Industrie stabilisiert die Wirtschaftslage

IHK-Frühjahrskonjunkturumfrage 2021 im Kreis Gütersloh.

Bielefeld/Kreis Gütersloh. Mit der Industrie als stabilisierendem Faktor befinden sich weite Teile der Wirtschaft im Kreis Gütersloh wieder auf Erholungskurs. Für viele Handels- und Dienstleistungsbranchen zeichnet sich jedoch ein deutlich schlechteres Bild ab. Nach den Ergebnissen der Frühjahrskonjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) für den Kreis Gütersloh, die heute (23. März) beim Online-Pressegespräch vorgestellt wurden, gibt es kein homogenes Bild in der Wirtschaft. „Die Folgen des Lockdowns sind je nach Branchen – und ich möchte sogar sagen von Betrieb zu Betrieb – sehr unterschiedlich. Das Gesamtbild der Wirtschaft setzt sich aus sehr differenzierten Puzzleteilen zusammen“, erklärte Dr. Markus Miele, IHK-Vize-Präsident.

Präsentierten die Ergebnisse der IHK-Frühjahrskonjunkturumfrage für den Kreis Gütersloh online: IHK-Referatsleiter Arne Potthoff, der aus Gütersloh zugeschaltete IHK-Vizepräsident Dr. Markus Miele und IHK-Geschäftsführer Dr. Christoph von der Heiden (von links). Foto: IHK Ostwestfalen.

Präsentierten die Ergebnisse der IHK-Frühjahrskonjunkturumfrage für den Kreis Gütersloh online: IHK-Referatsleiter Arne Potthoff, der aus Gütersloh zugeschaltete IHK-Vizepräsident Dr. Markus Miele und IHK-Geschäftsführer Dr. Christoph von der Heiden (von links). Foto: IHK Ostwestfalen.

Die Befragung fand von Anfang Januar bis Mitte Februar innerhalb des zweiten Lockdowns statt. Daran beteiligten sich 453 Unternehmen mit 41.100 Beschäftigten aus den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistung aus dem Kreis Gütersloh. Im Vergleich zur Herbstumfrage des vergangenen Jahres stieg der IHK-Konjunkturklimaindex, der die momentane Lage und die Zukunftserwartungen gleichermaßen berücksichtigt, von 111 auf 132 Punkte an. Für die Industrie, deren Wert noch in der Sommerumfrage 2020 auf 45 Punkten gelegen hatte, stieg der Herbstwert von 116 sogar auf 141 Punkte an. Die 100er-Linie steht dabei für eine ausgeglichene Stimmung. Dabei hätten sich im Verarbeitenden Gewerbe vor allem die Einschätzungen zur momentanen Geschäftslage gegenüber dem Herbst verbessert: Die Zahl derjenigen, die ihre Geschäftslage mit „gut“ bewerten, stieg von 17 auf über 60 Prozent. Nur noch fünf Prozent sprachen von einer schlechten Geschäftslage (Herbst: 16 Prozent). Auch bei der erwarteten Geschäftslage blieb der Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen positiv, 36 Prozent rechneten für die kommenden zwölf Monate mit einer Verbesserung, acht Prozent mit einer Verschlechterung der Situation. „Die Erwartungen der Unternehmen sind also wieder gestiegen, auch wenn die tatsächliche Erholung immer noch erheblich von Unwägbarkeiten abhängt, wie die täglichen Diskussionen um Virusmutationen zeigen“, stellte Dr. Miele fest.

Relativ schwach sei das Investitionsniveau gewesen, das sich bei 57 Prozent der Betriebe unter dem Vorjahreszeitraum bewegt habe – Grund dafür sei unter anderem die niedrige Produktionsauslastung gewesen, so waren 28 Prozent der Betriebe nur zu unter 80 Prozent der Kapazitäten ausgelastet. Ausgeglichene Ergebnisse lieferte die Frage nach der Beschäftigungsentwicklung: 17 Prozent der Befragten wollten weitere Mitarbeiter einstellen, zwölf Prozent Personal abbauen. „Das sind keine rosigen Aussichten, aber zumindest scheint der negative Trend erstmal gestoppt zu sein“, sagte der IHK-Vizepräsident. Ein sensibles Thema bleibe die Auslandsnachfrage. „Bei Grenzschließungen werden komplexe Wertschöpfungsketten unterbrochen. Das kann erhebliche ökonomische Auswirkungen haben, die oft unterschätzt werden. Eine wirtschaftliche Folgenabschätzung sollte deshalb Bestandteil der Erwägungen über Reisehinweise, Reisewarnungen und Grenzschließungen sein“, forderte er von der Politik.

Im Handel beurteilen rund 33 Prozent mehr Befragte ihre aktuelle Geschäftslage als „gut“, 27 Prozent sprechen von einer schlechten Situation. Dies sei laut Dr. Miele durchaus etwas überraschend, zeige jedoch auch die Vielschichtigkeit des Handels, der zum Beispiel auch den Großhandel umfasse. Sorgen bereiten weiterhin die andauernden Einschränkungen für den Einzelhandel und die fehlende Perspektive – 37 Prozent erwarten eine Verschlechterung ihrer Geschäftslage.

Auch im Dienstleistungsgewerbe bleibe die aktuelle Geschäftslage angespannt. Insbesondere das Gast- und Reisegewerbe habe hier einen negativen Einfluss auf die Ergebnisse, da diese von der Pandemie am stärksten betroffen seien. 35 Prozent der Dienstleister bezeichnen ihre Geschäftslage als „schlecht“, demgegenüber stehen 29 Prozent mit einer „guten“ Geschäftslage da. Die Stimmung bleibe zudem weiterhin skeptisch, 29 Prozent rechneten mit einer Verschlechterung der Lage. Großer Beschäftigungsaufbau sei sowohl bei den Dienstleistern als auch im Handel in den kommenden Monaten nicht zu erwarten.

Die vergleichsweise guten Werte der Industrieunternehmen dürften jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Corona-Krise auch beim Verarbeitenden Gewerbe ihre Spuren hinterlassen habe, betonte IHK-Geschäftsführer Dr. Christoph von der Heiden. So seien die Gesamtumsätze der Industrie im vergangenen Jahr im Kreis Gütersloh auf 18,8 Milliarden Euro zurückgegangen. „Das bedeutet ein Minus von 3,6 Prozent, das jedoch im Vergleich zu NRW und Deutschland noch sehr respektabel ist“. Dort seien die Einbrüche mit -9 Prozent (NRW) und -8,8 Prozent (Deutschland) erheblich stärker gewesen. Das liege vorrangig an der landesweit größeren Bedeutung der Branchen „Kraftwagen und Kraftwagenteile“, „Chemie“ und „Metallerzeugung- und bearbeitung“, die höhere Verluste hätten hinnehmen müssen. Auch bei den Auslands- (-2,3 Prozent) und Inlandsumsätzen (-4,6 Prozent) seien die Rückgänge damit im Kreis Gütersloh noch einigermaßen gemäßigt gewesen. Der Beschäftigungsabbau sei mit -0,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eher moderat ausgefallen. Positive Effekte habe die Kurzarbeit erzielt. „Diese hat dem Arbeitsmarkt sehr geholfen“, stellte der IHK-Geschäftsführer heraus. Dennoch hätten sich die Arbeitslosenzahlen Stand Februar 2021 im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent erhöht.

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