Schlaue Ampeln: Künstliche Intelligenz für Lichtsignalanlagen

Masterstudent der TH OWL simuliert die Möglichkeiten

Schlaue Ampeln: Friesen,-Wang,-Jasperneite

Maxim Friesen (li.) und Prüfer Professor Dr. Jürgen Jasperneite (re.). Zugeschaltet aus den USA: Zweitprüfer Professor Dr. Jie Wang. Foto: EECS

Lemgo. Bei Rot bleibst du stehen, bei grün darfst du gehen. So viel weiß praktisch jedes Kind über Ampeln. Sie sind der Endgegner, wenn man es eilig hat, denn wer kennt es nicht: ausgerechnet dann erwischt man eine rote Welle. Doch wer sorgt bei Ampeln eigentlich für den richtigen Takt? Die aktuellen Verkehrsampeln beruhen auf regelbasierten Schaltungen, die durch Verkehrsingenieure entwickelt und optimiert werden. Kann Künstliche Intelligenz dabei helfen?

Genau dieser Frage ist Maxim Friesen, Student im internationalen Masterstudiengang Information Technology des Fachbereichs Elektrotechnik und Technische Informatik der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe, in seiner Masterarbeit nachgegangen. „Mit KI und vorhandenen und weiteren Sensoren können sich Ampelanlagen selbstständig und ohne menschliche Intervention an den Verkehrsfluss anpassen“, beschreibt Friesen die Vorteile des Einsatzes von KI. So viel zumindest erst einmal die Theorie. Für die praktische Erprobung musste der Absolvent ein mikroskopisches Simulationsmodell entwickeln. „Eine direkte Umsetzung im echten Verkehrsfluss wäre zu gefährlich gewesen“, so Friesen.

Um eine realitätsnahe Simulation zu entwickeln, sind Daten von dem Untersuchungsgegenstand die wichtigste Grundlage. Maxim Friesen hatte hier für seine Arbeit hervorragende Voraussetzungen. Seit 2018 betreibt das Forschungsinstitut Fraunhofer IOSB-INA in Lemgo das Reallabor Lemgo DIGITAL und konnte seither eine Vielzahl an relevanten Verkehrsdaten sammeln, auf die Maxim Friesen zurückgreifen konnte und es somit nahe lag, Lemgo mit der B66/B238 als Fallbeispiel zu verwenden. Außerdem hat Professor Jürgen Jasperneite, Professor an der TH OWL und Direktor des Fraunhofer IOSB-INA, seit einigen Jahren eine Kooperation mit der Eliteuniversität Stanford University in Kalifornien. „In Stanford arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter der Leitung von Professor Jie Wang schon länger an dem Thema Künstliche Intelligenz im Bereich der Verkehrsoptimierung. Bislang wurde dort aber mit künstlich erzeugten Verkehrsnetzen gearbeitet. Wir konnten auf ihre Algorithmen zurückgreifen, um diese mit unserem Simulationsmodell zu koppeln“, freut sich Professor Jürgen Jasperneite.

Auch der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW), die Firmen Stührenberg GmbH, PTV und Schlothauer & Wauer unterstützten Maxim Friesen mit Daten und kostenfreien Lizenzen für das Verkehrssimulationsprogramm, sowie dem Programm für die Signalsteuerung.

Mit den gegebenen Sensordaten war es Maxim Friesen möglich, ein sehr realistisches Simulationsmodell zu entwickeln. „Ich habe anhand der realen Verkehrsdaten einen KI-Algorithmus trainiert und diesen mit den aktuellen Ampelsteuerungen verglichen. Die entwickelte KI-Ampelsteuerung konnte die Wartezeiten an den simulierten Verkehrskreuzungen im Schnitt halbieren und die Fahrtzeiten damit deutlich verringern. Durch kürzere und dynamischere Intervalle zwischen Grün- und Rot-Phasen, kann sich der KI-Algorithmus viel schneller an die tatsächliche Verkehrssituation anpassen“, beschreibt Friesen seine Ergebnisse.

Diese präsentierte Maxim Friesen bei der Verteidigung seiner Masterarbeit, welche problemlos auch unter Corona-Bedingungen stattfinden konnte, erfolgreich seinen Prüfern. Professor Jie Wang wurde per Videokonferenz hinzugeschaltet. Deutsche Ortszeit 19 Uhr, amerikanische Ortszeit 10 Uhr morgens. Die Arbeit wurde mit der Bestnote 1,0 ausgezeichnet.

Die Arbeit von Maxim Friesen hat gezeigt, dass man mit Verfahren der Künstlichen Intelligenz eine Verbesserung des Verkehrsflusses realisieren kann. Eine gemeinsame internationale Veröffentlichung ist fest eingeplant. Ehe die Ergebnisse aber in die reale Welt eingepflegt werden können, bedarf es weiterer Analysen. So müssen beispielsweise Simulationen unter Einbeziehung von Fußgängern und Radfahrern erarbeitet werden. Die Ergebnisse sind vielversprechend, doch bis sie uns helfen, einer roten Welle zu entkommen, wird es noch seine Zeit dauern.

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