Kunst für feine Nasen

Der weltbekannte Künstler Olafur Eliasson und der „Geruchstunnel“ in Gütersloh.
 
Gütersloh. Gestern begann die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Aus diesem Anlass hat der weltbekannte dänische Künstler Olafur Eliasson, der in Berlin lebt, ein interaktives Online-Kunstwerk geschaffen, das besonders Kinder und Jugendliche ansprechen und für Europa sensibilisieren soll. Olafur Eliasson? Den Namen hat man schon mal gehört in Gütersloh. Nicht nur weil der Mann ist für spektakuläre Inszenierungen gut ist: Man erinner sich an die New York Waterfalls, die sich im Jahr 2008 an verschiedenen Stellen – etwa von der „Brooklyn Bridge“ aus – in den East River ergossen. Natur war und ist immer ein Thema des Dänen, der in Island aufwuchs. Wer davon mehr erleben will, muss nicht den Flieger nehmen. Es reicht ein Spaziergang in den Botanischen Garten Gütersloh. Dort baute Eliasson im Jahr 2000 den „Geruchstunnel“ auf. Was Assoziationen an dunkle Wege hervorruft, ist in Wirklichkeit ein lichtdurchflutetes Gebilde, das besonders jetzt im Sommer Augen und Nase gleichermaßen anspricht.
Der Dufttunnel im Botanischen Garten.Foto: Stadt Gütersloh

Der Dufttunnel im Botanischen Garten.Foto: Stadt Gütersloh

Dabei kommt es zunächst sehr unauffällig daher, so unspektakulär und bescheiden, wie sich Olafur Eliasson selbst damals bei der Konzeption seines Natur-Kunstwerks in Gütersloh präsentierte. Mehrere Tage war er im Rahmen des Projektes „Gartenlandschaften OWL“ seinerzeit vor Ort, um den „Tunnel“ aufzubauen und mit den Kollegen des städtischen Fachbereichs Grünflächen abzustimmen. Die erinnern sich an einen sympathischen „Teamarbeiter“ mit präzisen Vorstellungen über das Kunstwerk: ein ausgeklügeltes Zusammenspiel von Objekt und Natur sollte das Ergebnis sein – Kunst, die in der Nase kitzelt, die Sinne schärft und begehbar ist, Kunst, die wächst und sich entwickelt, „entfaltet“ im wahrsten Sinn des Wortes.

20 Jahre sind seit der Vorstellung des „Geruchstunnels“ vergangen, und man darf sagen, er hat sich behauptet in der Konkurrenz der Düfte und Gerüche, die mit ihm gerade jetzt im Sommer im Botanischen Garten konkurrieren. Ebenmäßig und ausgewogen steht er auf der Wiese hinter dem Apothekergarten, seine Basis ist ein filigranes Gerüst aus poliertem Stahl, ein Zwölfeck. An ihm ranken sich vorwitzig die schönsten Kletterpflanzen hoch und doch bleibt der Gesamteindruck der klaren Form erhalten. Der „Tunnel“ erweist sich als schmaler Laubengang mit einer Mittelinsel, auf deren Rund der Besucher ebenfalls Duftkompositionen einatmen kann, die sonst wohl eher selten nebeneinander zu finden sind. Denn Eliasson setzt mitnichten nur auf Kletterrosen und Lavendel. Sein Gerüche-Kosmos“ umfasst Pflanzen, deren Namen allein schon wie Poesie klingen: Alyssum montanum, etwa, Convallaria majalis, Viola odorata oder Lilium candidium, narcissus Poeticus oder Lonicera Japonica.

Bevorzugt sind Sorten, die das ganze Jahr über blühen und natürlich duften. Doch die Wünsche des Künstlers waren nicht in jedem Fall leicht zu erfüllen. Trotz europaweiter Recherchen waren einige wenige nicht zu beschaffen gewesen, andere konnten sich auf der westfälischen Erde nicht etablieren. In diesem Fall haben die erfahrenen Stadt-Gärtner allerdings für Ersatz gesorgt. Der „Geruchstunnel“, der sich durch „betörende“ (ja, so ein altmodisches Wort passt hier!) Düfte demjenigen öffnet, der ihn durch die zwei Eingänge betritt, muss intensiv gepflegt werden, um seine Wirkung zu entfalten. Durch Schnitt- und Korrekturmaßnahmen sorgt zum Beispiel eine Gärtnerin regelmäßig dafür, dass die Kontur des Rankgerüstes nachgezeichnet bleibt. So erst entsteht der Gesamteindruck zwischen geometrischer Form und verspielter Wildheit, die Ranken und Blüten vermitteln. „Er ist nie fertig, er verändert sich ständig,“ brachte es Bernd Winkler, der ehemalige Leiter des städtischen Fachbereichs Grünflächen, der das Projekt begleitete, auf den Punkt – und genau das hat der Künstler vor allem gewollt.

Mehr über Olafur Eliassonn unter www.olafureliasson.net

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