Forschungsgruppe der FH Bielefeld entwickelt Stoffmaske aus Pilzmyzel auf Baumwolle, die eine Vermehrung von Krankheitserregern verhindern soll.
Bielefeld.  Die Fachhochschule (FH) Bielefeld unterstützt im Rahmen der hochschulinternen Initiative „Innovationen gegen die Corona-Krise“ aktuell 13 Projekte und kreative Konzepte, die den Umgang mit der Pandemie erleichtern oder helfen sollen, vor Ansteckungen zu schützen. Unter den geförderten Projekten sind auch zwei unter der Leitung von Dr. Lilia Sabantina, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik (IuM) und Leiterin der Nachwuchsforschungsgruppe „Nanomaterials“. Beim ersten Projekt – der Entwicklung einer antimikrobiellen Schutzmaske aus Biopolymeren – kann bereits von Erfolgen berichtet werden.
Zu den Präventivmaßnahmen gegen den COVID-19-Erreger gehört der Einsatz von sogenannten Alltagsmasken. „Das Tragen handelsüblicher Stoffmasken kann aber kontraproduktiv sein“, erklärt Sabantina. Denn diese haben einen entscheidenden Nachteil: sobald die Stoffmaske durch die Atemluft vollständig durchnässt ist, muss sie gewechselt werden, weil dann die Gefahr einer Infektionsbrücke zwischen dem Träger und der Umgebung nicht ausgeschlossen werden kann. Die Idee der Nachwuchsforschungsgruppe ist es nun, eine wiederverwendbare Stoffmaske mit dem Myzel des Pilzes Pleurotus ostreatus auf Baumwolle zu entwickeln und dadurch die Vermehrung von Krankheitserregern wie Bakterien oder Viren zu unterdrücken. „Wissenschaftlichen Studien zufolge hat Pleurotus Ostreatus antioxidative, antivirale, entzündungshemmende, antibiotische und cholesterinsenkende Eigenschaften“, erklärt Sabantina. Der Speisepilz ist allgemein als Austernpilz bekannt und wird seit Jahrhunderten kultiviert.
„Wir probieren gerne auf den ersten Blick verrückt erscheinende Ideen aus“, erzählt Sabantina. „Die ersten Experimente haben wir erfolgreich im Home-Office durchgeführt. Das Pilzmyzel wächst auf dem nicht sterilisierten Baumwollgewebe auch ohne zusätzliche Nährstoffquellen sehr gut. Auch die ersten Mikroskopaufnahmen sind gemacht, so dass wir nach nur gut drei Tagen Pilzmyzelwachstum das Ergebnis bereits mit 2.000-facher Vergrößerung begutachten konnten“, berichtet das Forschungsteam.
In den nächsten Forschungsschritten testet das Team, ob das Pilzmyzel auch nach Waschvorgängen in dem Baumwollgewebe erhalten bleibt. Auch eine antivirale Wirkung gegen den SARS-CoV-2-Erreger muss noch nachgewiesen werden. Da die Herstellung relativ einfach ist, soll am Ende des Projekts sowohl eine Anleitung zur Fertigung des Myzel-Baumwoll-Verbunds als auch eine Rezeptur für einen einfachen Nährstoffboden für Pilzmyzel für zuhause entstehen.
„Ich freue mich sehr, dass die Resonanz auf unsere Schutzmasken-Idee so groß ist. Mich haben bereits mehrere E-Mails von interessierten Investoren und Privatpersonen erreicht. Ein Chor hat sich sogar als Testgruppe angeboten“, berichtet Sabantina mit einem Augenzwinkern von ihren bisherigen Erfahrungen mit dem Projektverlauf. „Diese Myzel-Baumwoll-Verbundmaske ist nachhaltig, zu 100% biobasiert, umweltfreundlich und kann nach mehrfachem Gebrauch problemlos entsorgt werden“, fügt sie hinzu.
Das zweite bewilligte Forschungsprojekt zu Schutzmasken, welches sie gemeinsam mit Doktorandinnen und Doktoranden der FH-Nachwuchsforschungsgruppe eingereicht hat, steht bereits in den Startlöchern. „All das ist sehr spannend und vieles scheint möglich in diesen Zeiten. Ich schließe nicht aus, dass wir mit den Schutzmasken ein Start-up gründen“, verrät Sabantina.