Ukrainekrieg, Rohstoffpreise und Inflation hemmen Aufschwung

IHK-Frühjahrskonjunkturumfrage Handel und Dienstleistung

Ostwestfalen-Lippe. Die ostwestfälischen Dienstleister zeigen sich mit ihrer aktuellen Geschäftslage zufrieden, während der Handel ein sehr heterogenes Bild abgibt. „Die Auswirkungen des Ukrainekrieges und die Sanktionen tangieren zwar in erster Linie die international verflochtene Industrie. Doch haben sie natürlich mittelbar Auswirkungen auf Handel und Dienstleistung.

Stellten die Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage Frühjahr 2022 für den Handel, die Dienstleister und die Tourismusbranche vor: IHK-Referatsleiter Marco Rieso, IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke und der stv. Vorsitzende des IHK-Tourismusausschusses Burkhard Schmidt-Schönefeldt (vorne v.l.) sowie IHK-Vizepräsident Holger Piening, IHK-Vizepräsident Rainer Schorcht und der stv. IHK-Hauptgeschäftsführer Harald Grefe (hinten v.l.). Foto: IHK

Stellten die Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage Frühjahr 2022 für den Handel, die Dienstleister und die Tourismusbranche vor: IHK-Referatsleiter Marco Rieso, IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke und der stv. Vorsitzende des IHK-Tourismusausschusses Burkhard Schmidt-Schönefeldt (vorne v.l.) sowie IHK-Vizepräsident Holger Piening, IHK-Vizepräsident Rainer Schorcht und der stv. IHK-Hauptgeschäftsführer Harald Grefe (hinten v.l.). Foto: IHK

Insofern stehen die Ergebnisse der Konjunkturumfrage für Handel und Dienstleistung unter dem Vorbehalt der gewachsenen Unsicherheit der Russland-Ukraine-Krise“, betonte IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke am 16. März im Pressegespräch zur Frühjahrskonjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) für die Sektoren Dienstleistung und Handel. Hinzu kämen dramatisch steigende Energie- und Rohstoffkosten und damit verbunden eine stark steigende Inflation.

Die Umfrage fand von Mitte Januar bis Mitte Februar statt. Daran beteiligten sich insgesamt 1.661 Unternehmen mit 60.690 Beschäftigten aus Handel und Dienstleistung. „Die Befragung hat vor dem Angriff auf die Ukraine stattgefunden. Und auch wenn die außenpolitische Lage vor dem Einmarsch der russischen Truppen bereits schwierig war, lassen sich die Auswirkungen des Krieges auf unsere Wirtschaft nur schwer vorhersagen“, erklärte Pigerl-Radtke.

Der IHK-Konjunkturklimaindex, der die Einschätzungen der momentanen Lage und die Zukunftserwartungen gleichermaßen berücksichtigt, ist für die gesamte ostwestfälische Wirtschaft von 139 Punkten im Herbst vorigen Jahres auf aktuell 131 gesunken. Die 100er-Linie steht für eine ausgeglichene Stimmung, wenn sich Optimisten und Pessimisten im Saldo die Waage halten. Der Indexwert für den ostwestfälischen Handel ist dabei von 126 auf 110 Punkte gesunken, bei den Dienstleistern von 132 auf 118.

„Die Geschäftslage im Handel ist in den einzelnen Handelsstufen recht unterschiedlich“, konstatierte Rainer Schorcht, IHK-Vizepräsident und Mitglied des Handelsausschusses. „Im Großhandel laufen die Geschäfte überwiegend rund, der Einzelhandel gibt ein eher uneinheitliches Bild ab: Teile haben unter den politischen Corona-Entscheidungen stark gelitten, andere wiederum berichten von ordentlichen Umsätzen.“

Der Blick in die Zukunft bleibe verhalten. Dabei entwickele sich der Personalmangel immer mehr zu einem begrenzenden Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung. Ein weiteres großes Risiko seien die stark steigenden Rohstoff- und Energiepreise. „Sie sind Gift für die Wirtschaft“, unterstrich Schorcht.

Darüber hinaus bleibe abzuwarten, inwiefern der Ukraine-Krieg Auswirkungen auf Konsum und Kauflust haben werde. „Die Innenstädte brauchen in dieser kritischen Phase die Aufmerksamkeit aller Akteure und deren Wertschätzung“, appelliert der IHK-Vizepräsident an alle Konsumenten.

„Die Geschäftslage der Dienstleister ist zufriedenstellend“, resümierte Holger Piening, IHK-Vizepräsident und Vorsitzender des Dienstleisterausschusses. Zum Zeitpunkt der Befragung seien auch die geäußerten zukünftigen Erwartungen an die Geschäftslage verhalten optimistisch gewesen. „Die Invasion wird allerdings ökonomische Auswirkungen für die Dienstleisterbranchen haben, wenn auch nicht so gravierend wie in der Industrie. Diese sind aber zum heutigen Zeitpunkt nicht seriös zu bewerten“, so Piening.

Die meisten Dienstleisterbranchen hätten sich mit den Einschränkungen der Pandemie arrangiert. Die Digitalisierung bleibt der Treiber speziell bei den IT-Dienstleistern und Unternehmensberatungen. Das Risiko Personalmangel sei über die Jahre kontinuierlich gewachsen und stelle für viele Branchen ein echtes Wachstumshemmnis dar.

„Die Stärkung der dualen Ausbildung spielt in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle“, hob Piening hervor. „Insgesamt kann man den Eindruck gewinnen, dass die Herausforderungen für unsere Unternehmen immer größer werden. Ich bin aber zuversichtlich, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer in Ostwestfalen sie mit großem Engagement und Einsatz angehen werden.“

„Die Tourismuswirtschaft bleibt weiterhin stark von Corona betroffen“, fasste Burkhard Schmidt-Schönefeldt, stellvertretender Vorsitzender des IHK-Tourismusausschusses, das Umfrageergebnis fürs Reise- und Gastgewerbe zusammen. Dabei sei noch nicht absehbar, wie sich die aktuellen politischen Ereignisse, in erster Linie der Ukrainekrieg, auf die Tourismuswirtschaft auswirkten.

Obwohl die Tourismuswirtschaft in den vergangenen Monaten noch durch massive Beschränkungen (z. B. 2G+Regel) betroffen gewesen sei, sei eine leichte konjunkturelle Erholung feststellbar. Es sei aber davon auszugehen, dass die aktuell andauernde Inflation die Tourismuswirtschaft zusätzlich belaste, insbesondere getrieben durch deutlich steigende Preise für Energie und Lebensmittel. Das werde sich auch auf das Preisniveau in der Tourismuswirtschaft auswirken.

„Aktuell gehen laut unserer Befragung 65,6 Prozent der Gastronomen davon aus, dass die Preise steigen werden. Bei den Reiseunternehmen gaben 67,6 Prozent an, dass die Preise in naher Zukunft erhöht werden“, erläuterte Schmidt-Schönefeld.

Im Reisegewerbe seien es neben den Energiepreisen vor allem die Inlandsnachfrage und die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die die wirtschaftliche Entwicklung in den nächsten Monaten negativ beeinträchtigen können. Das Gastgewerbe leide zudem mehrheitlich darunter, dass offene Stellen nicht besetzt werden können. Ein weiteres wirtschaftliches Risiko dort seien erhöhte Arbeitskosten.

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