“In our world a man is confident but a woman is arrogant”.

Double-Feature am Tor 6 zeigt zwei Tanz-Lecture-Perfomances.

Bielefeld. “In our world a man is confident but a woman is arrogant”. Das Zitat der nigerianische Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichies, ist eines des verwendeten Inspirationsmaterialien, welches für die beiden mit Tanz und Musik verknüpften Lecture-Perfomances „W wie Wut“ und „Scherbenschrank“ am vergangenen Samstag (28.08.2021) verwendet wurden. Das „Double Feature“ am Tor-6-Theaterhaus präsentierte zwei sehr unterschiedliche Stücke, die sich beide kritisch mit den modernen Erwartungen an die Frauenrolle auseinandersetzen.

"W wie Wut" Theaterlabor Bielefeld. Foto: Jürgen Riedel.

„W wie Wut“ Theaterlabor Bielefeld. Foto: Jürgen Riedel.

In dem von Agnetha Jaunich inszenierten Stück „W wie Wut“ stellen Hannah Breuker, Velia Hahnemann und Paula Moré in unterschiedlichen Darstellungsformen unterdrückte, weibliche Wut dar. Alltägliche Konflikte, die Frauen tangieren, werden mithilfe von Audiomitschnitten und wechselnden Choreografien in einer von Lena Keller und Mareike Wetzel erstellen Kulisse vorgeführt. Zwischen herunterhängenden, bunt eingefärbten Säulen aus Papier äußern die drei Bühnenkünstlerinnen choreografische und verbale Reaktionen auf, die von der Gesellschaft stigmatisierte, weibliche Wut.

Der Zorn selbst wird zum kritischen Sprachrohr, das zum Publikum gerichtet ist und mitunter, stellvertretend für die Öffentlichkeit, direkt angesprochen bzw. angeschrien wird, indem die drei Akteurinnen beispielsweise in einer Diagonalbewegung abwärtslaufend synchron auf etwas nicht Sichtbares am Boden einschlagen und dem Rand der Bühne immer näherkommen.

"W wie Wut" Theaterlabor Bielefeld. V.l.: Velia Hahnemann, Hannah Breuker, Paula Moré. Foto: Jürgen Riedel

„W wie Wut“ Theaterlabor Bielefeld. V.l.: Velia Hahnemann, Hannah Breuker, Paula Moré. Foto: Jürgen Riedel

Das Zerreißen der Säulen, das hemmungslose Prügeln der Wände, das Erheben der Stimme, all diese Aspekte referieren auf die in Chimamanda Ngozi Adichies thematisierten geschlechterspezifischen Konnotationen menschlicher Eigenschaften. Eine Antwort darauf, warum männliche Wut positive und weibliche negative Wirkungen erzeugt, gibt das Stück nicht. Jedoch verdeutlicht es gelungen den Kontrast und die damit zusammenhängende Krise unseres Alltags; und das, ohne viel sagen zu müssen.

Scherbenschrank. Alina Tinnefeld. Foto: Jürgen Riedel.

„ScherbenSchrank“. Alina Tinnefeld. Foto: Jürgen Riedel.

Das zweite Stück des Abends, „Scherbenschrank“, von Alina Tinnefeld inszeniert, ist ebenfalls deutlich handlungsperformativer. Zusammen mit der Schauspielerin Yuri Birte Anderson und der Musikerin Karin Scheithauer wird das Rollenbild der ergebenen Ehefrau aufgegriffen. Als Requisiten werden dabei Haushaltsgegenstände des bürgerlichen Lebens genutzt, die für das gewöhnliche Leben einer Hausfrau typisch erscheinen.

Das Bürgerliche bzw. Traditionelle, sowohl bezüglich der Requisite als auch der Frauenrolle, tritt durch die spezifische, an die Nachkriegszeit angelehnte Auswahl, wie zum Beispiel, einer Garderobe, einem antiken Kleiderschrank oder Porzellan Küchengeschirr, hervor. Während Alina Tinnefeld die Rolle der ergebenen, übertriebenen glücklichen Hausfrau, die von einem Blumenkleid ins andere wechselt, mimt, differiert Yuri Birte Anderson in einem schwarzen Witwenaufzug inklusive dunklen Gesichtsschleier deutlich von diesem Rollenbild mit Ausdrücken der Wut und Trauer.

ScherbenSchrank_Yuri_Birte_Anderson

„ScherbenSchrank“: Yuri_Birte_Anderson

Scheithauer begleitet diese Tiefpunkte mit einer Auswahl an Instrumenten. Höhepunkt dieses Stücks war die symbolische Ankettung Andersons durch Tinnefeld an ein langes Seil, welches quer über die Bühne gespannt wurde und jedes Mal stärker anzog, sobald Anderson ihrer Trauer freien Lauf ließ und aus der Erwartungshaltung einer Hausfrau herausbrach. Mit dem Rückblick auf eine von Tinnefeld erzählte Binnengeschichte über bewaffneten Hausfrauen, schließt das Schauspiel, indem sie vorliegendes Porzellan mit einem Baseballschläger zu Scherben zerbricht, um es anschließend im Kleiderschrank zu verstauen.

Karin Scheithauer. Foto: Jürgen Riedel

Karin Scheithauer. Foto: Jürgen Riedel

Tinnenfeld und Scheithauer sind neben ihrer Arbeit für das Theater auch als musikalisches Duo aktiv. Ihre Band „Karlina“ ist dieses Wochenende auf der „Radkultour“ zu hören.