Neue Chancen, einmalige Erfahrungen: Acht Studierende aus OWL in New York

Das New Yorker Büro der fünf staatlichen Hochschulen aus OWL ermöglicht jedes Jahr Studierenden ein Praktikum in „Big Apple“ und Umgebung. Wie bereichernd das sein kann, zeigt ein Treffen der Gruppe auf Roosevelt Island. Wer für 2023 an einer Teilnahme interessiert ist, kann sich noch bis 14. August 2022 bewerben unter https://www.campus-owl.org/experience-abroad/.

Roosevelt Island war der Treffpunkt für die acht Studierenden aus OWL. Hier zu sehen: die Roosevelt Island Tramway. (Foto: Lars Kruse/FH Bielefeld)

Roosevelt Island war der Treffpunkt für die acht Studierenden aus OWL. Hier zu sehen: die Roosevelt Island Tramway. (Foto: Lars Kruse/FH Bielefeld)

Bielefeld (fhb). Sirenen heulen aus der Ferne, ein Wasserflugzeug rauscht vorbei und landet sanft auf dem East River. „New York ist die Stadt, die niemals schläft – das ist bekannt, aber es wirklich zu erleben, macht den Unterschied“, schwärmt Michael Epp, einer von acht Studierenden, die dieses Jahr über das Professional Experience Program (PEP) des Campus OWL ein Praktikum in New York und New Jersey machen.

Das Programm ist eine der Aktivitäten des New Yorker Büros der fünf staatlichen Hochschulen Ostwestfalen-Lippes – ein aufregendes und beeindruckendes Angebot für Studierende, wie bei einem sonntäglichen Treffen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf Roosevelt Island klar wurde. Die nach dem 32. Präsidenten der USA benannte Insel liegt zwischen Queens und Manhattan und gibt den Blick frei auf die Skyline von Manhattan. „Die einzige Sache, vor der wir Angst haben sollten, ist die Angst selbst“, steht in den Steinboden gemeißelt an einem Denkmal im Zentrum der Insel.

Das Mindset lautet: Das klappt schon alles irgendwie!

Angst vor diesem Abenteuer hatten die Studierenden zu Beginn zwar nicht, dafür aber eine ordentliche Portion Respekt, erzählt Jana Schwede, die ihr Praktikum im Goethe-Institut in New York absolviert. Es ist ihr erster langer Auslandsaufenthalt. „Ich habe das Gefühl, dass ich hier mutiger geworden bin, denn ich mache Dinge, die ich mich zu Hause nicht getraut hätte.“ Mit völlig Fremden zu verreisen und sich mit ihnen eine Wohnung zu teilen, zum Beispiel. Oder einfach nur in New York den Alltag zu meistern. Das ist manchmal schon Herausforderung genug.

Zu den größten Hürden in New York gehört die Suche nach einer bezahlbaren Bleibe. Darum mussten sich die Studierenden selbst kümmern, erzählt die Leiterin des New Yorker Campus OWL-Büros , Dr. Katja Simons, die das Programm mit ins Leben gerufen hat: „Eigeninitiative ist Teil des Projekts. Einfach mal machen, statt lange zu zögern. Das lernt man hier so schnell wie kaum woanders.“ Die Kultur-und-Gesellschafts-Studentin Jana hat diese Herausforderung angenommen: „Hier hat sich meine typisch deutsche Einstellung in ein ‚Das klappt schon alles irgendwie‘-Mindset verwandelt.“ New Yorker sind eben ins Gelingen verliebt. Das steckt an.

Enorme Kairos-Dichte: „Hinter jeder Ecke wartet eine Chance“

Und: In keiner Stadt ist die sogenannte Kairos-Dichte so groß wie in New York, findet Godo Zabur Singh aus Indien, der Fassaden-Design in Detmold studiert. „Hier wartet hinter jeder Ecke eine Chance, die ergriffen werden möchte – Kairos eben!“ Sein Praktikum macht Godo bei Transsolar in New York, einem Architekturbüro, das sich auf innovative Klima- und Energiekonzepte spezialisiert hat. Für Godo ein Traumjob mit traumhaften Begegnungen und neuen Chancen, die sich jeden Tag wie aus dem Nichts auftun. ‚Dream Big‘ ist für Godo von einer Floskel zur verinnerlichten Routine geworden, sagt er. „Jetzt habe ich das Gefühl, ich kann noch so viel mehr schaffen.“ If you can make it here, you can make it anywhere. Noch so eine Floskel, die für ihn plötzlich Sinn ergibt.

Am Roosevelt-Denkmal an der Südspitze der Insel angekommen, versperren Betonmauern den Blick auf die Skyline, was alle bis auf Godo zumindest irritierend finden. „Das hat schon seine Berechtigung“, erklärt uns der angehende Architekt. „Die Mauern bilden eine Flucht und zeigen dem Betrachter, worauf er sich fokussieren soll.“ In einer Stadt wie New York, in der Ablenkung allgegenwärtig ist, die einzige Chance zu bestehen.

Sehr schnell wurden persönliche Kontakte geknüpft

Acht Studierende haben dieses Jahr ein Praktikum über das Professional Experience Program (PEP) des Campus OWL in New York und New Jersey absolviert. (Foto: Campus OWL New York/FH Bielefeld)

Acht Studierende haben dieses Jahr ein Praktikum über das Professional Experience Program (PEP) des Campus OWL in New York und New Jersey absolviert. (Foto: Campus OWL New York/FH Bielefeld)

Die Gruppe wirkt sehr innig. Und das, obwohl sich Michael Epp, Pascal Hansen, Sibel Kaya, Jana Schwede, Niels Neier, Christopher Opelt, Godo Zabur Singh und Lukas Weidich erst vor ein paar Monaten auf der Einführungswoche des OWL-Programms in New York kennengelernt haben. So unterschiedlich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer doch sind – was alle von Anfang an verbunden hat, war ihre Neugier.

„Ich hatte keine wirklich großen Erwartungen, sondern eher Fragen und wollte möglichst unvoreingenommen in das Praktikum starten“, erzählt Michael Epp. Pascal, der zusammen mit Michael und Lukas bei Siemens in Princeton, New Jersey, sein Praktikum absolviert, erzählt von den regelmäßigen Update-Teammeetings bei Siemens, in denen jeder über seinen Fortschritt im Projekt berichtet. Das Besondere: „In diesen Meetings soll jeder auch Updates zu seinem persönlichen Leben teilen. Vor dem gesamten Team!“ Eine Erfahrung, mit der die drei so nicht gerechnet hätten und die allen half, erste Kontakte auf einer persönlichen Ebene zu knüpfen.

Wie arbeiten internationale Teams in den USA und was kann ich aus einer anderen Arbeitskultur für mich nach Deutschland mitnehmen? Individuelle Antworten auf diese Fragen zu finden – auch das ist Ziel des Programms, was bei dieser Gruppe offensichtlich aufgegangen ist. „Ich freue mich, dass wir Studierenden der OWL Hochschulen diese Erfahrungen ermöglichen können“, sagt die Leiterin des Programms.

Thomas Wolfe: New Yorker ist man nach fünf Minuten

Bei dem Besuch auf Roosevelt Island stellt sich die Gruppe für ein Erinnerungsfoto vor der New Yorker Skyline auf. Imposant, aber für die meisten irgendwie auch schon normal. Niels Neier, Philosophie-Student und Praktikant im American Council on Germany, beschreibt das Phänomen – wie sollte es anders sein – aus einer philosophischen Perspektive. Er nennt es ‚Expectation Gap‘. Einerseits haben ihn ganz viele Dinge im „Big Apple“ überwältigt. So sehr, dass er es kaum glauben konnte. „Und dann gab es Sachen, die nicht so extrem waren, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Die Straßen sind voller Menschen, aber doch nicht so voll wie in meinen Vorstellungen. Die Hochhäuser sind riesig, aber irgendwie hat es sich trotzdem ganz schnell vertraut und irgendwie normal, ruhig und gelassen angefühlt.“

Jana stimmt zu: „Manchmal habe ich glatt vergessen, dass ich in New York bin, weil es sich schon gewissermaßen wie zu Hause anfühlt.“ Der amerikanische Schriftsteller Thomas Wolfe hat das einmal so auf den Punkt gebracht: „One belongs to New York instantly, one belongs to it as much in five minutes as in five years.“ Zu New York gehört man sofort. Nach fünf Minuten so sehr wie nach fünf Jahren. Von den Studierenden fühlt das jede(r).

Es ist bereichernd, sich auf das Ungewisse einzulassen

„New York ist wie fünf Städte in einer. Und dennoch, in einer kleinen Szene wie meiner Branche, scheint die Stadt manchmal ein Dorf zu sein“, ergänzt Christopher Opelt. Er ist studierter Tonmeister und macht sein Praktikum im Tonstudio The Bunker Studio in Brooklyn. „Ich bin mir sicher, dass mich meine Zeit in New York prägen wird. Wie genau zeigt sich vermutlich erst in ein paar Jahren. Sie wird aber in jedem Fall ein Abschnitt in meinem Leben sein, an den ich mich gerne erinnern werde.“

Die Studierenden wollen nach dem Treffen auf Roosevelt Island noch etwas zusammen unternehmen. Restaurant, Bowling, Rooftop, Konzert? Es gibt so viele Möglichkeiten, dass die Entscheidung schwerfällt. Das wäre ihnen in OWL wohl nicht passiert. „New York bedeutet, seine Komfortzone zu verlassen und das zu genießen“, sagt einer noch, und die Gruppe verschwindet im Sirenen-Lärm der Großstadt, um wahrscheinlich genau das zu tun – sich auf das Ungewisse einzulassen und es zu genießen.

Anm. d. Red.: Die Studierenden sprechen im Artikel als Privatpersonen und nicht im Namen der Praktikumsgeber. Autorin: Johanna Schnüpke