LWL will Gedenkstätte „Stalag 326“ vorantreiben

Förderantrag beim Bund

Schloß Holte-Stukenbrock . Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) wird sich um eine Förderung vom Bund für eine geplante Gedenkstätte zum „Stalag 326“ in Schloß Holte-Stukenbrock (Kreis Gütersloh) bemühen. Das „Stammlager“ war während des Zweiten Weltkrieges mit über 300.000 durchgeschleusten sowjetischen Kriegsgefangenen das größte Lager dieser Art („Russenlager“) im Deutschen Reich. Es war zentrale Drehscheibe für die Versorgung mit Zwangsarbeitern auf Bauernhöfen und Fabriken in Westfalen und im Rheinland. Auf dem nahegelegenen Ehrenfriedhof sowjetischer Kriegsopfer sind mindestens 16.000 Tote begraben.

„Die Geschichte des Stammlagers 326 ist eine Geschichte der massenhaften, menschenverachtenden Ausbeutung sowjetischer Kriegsgefangener“, sagte LWL-Direktor Matthias Löb am Freitag (26.6.) in Münster vor dem LWL-Landschaftsausschuss, der die Antragstellung beim Bund befürwortete. „Von der Ausbeutung dieser Menschen ohne Rechte haben sowohl große Unternehmen im Ruhrgebiet wie auch Verwaltungen und kleine Betriebe auf dem Lande profitiert. So wurden ganz normale Menschen Herren über Leben und Tod dieser Kriegsgefangenen.“ 

Aus dem Zwischenbericht der Atelier-Brückner GmbH. Foto: Atelier-Brückner GmbH

Aus dem Zwischenbericht der Atelier-Brückner GmbH. Foto: Atelier-Brückner GmbH

Zusammen mit Partnern wolle der LWL in Stukenbrock-Senne am Ort des ehemaligen Lagers eine „Gedenkstätte mit nationaler Bedeutung“ errichten. „Wir wollen den Blick lenken auf sowjetische Kriegsgefangene als eine der größten, bislang aber kaum beachtete Opfergruppe. Und wir wollen zeigen, dass Zwangsarbeit damals alltäglich und auch in der breiten Bevölkerung bekannt war.“ Der LWL habe seit einigen Jahren sein Engagement in der Erinnerungskultur verstärkt und setze seine Kultur-Fachleute auch bei „Stalag 326“ ein. Das Projekt unterstützen neben dem LWL das Land NRW, der Kreis Gütersloh, die Stadt Schloß Holte-Stukenbrock und der Stalag-Förderverein.

Grundlage des Antrags auf Förderung beim Bund im Herbst 2020 ist eine Machbarkeitsstudie des Ateliers Brückner (Stuttgart), die im Sommer vorliegen wird. Wer die Gedenkstätte tragen soll, schlagen die Beteiligten eines Lenkungskreises unter Leitung des NRW-Landtagspräsidenten André Kuper den entsprechenden Gremien der Partner vor.

Nach Auskunft von LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger wird der Bau einer Gedenkstätte am historischen Ort nach den bisherigen Vorstellungen rund 60 Millionen Euro kosten, der Betrieb rund 5,6 Millionen Euro im Jahr. Das sei „absolut im Rahmen vergleichbarer Gedenkstätten nationaler Bedeutung“. Rüschoff-Parzinger: „Hier soll ein herausragender Ort der Erinnerung an die Geschichte von Kriegsgefangenschaft und Zwangsarbeit während der Nazi-Zeit entstehen.“ Man rechne mit jährlich bis zu 200.000 Besuchern.

Besonderes Gewicht legten die ersten Überlegungen für die Gedenkstätte auf Fotos und Filme als Quellen, für die im Falle des „Stalag 326“ eine sehr gute Überlieferung gebe. Ein weiterer Schwerpunkt liege bei der digitalen Vermittlung, die Erinnerungsarbeit in der Region und über die Landesgrenzen hinaus erleichtere. „Wir wollen zum Beispiel die bekannten und unbekannten Orte in NRW einbeziehen, die bei der Ausbeutung der Kriegsgefangenen eine Rolle spielten. Das Lager war eine riesige und brutale Verteilmaschine“, so die Kulturdezernentin. Wie „Stalag 326“ funktioniert und große Teile der deutschen Gesellschaft eingebunden habe, müsse auch in der heutigen Vermittlung durch die Gedenkstätte eine zentrale Rolle spielen.

 

logo