktion, Personal und Logistik zuständig. Klaus und Julius Brinkmann übernehmen die Verantwortung für Vertrieb und Marketing sowie die Kollektion. Die Brinkmann-Söhne sind damit von nun an auch operativ selbstständig tätig. D. h., dass sie Ansprechpartner in den jeweiligen Verantwortungsbereichen für ihre Gruppe sind. Die bugatti Holding Brinkmann GmbH & Co. KG befindet sich mittlerweile in der Hand der dritten Generation. Auch Wolfgang und Klaus Brinkmann wurden 1986 von ihrem eigenen Vater in die Geschäftsführung geholt – ohne Zwang oder Druck, wie Klaus Brinkmann betont. Beide werden dieser auch weiterhin erhalten bleiben. Man ist sich allerdings sicher, dass die Nachfolger absolut verantwortungsvoll und für die bevorstehenden Aufgaben bereit sind.
Umsatzzahlen 2015
Wolfgang Brinkmann erklärt, dass 2015 für die Bekleidungsindustrie kein einfaches Jahr war. Dies läge zum einen am Einbruch des russischen Marktes, aber auch am zu milden Wetter, das für Umsatzeinbußen im Wintergeschäft gesorgt hat. Nicht zuletzt ist außerdem die Dollarkursproblematik, der sich die Wirtschaft momentan stellen muss, mit verantwortlich. All diese Entitäten sorgen für Umsatzeinbrüche und Ergebnisreduzierungen in der Bekleidungsindustrie. Laut der Industrie- und Handelskammer (IHK) hat die Modebranche 2015 wirtschaftlich sogar mit am schlechtesten abgeschlossen. Deutschland gehe es dabei vergleichsweise jedoch noch besser als beispielsweise Modeunternehmen aus Spanien und Italien, so Wolfgang Brinkmann. Es erschließt sich aber selbst dem Laien schnell, dass die Marktsituation für Modeunternehmen momentan schwierig ist. Es wird vorhergesagt, dass sich auch 2016 nur wirtschaftlich starke Unternehmen durchsetzen können – die Brinkmann-Gruppe ist eines davon: Trotz der widrigen Rahmenbedingungen für die Branche konnte die bugatti Holding Brinkmann GmbH & Co. KG das Jahr 2015 mit einem leichten Umsatzwachstum von immerhin 0,9 % abschließen. In konkreten Zahlen heißt das, dass insgesamt im Vergleich zum Vorjahr zwei Millionen Euro mehr umgesetzt wurden (2014: 220 Millionen Euro; 2015: 222 Millionen Euro; ohne Lizenzumsätze). Der Exportanteil liegt bei 44 %. Deutschlandweit arbeiten 948 Mitarbeiter für die bugatti Holding Brinkmann GmbH & Co. KG. Diese vergleichsweise positive Entwicklung verdankt das Herforder Modeunternehmen auch der Mehrmarkenstrategie.
bugatti GmbH baut Geschäft weiter aus
Die bugatti GmbH konnte laut Julius Brinkmann ein Wachstum von +4,3 % im Bereich Strick, Wirk, Hemd und Hose verzeichnen. Diese Produkte befinden sich demnach im Aufwind. Der Vertrieb von Jacken und Mänteln hingegen muss sich einer schwierigen Marktsituation stellen. Das zu milde Klima im vergangenen Winter hat den Verkauf dieser Artikel stark eingeschränkt. Dennoch können weitere positive Entwicklungen verzeichnet werden: Die Damenkollektion wächst im Gegensatz dazu nämlich weiter. Insbesondere der Ausbau der Kollektionen mit Sweats und Blazern, aber auch Bademoden sowie die Expansion auf dem holländischen Markt sind für den Erfolg mitverantwortlich. Das internationale Wachstum der bugatti GmbH sorgt für eine Exportquote von 55 %. Für die Zukunft wird der Ausbau von Shops in Nordamerika, dem mittleren Osten, Asien und Europa angestrebt. Chicago und Las Vegas gehören bereits zu den Städten, aus denen bei bugatti geordert wird. Man ist auf der 5th Avenue und in Boston vertreten. 530 Shop-in-Shops, 21 Stores und 6 Outlets kann bugatti bereits weltweit aufweisen. Für 2016 sind 38 weitere Shop-in-Shops, 6 Stores sowie ein Outlet geplant. Stolz ist bugatti auf die Auszeichnung als Topmarke im Bereich Männerjacken von TextilWirtschaft. In Deutschland ist die Markenbekanntheit von bugatti besonders groß: Mittlerweile befindet man sich auf Platz 3 mit einem beachtlichen Bekanntheitsgrad von 80 %. Das spiegelt sich auch in den Kleiderschränken der Herren wider: Viele Männer können wenigstens ein Produkt der lässigen und gepflegten Marke, wie Julius Brinkmann sie umschreibt, ihr Eigen nennen. Unter den 15 Lizenzpartnern der bugatti GmbH ist bei Kleinlederwaren und Taschen das größte Wachstum festzustellen. Neben Rieker, Lloyd und Ecco sind die Schuhe von bugatti in Deutschland am meisten gefragt.
Eduard Dressler auf Vormarsch in den USA
Eduard Dressler ist die wohl hochwertigste Linie innerhalb der Gruppe, so Klaus Brinkmann. Mit dem Markenbotschafter Till Broenner konnte Eduard Dressler eine bekannte Persönlichkeit, die die Marke sehr gut repräsentiert, gewinnen. Er sei „mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben“, sagt Klaus Brinkmann. Im Mittelpunkt stehen Produktleistung und Service Know-How. Auch die hochwertige und klassische Marke spielt in der Branche eine große Rolle. Selbst eine Hollywood-Größe wie Hugh Jackman, der sich jüngst im KaDeWe umschaute, griff zu Eduard Dressler. Diese kleinen Erfolge sind es, die Spaß machen, betonen alle der vier Brinkmanns. Wie auch bei bugatti zählt bei der Nobelmarke Nordamerika zum Wachstumsmarkt. Eine kleine, professionelle Studie zeigt, dass Eduard Dressler dort große Chancen hat. Momentan ist man in den USA auf der Suche nach einem geeigneten Vertriebspartner. Klaus Brinkmann merkt an, dass man sich in dieser Angelegenheit kurz vor dem Abschluss befände. Der Markteintritt ist voraussichtlich für Frühjahr/Sommer 2017 geplant. Außerdem hat man ein neues Shop-in-Shop-Konzept erarbeitet, das bereits in einem Geschäft umgesetzt wurde und 2016 in drei weiteren umgesetzt werden soll.
Wilvorst feiert 100-jähriges Jubiläum
1916 wurde die Marke Wilvorst in Stettin gegründet, hält Wolfgang Brinkmann fest. Das bedeutet, dass 2016 für den Marktführer in Sachen Gesellschaftsbekleidung der 100. Geburtstag ansteht. Am 9. Juni soll dieser Anlass in Northeim gebührend gefeiert werden. Laut Wolfgang Brinkmann werden dort täglich etwa 200 Anzüge produziert. 2015 konnte eine Umsatzsteigerung von +3,6 % verzeichnet werden. Während die Marken Wilvorst und Tziacco die Wachstumsträger des Unternehmens Wilvorst waren, konnten sich Corpus Line und atelier torino nur knapp behaupten. Modernisierungen sollen für eine auch zukünftig weiterhin bestehende Wettbewerbsfähigkeit sorgen: Mit dem „Styleprofiler“ für Corpus Line wurde z. B. in ein B2B-Visualisierungstool investiert. Dabei handelt es sich um ein Tool, das individuelle Maßkonfektion via Internet erlaubt, sodass der Kunde sofort am Bildschirm die für seinen Körperbau individuelle Passform angezeigt bekommt.
Pikeur mit prominenten Gesichtern
Seit 25 Jahren gehört Pikeur zu der Brinkmann-Gruppe. Seitdem konnte der Umsatz stetig gesteigert werden. Markus Brinkmann spricht sogar von einer beinahe Vervierfachung des Umsatzes seit Übernahme. 2015 stellt das bisher erfolgreichste und umsatzstärkste Jahr der Firmengeschichte dar. Es konnte ein 2-stelliger prozentualer Umsatz sowohl in Deutschland als auch im Vereinigten Königreich verzeichnet werden. Der Exportanteil der Reitbekleidungsmarke liegt bei über 50 %. Die Produktion erfolgt im ostwestfälischen Herford sowie niedersächsischen Uchte. Die Hauptumsatzträger von Pikeur sind Reitsakkos und -hosen. Seit einigen Jahren ist Ludger Beerbaum Markenbotschafter. Er und sein Team werden von Pikeur ausgestattet. 2016 strebt die Marke die Entwicklung des Reitsports auf dem asiatischen Markt an. Mit einem gewissen Stolz berichtet Markus Brinkmann, dass Testimonials wie Lisa Müller, Dressurreiterin sowie Ehefrau von Thomas Müller, oder Scarlett Gartmann, Model und Reiterin sowie Freundin von Marco Reus, für Pikeur werben. Diese prominenten Gesichter haben sogar für eine Erwähnung des Herforder Markenunternehmens in überregionalen Zeitungen gesorgt. Um die Bekanntheit der Marke auch weiterhin voranzutreiben, wird Pikeur bei den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro die Springreiter-Teams von Deutschland, den Niederlanden und Gastgeberland Brasilien ausstatten.
Online-Handel wird weiter angekurbelt
Insgesamt ist man in der Brinkmann-Gruppe mit der Erlössituation durchaus zufrieden. Gerade da das letzte Jahr für die Branche an sich schwierig war, ist man umso stolzer darauf, dass dennoch – wenn auch nur ein kleines – ein Umsatzplus erzielt werden konnte. Das Herforder Bekleidungsunternehmen scheint mit seiner Mehrmarkenstrategie auf dem richtigen Weg zu sein. Auch dank der Nischen-Märkte, die die Brinkmann-Gruppe bedient, kann man sich in der Bekleidungsbranche behaupten. 2016 soll der Online-Markt weiter ausgebaut werden. Mit Zalando und Amazon hat man bereits starke Partner im Bereich Online-Verkauf. Gespräche mit dem Versandhändler Otto laufen. Investitionen in die einzelnen Marken der bugatti Holding Brinkmann GmbH & Co. KG werden dieses Jahr voraussichtlich auf einem ähnlichen Niveau wie 2015 sein (etwa 3,8 Millionen Euro).
BU1 (v. l.): Wolfgang und Markus Brinkmann neben Julius und Klaus Brinkmann.
BU2: bugatti Damenkollektion
BU3: bugatti Herrenkollektion
Text: Melissa Petring
Fotos: Melissa Petring