ADAC Studie „Mobil in der Stadt 2020“

So zufrieden sind Einwohner und Pendler in Bielefeld

Grafik: ADAC

Grafik: ADAC

Bielefeld. Im bundesweiten Vergleich von 29 mittelgroßen Städten unter 500.000 Einwohner sind die Bürger und Pendler in Bielefeld mit ihrer Mobilität nur durchschnittlich zufrieden. Zu diesem Ergebnis kommt der ADAC Monitor „Mobil in der Stadt“ (2020). Mit einem Gesamt-Index von + 18 liegt Bielefeld im Deutschland-Ranking auf dem 19. Platz. Bei den untersuchten Verkehrsarten (Auto, ÖPNV, Rad, Fuß) äußern Autofahrer (+1) die größte Unzufriedenheit mit ihrer Mobilitätssituation. Etwas positiver bewerten Radfahrer (+ 13) ihre Rahmenbedingungen. Nutzer des ÖPNV (+26) und Fußgänger (+30) sind in Bielefeld am zufriedensten.

Allerdings liegt die Stadt in den Teilkategorien ÖPNV (16. Platz), Fahrrad (18. Platz) und Fußgänger (24. Platz) unter dem Bundesdurchschnitt und belegt in der ADAC Zufriedenheitsstudie nur mittelmäßige Plätze. Der ADAC Indexwert gibt an, ob und um wieviel Prozentpunkte die zufriedenen Verkehrsteilnehmer die unzufriedenen überwiegen. Bei einem Wert von 0 wären gleich viele Einwohner/Pendler mit der Mobilität in einer Stadt zufrieden bzw. unzufrieden.

„Auch wenn in Bielefeld insgesamt die Zufriedenheit mit der persönlichen Mobilität überwiegt, besteht angesichts zahlreicher Kritikpunkte von Einwohnern und Pendlern viel Luft nach oben“, erklärt Udo Stötzel, Vorstand Verkehr des ADAC Ostwestfalen-Lippe. „Zwei Punkte sind entscheidend: Erstens müssen die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer ideologiefrei und bestmöglich aufeinander abgestimmt werden. Und zweitens gehören alle relevanten Verwaltungsbehörden, Akteure und Betroffenen sowie benachbarte Kommunen im Planungsprozess an einen Tisch. Dann kann es ein ausgewogenes Miteinander geben, ohne bestimmte Verkehrsteilnehmer benachteiligen zu müssen.“

Autofahrer kritisieren in Bielefeld vor allem das Baustellenmanagement (- 22), das regelkonforme Verhalten von Radfahrern (- 14), die Höhe der Parkgebühren (- 10) und die Schaltung der Ampelanlagen (- 6). Auch mit dem Verhalten anderer Autofahrer sind mehr Pkw-Nutzer unzufrieden als zufrieden (- 2). Positiver sehen Autofahrer die Wegweisung an den Straßen (+ 32), die Beschilderung der Parkmöglichkeiten (+ 22) und das regelkonforme Verhalten von Fußgängern (+ 15).

Unter den ÖPNV-Nutzern in Bielefeld herrscht insgesamt eine recht hohe Zufriedenheit, welches sich auch am Indexwert von +26 zeigt. Dennoch zeigt sich – auch im Gesamt-vergleich aller Städte – eine gewisse Unzufriedenheit mit dem Preis-Leistungsverhältnis (+11), dem Parkplatzangebot an Stationen und Bahnhöfen (+ 13) sowie den Fahrgastinformationen bei Störungen (+18). Insgesamt überwiegt der Anteil zufriedener Einwohner und Pendler in allen befragten ÖPNV-Kategorien, insbesondere in punkto Länge der Wege beim Umsteigen (+ 42), Dichte der Haltestellen (+ 40), der Verfügbarkeit direkter Verbindungen (+ 34) und Taktung (+ 32).

Radfahrer bewerten im ADAC Monitor in erster Linie das regelkonforme Verhalten von Autofahrern (-2) negativ. Aber auch das Radwegenetz allgemein (+5), die Mitnahmemöglichkeit von Fahrrädern im ÖPNV (+ 6) sowie das Angebot von Fahrradstellplätzen an öffentlichen Einrichtungen, Fußgängerzonen und Einkaufszentren wird mit +6 kritisch bewertet. Deutlich zufriedener dagegen sind Radfahrer mit den Wartezeiten an Ampeln (+27), dem Angebot an direkten Wegen, um ihre Ziele zu erreichen (+26). Auch die Zuverlässigkeit, ihre Ziele in der geplanten Zeit zu erreichen
(+ 25) und dem Sicherheitsgefühl beim Radfahren hinsichtlich Übergriffe (+ 25) wird recht positiv bewertet.

Fußgänger äußern sich in Bielefeld negativ über fehlende Sitzmöglichkeiten entlang der Gehwege (- 14) und das regelkonforme Verhalten von Radfahrern (- 9). Auch das Ver-halten von Autofahrern gegenüber Fußgängern wird mit +9 nicht besonders gut bewertet. Am positivsten nehmen Fußgänger die direkten Wege zur Erreichbarkeit ihrer Ziele (+ 44), das Angebot an gesicherten Querungsmöglichkeiten (+ 36) und die Wartezeit an Ampeln (+ 31) wahr. Die Breite von Gehwegen (+ 30) sowie die Beleuchtung von Überquerungsmöglichkeiten (+ 29) sorgt ebenfalls bei vielen Fußgängern für Zufriedenheit.

„Die Erreichbarkeit der Städte und die Qualität der urbanen Mobilität sind wichtige Standortfaktoren für Wachstum, Beschäftigung und Lebensqualität. Die Ergebnisse liefern Bielefeld Grundlagen und Anregungen, um die Mobilitätsinfrastruktur im Sinne der Einwohner und Einpendler weiter zu verbessern. Gerade das Baustellenmanagement muss in Bielefeld optimiert werden“, sagt ADAC Vorstand Stötzel.

Von insgesamt zehn untersuchten NRW-Städten schnitt Münster am besten ab und landete auch bundesweit auf Platz eins (Gesamtindex: + 35). Dahinter schaffte nur Oberhausen noch den Sprung in die Top 10 (8. Platz/+ 26). Zu den Schlusslichtern im deutschen Städtevergleich zählen Mönchengladbach (29./+ 3), Krefeld (27./+ 9) und Wuppertal (27./ + 9). Aachen (24./+ 13) und Bonn (22./+ 14) landeten ebenfalls im unteren Drittel, Gelsenkirchen (20./+ 16), Bielefeld (19./+ 18) und Bochum (14./+ 21) im Mittelfeld.

Der Zufriedenheits-Index und die Platzierung der zehn NRW-Städte im Überblick:

Rechenbeispiel ADAC Index-Wert Bonn: 35 Prozent zufriedene Verkehrsteilnehmer minus 21 Prozent unzufriedene ergeben einen Indexwert von + 14.

1. Münster (Indexwert + 35)
8. Oberhausen (+ 26)
14. Bochum (+ 21)
19. Bielefeld (+ 18)
20. Gelsenkirchen (+ 16)
22. Bonn (+ 14)
24. Aachen (+ 13)
27. Wuppertal (+ 9)
27. Krefeld (+ 9)
29. Mönchengladbach (+ 3)

Empfehlungen des ADAC in NRW für eine bessere Mobilität in der Stadt

1. Integrierte Mobilitätsplanung: Eine integrierte Verkehrsplanung für alle Verkehrsarten mit Beteiligung aller relevanten Verwaltungsbehörden, Handlungsfelder, Akteuren und Betroffenen sowie benachbarten Kommunen im Planungsprozess trägt zur Optimierung der städtischen Mobilität bei.
2. Faires Miteinander im Straßenverkehr: Zur Förderung des Verkehrsklimas sollten infrastrukturelle Maßnahmen durch Kampagnen und Öffentlichkeitsarbeit ergänzt werden.
3. Gute Radverkehrsinfrastruktur: Um Konflikte mit Autofahrern, Radfahrern und Fußgängern zu minimieren, brauchen die Städte ein durchgängiges Radverkehrsnetz mit breiten, komfortablen und sicheren Radverkehrsanlagen.
4. Attraktiver ÖPNV: Das Preis-Leistungs-Verhältnis und die Informationen bei Verspätungen müssen verbessert werden. Gerade Menschen, die nicht mehr jeden Tag ins Büro fahren, weil sie im Homeoffice arbeiten, benötigen neue digitale Tarife, so dass sie flexibel den ÖPNV nutzen können und dabei nicht auf teure Einzeltickets angewiesen sind. Zudem sollte das Parkraumangebot an Bahnhöfen ausgebaut werden.
5. Pendlerverkehre berücksichtigen: Eine integrierte Verkehrs- und Siedlungsplanung muss die Mobilitätsbedürfnisse von Pendlern und Anwohnern gleichermaßen berücksichtigen. Zentrale Aufgaben sind eine Siedlungsentwicklung entlang der Hauptachsen des ÖPNV, dessen Stärkung in der Fläche und der Ausbau von P+R-Anlagen.

Hintergrund/Methodik ADAC Monitor „Mobil in der Stadt“: Der ADAC hat im Monitor „Mobil in der Stadt“ (2020) die subjektive Zufriedenheit von Einwohnern und Pendlern mit der Mobilität in 29 mittelgroßen Städten zwischen 169.000 und 366.000 Einwohnern untersucht. Befragt wurden in Zusammenarbeit mit dem Nürnberger Marktforschungsinstitut „infas quo GmbH“ Einwohner mit Haupt- oder Zweitwohnsitz sowie Pendler/Besucher (ab 18 Jahren), die im Durchschnitt an mindestens zwei Tagen pro Woche Wege in der jeweiligen Stadt zurücklegen. Erhoben wurde die Zufriedenheit der Autofahrer, ÖPNV-Kunden, Fahrradfahrer und Fußgänger. Insgesamt wurden in der repräsentativ angelegten Online-Befragung 11.637 Interviews mit 1,15 Millionen Antworten zu 58 Einzelaspekten der persönlichen Mobilität ausgewertet.

Pro Stadt fanden im Oktober/November 2020 rund 400 Interviews statt, je Verkehrsart mindestens 100. Die Beantwortung der Fragen erfolgte mit einer Schulnoten-Skala von 1 (sehr zufrieden) bis 6 (überhaupt nicht zufrieden). Aus den besten (Summe Note 1 und 2) und schlechtesten (Summe Note 5 und 6) Bewertungen wurden die vier Teilindizes Pkw, Fahrrad, ÖPNV und Fußgänger errechnet. Die Index-Werte aller vier Fortbewegungsarten wurden anschließend gleichberechtigt mit jeweils 25 Prozent im Gesamtindex berücksichtigt. Der ADAC Index „Mobil in der Stadt“ gibt an, ob und um wieviel Prozentpunkte die zufriedenen Verkehrsteilnehmer die unzufriedenen überwiegen. Er kann maximal + 100 und minimal – 100 betragen. Der Wert 0 bedeutet, dass gleich viele Einwohner/Pendler mit der Mobilität in einer Stadt zufrieden bzw. unzufrieden sind.

Anzeige-Spiekenheuer-Logo_468x60