Was macht ein Gütersloher Brite nach dem Brexit?

Gütersloh. „Ich hab’ nie gedacht, dass ich sowas mal beantragen muss.” Michael Tucker seufzt. Der Musiker und Inhaber der Gütersloher MusikGalerie am Dreiecksplatz ist in Gütersloh geboren und aufgewachsen, der Akzent ist – wenn überhaupt – westfälisch. Und dennoch: Tucker ist britischer Staatsbürger und das bedeutet seit dem 01.01.2021: zunächst einmal ein bisschen mehr Bürokratie. Denn der Brexit erfordert ein neues Aufenthaltsdokument.

Muss sein: Nach dem Informationsgespräch mit Nicole Pollklas, Leiterin der Gütersloher Ausländerbhörde, folgen für Gütersloh-Briten Michael Tucker Unterschrift und Fingerabdruck. Foto: Stadt Gütersloh

Muss sein: Nach dem Informationsgespräch mit Nicole Pollklas, Leiterin der Gütersloher Ausländerbhörde, folgen für Gütersloh-Briten Michael Tucker Unterschrift und Fingerabdruck. Foto: Stadt Gütersloh

So wie Michael Tucker hat Nicole Pollklas, Leiterin der Ausländerbehörde im Gütersloher Rathaus, in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder Menschen beraten und Auskunft gegeben, denen es ähnlich geht. Viele Anrufe, besonders von älteren Menschen habe es gegeben, auch Unsicherheit und immer wieder mal die Frage: „Muss das wirklich sein?“

Ja, es muss, denn mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU haben sich die Rahmenbedingungen geändert. Ende 2020 sind deshalb rund 250 Briten und Britinnen in Gütersloh von der Verwaltung angeschrieben und gebeten worden, ihren Aufenthalt in Deutschland der Ausländerbehörde spätestens bis Juni diesen Jahres anzuzeigen. „Die meisten, die sich hier bisher zurückgemeldet haben, haben längst ein Daueraufenthaltsrecht erworben, weil sie schon lange hier wohnen und arbeiten.“, sagt Nicole Pollklas. Schon im Vorfeld des Brexit habe es bereits zahlreiche Anfragen gegeben über den zukünftigen Status und darüber, was zu tun sei. So haben Anfang des Jahres bereits 140 Menschen mit britischer Staatsangehörigkeit Übergangsdokumente erhalten, da zu dieser Zeit noch keine elektronischen Aufenthaltstitel – „eATs“ – erstellt werden konnten. Sie wurden als erste eingeladen, die nötigen Vorgaben für den „eAT“ zu erbringen: Fingerabdrücke, Augenfarbe und Größe werden beim persönlichen Termin abgenommen, um das Aufenthaltsdokument im Scheckkartenformat zu bestellen, das dann bis zu zehn Jahre Gültigkeit hat.

Auch Michael Tucker hat im Dezember Post bekommen und schnell reagiert. Beim Termin mit Nicole Pollklas sind alle nötigen Dokumente beisammen, Fingerabdrücke werden gemäß der Corona-Hygiene-Vorgaben mit dem nötigen Abstand und hinter einer Trennscheibe abgenommen, Unterschriften geleistet – und das war’s dann für den Gütersloher Briten Michael Tucker. Im täglichen Leben bleibt für ihn alles wie gewohnt – abgesehen von den Einschränkungen durch Corona, die den Alltag im vergangenen Jahr nicht gerade leicht gemacht haben. Und dennoch: „Der Brexit und all das, was damit zusammenhängt, das macht schon was emotional mit einem.“, gibt Tucker zu. Er plant, im nächsten Schritt die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen und bleibt doch „im Herzen“ Brite: als Fan von Marmite, dieser britischen Würzpaste, des FC Liverpool und als Teil einer sehr britischen Familie, zu der Tuckers Großvater als legendärer Chef des Symphonischen Blasorchesters P. B. Smith gehörte.

 

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