„Deutscher Friedenspreis für Fotografie” und „Felix Schoeller

Foto Award” Ausstellung vom 20.10.19 bis 08.03.20
Osnabrück. Johanna Maria Fritz gewinnt den Deutschen Friedenspreis für Fotografie. Am Samstagabend wurde Johanna Maria Fritz der diesjährig erstmals ausgelobte „Deutsche Friedenspreis für Fotografie“ der Stadt Osnabrück und der Felix Schoeller Group verliehen. Im Museumsquartier Osnabrück überreichte Oberbürgermeister Wolfgang Griesert der Berliner Fotografin die Urkunde zusammen mit dem Preisträgerscheck über 10.000€. Fritz setzte sich gegen eine international hochkarätige Konkurrenz aus 42 Ländern mit ihrer Arbeit „Like a Bird“ durch. Die Siegerserie wie auch die Arbeiten der Nominierten werden in einer Ausstellung vom 20. Oktober 2019 bis zum 8. März 2020 im Museumsquartier Osnabrück präsentiert.
Friedenspreistraegerin Fritz (Copyright: Johanna Maria Fritz, Gewinnerin des „Deutschen Friedenspreis für Fotografie”; © Museumsquartier Osnabrück)

Friedenspreistraegerin Fritz ( Johanna Maria Fritz, Gewinnerin des „Deutschen Friedenspreis für Fotografie”; Foto: © Museumsquartier Osnabrück)

Der Oberbürgermeister der Stadt Osnabrück, Wolfgang Griesert, begrüßte das große Engagement der Fotografinnen und Fotografen beim Deutschen Friedenspreis für Fotografie, der Einreichungen aus 42 Ländern verzeichnen konnte: „Der „Deutsche Friedenspreis für Fotografie” ist eine großartige Chance, die Idee des Friedens auch in unruhigen Zeiten nicht aus den Augen zu verlieren.”

Er hob zudem die Verbindung zur Friedensstadt Osnabrück mit ihren vielfältigen Friedensaktivitäten hervor. „In Deutschland gibt es bisher keinen vergleichbaren Kunstpreis. Mit dem Deutschen Friedenspreis für Fotografie haben wir ein besonderes Format für die Auseinandersetzung mit dem Thema Frieden geschaffen”, sagte Griesert. Neuer Kulturpreis als Bekenntnis zur Friedensstadt Dass ein neuer Friedens-Kulturpreis aus Osnabrück kommt, ist kein Zufall.

Die Initiatoren haben den Deutschen Friedenspreis für Fotografie aus der besonderen Geschichte der Stadt ins Leben gerufen. Als Ort des Westfälischen Friedensschlusses von 1648 versteht die Stadt Osnabrück ihre Geschichte als Auftrag für friedenspolitisches Engagement.  Das gilt auch für die kulturellen Angebote, die die Stadt entwickelt – über regionale Grenzen hinaus. Die Preisträgerin: „Like a bird” heißt die Arbeit der Berliner Fotografin Johanna Maria Fritz, die die Jury überzeugte. Fritz zeigt den Zauber und die Kraft der Zirkustradition in krisenerschütterten Ländern und Regionen. Ihre Fotografien der Clowns aus dem Gaza „reflektieren die Absurdität des Lebens an der Frontlinie zwischen der armen Bevölkerung und der israelischen Armee” (Johanna Maria Fritz).

„Zirkusschulen in Afghanistan zeigen den Kindern einen anderen Weg auf.” Als Betrachtende der Fotografien reiht man sich in das Publikum der kaukasischen Seiltänzer ein, besucht den Zirkus im Iran und folgt mit den Werken der Stimme eines kleinen Jungen, der mit den Worten „Like a Bird” sein Zirkusleben umschrieb. Johanna Maria Fritz zitiert mit dem Titel „Like a Bird” diesen Jungen und findet in seinen Worten die „Essenz” (Johanna Maria Fritz) ihrer Fotografien. Die Begründung der Jury: „Der Preisträgerin ist es gelungen, eine universelle Lebensfreude darzustellen, die sich auch in Kontexten von Konflikt und Gewalt nicht ersticken lässt. Die Bilderserie beeindruckt durch den Kontrast von menschlicher Kreativität und Vielfalt. Die jeweiligen Krisenkontexte, die auf Konflikte und Gewaltverhältnisse verweisen, dienen auf den Bildern als Hintergrundfolie, während die Künstler*innen aus der Kulisse in den Vordergrund treten und Hoffnung, Schönheit, Freude und Lachen verbreiten. Es ist auch fotografisch eine ganz und gar friedliche Arbeit, die leiser Hoffnung Ausdruck verleiht – und dem politischen Clown eine Stimme. ”

Persönliches: Johanna-Maria Fritz, geboren 1994, wohnt offiziell in Berlin – in Wirklichkeit ist sie aber das ganze Jahr unterwegs. Studiert hat sie Fotografie an der Ostkreuzschule und ist seit Anfang 2019 Mitglied der gleichnamigen Agentur. Ihre Arbeiten wurden international in vielen Magazinen veröffentlicht und weltweit ausgestellt: In Australien, Frankreich, Deutschland und der Schweiz, aber auch in China und in den USA. Nominierte des Deutschen Friedenspreises für Fotografie Roberto Guerra Toledo, Frankreich „Les désastre de la guerre“ Konzept: Dieses Projekt ist das Ergebnis von Unruhen während eines Besuches des Behresht-e Zahra-Friedhofes in Teheran, Iran, wo die Gräber der iranischen Kämpfer liegen, die im Krieg zwischen dem Iran und dem Irak in den 80er Jahren, der so viele Menschenleben gekostet hat, verstorben sind: 800.000 Tote und Vermisste, 1,82 Millionen Verwundete. Zu jener Zeit konnten Kinder ab dem Alter von zwölf Jahren rekrutiert werden, und so wurden bei Massakern auch nahezu 80.000 iranische Kindersoldaten ermordet. Ich denke an den spanischen Maler Francisco Goya und seine Grafiken mit dem Titel „Die Schrecken des Krieges“. Sie bilden die Gräueltaten des Krieges ab. Dieser stechende Blick, den ich fotografiert habe, erinnert an Beerdigungsporträts, wie die Begräbnisporträts von Al Fayoum (Gemälde, die bis in die römische Zeit zurückgehen), doch er soll uns hier an die Gründe erinnern, die dem mörderischen Wahnsinn des Krieges zugrunde liegen.

Um fünf Bilder auszusuchen, habe ich genau die ausgewählt, in denen der Blick fast direkt auf den künftigen Zuschauer gerichtet ist, wie in einem persönlichen und inneren Dialog. Sameer Al-Doumy, Frankreich „Peace is …“ Konzept: Frieden kann in Abhängigkeit vom geografischen Ort und den jeweiligen Umständen ganz unterschiedliche Bedeutungen haben. Im syrischen Ost-Ghuta kann Frieden darin bestehen, dass Kinder auf Schaukeln spielen, die aus Raketen gebaut wurden, die eigentlich zum Töten gemacht wurden; oder darin, dass Jugendliche in ihrer zerstörten Schule Fußball spielen, dass Kinder mit ihren Fahrrädern umherfahren, ohne sich um die Kampfflugzeuge und die Vernichtung um sie herum zu kümmern; Frieden kann auch ein Mann sein, der in seiner zerstörten Bäckerei ein Brot backt, oder Menschen, die trotz der schwierigen Umstände ihres Lebens einfach weitermachen. Toby Binder, Deutschland „Youth of Belfast – between Peace Agreement and Brexit” Konzept: Das Friedensabkommen von Nordirland wurde vor 21 Jahren unterzeichnet, was bedeutet, dass die jungen Leute von heute den bewaffneten Konflikt, der als „The Troubles” bekannt ist, nie selbst erlebt haben. Doch Nordirland wird aufgrund des Brexit-Referendums die Europäische Union verlassen müssen, obwohl die Mehrheit der Einwohner für den Verbleib in der Gemeinschaft gestimmt hatte. Während die lokalen protestantischen Unionisten sich für den Austritt ausgesprochen hatten, wollten die katholischen irischen Nationalisten in der EU bleiben.

Es gibt ernsthafte Sorgen, dass der Brexit das Friedensabkommen von 1998 gefährden könnte, das das der Gewalt zwischen protestantischen Unionisten und katholischen Nationalisten ein Ende setzte. Cletus Nelson Nwadike, Schweden „Peace is the greatest thing 2” Konzept: Krieg ist schrecklich, und Krieg ist grausam zu Menschen. Mein Volk wurde auf diesem Planeten fast ausgerottet. 2 Millionen Menschen meines Volkes wurden getötet. Man hat uns unsere Menschlichkeit genommen und unser Vertrauen nahezu zerstört. 1967-1970. Es war dunkel, und die Dunkelheit hielt noch lange nach dem Krieg an. Als ich aufgewachsen bin, habe ich überhaupt keine Bilder gesehen, denn die Soldaten hatten all unsere Fotos verbrannt. Mein Vater sagte mir, ich sehe meinem Großvater ähnlich, doch ich habe weder meinen Großvater selbst noch ein Bild von ihm je gesehen. Nun ist der Krieg beendet, doch das menschliche Herz spürt den Schmerz noch immer. Ich habe mein Land verlassen und an einer schwedischen Universität Fotografie studiert. Meine Umgebung gibt mir Hoffnung. Ich habe eine neue Familie gefunden, und kein Krieg kann sie mir nehmen, denn in Schweden herrscht seit 200 Jahren Frieden.

Die Jury Deutscher Friedenspreis für Fotografie Michael Dannenmann Michael Dannenmann ist ein international renommierter Porträtfotograf aus Düsseldorf, von Beginn an Juryvorsitzender des Felix Schoeller Photo Awards und Kurator zahlreicher Ausstellungen. Gérard A. Goodrow Gérard A. Goodrow ist gefragter Vortragender und Publizist zur internationalen Gegenwartskunst, Fotografie und dem globalen Kunstmarkt. Gérard A. Goodrow lebt heute als freier Kurator und Autor in Köln. Clara Maria Sels Clara Maria Sels ist Inhaberin der Galerie Clara Maria Sels in Düsseldorf, die sie 1989 gründete. Zu ihren ersten betreuten Fotokünstlern gehörten unter anderen Duane Michals und Francesca Woodman. Sie ist Gründerin des Duesseldorf Photo Weekend und leitet es seit 2013 bis heute erfolgreich. Nils-Arne Kässens Nils-Arne Kässens ist Direktor des Museumsquartiers Osnabrück. Er wurde Ende 2016 mit dem Konzept „Museum als Friedenslabor” Dr. Dana Landau Dana Landau ist Senior Researcher bei der Schweizerischen Friedensstiftung „swisspeace“, einer praxisorientierten Friedensforschungseinrichtung der Universität Basel.

Prof. Dr. Ulrich Schneckener Ulrich Schneckener ist seit 2009 Professor für Internationale Beziehungen & Friedens- und Konfliktforschung an der Universität Osnabrück. Seit 2016 ist er Vorsitzender des Vorstandes der Deutschen Stiftung Friedensforschung (DSF). Zitate: Oberbürgermeister Wolfgang Griesert: „Der „Deutsche Friedenspreis für Fotografie“ wird unseren Blick auf das Thema „Frieden“ noch einmal ausweiten – man könnte sagen: uns einen Weitwinkel verschaffen. Hier werden es nicht Worte sein, sondern Fotos, die uns herausfordern, aufrütteln und unser bisheriges Verständnis vom Friedensbegriff infrage stellen. Denn die Bilder der Preisträger und Nominierten zeigen uns ihre ganz individuelle Sicht auf dieses komplexe Thema. Was sie vereint – und von der alltäglichen Bilderflut abhebt – ist ihre Strahlkraft, dass sie Diskussionen auslösen und uns im Gedächtnis bleiben.“ Hans-Christoph Gallenkamp. CEO der Felix Schoeller Group „Wir als Felix Schoeller Gruppe haben den Felix Schoeller Photo Award immer als ein Bekenntnis zu qualitativ hochwertiger Fotografie verstanden, für die wir schon seit fast 125 Jahren die entsprechenden Papiere liefern. Wir haben die Preisverleihung und die Ausstellung der Arbeiten hier in Osnabrück auch immer als ein Bekenntnis zum Standort verstanden, zum Ort der Keimzelle unseres Unternehmens. An beidem wollen wir auch in Zukunft festhalten.

Friedenspreistraegerin Fritz, Fotot: © Museumsquartier Osnabrück

Friedenspreistraegerin Fritz, Fotot: © Museumsquartier Osnabrück

Dies umso mehr, als in diesem Jahr eine neue Dimension hinzugekommen ist, der Deutsche Friedenspreis für Fotografie, den wir gemeinsam mit der Stadt Osnabrück, der Friedensstadt, aus der Taufe gehoben haben.” „Und auch darum geht es mir beim Deutschen Friedenspreis für Fotografie: ein Signal nach innen zu senden. Die Augen dafür zu öffnen, dass wir nicht nur ein deutsches Unternehmen sind, sondern ein internationales, global aktives. Es geht mir darum, um Verständnis für andere Völker und Ethnien zu werben, und damit auch ein Signal für den Frieden zu senden.” Helmut Buss, United Nations High Commissioner for Refugees, UNHCR – Ethics Office „Für ein friedliches Zusammensein ist nicht nur Voraussetzung, dass wir uns für den anderen Menschen und andere Kulturen öffnen, sondern ebenfalls, dass wir auch Unterschiede akzeptieren und sie aushalten können.” „Viele Menschen träumen von Frieden.

Ich bin der Meinung, wir können uns das nicht mehr leisten; wir müssen aktiv, immer wieder am Frieden bauen. Für mich sind dabei Offenheit, Respekt und Akzeptanz, Selbstreflexion sowie Geduld und langer Atem von zentraler Bedeutung.” „Ich kann mir keinen geeigneteren Ort vorstellen für die heutige Veranstaltung als die Friedensstadt Osnabrück, eine Stadt, wo in ganz bewusster Weise der Friedensgedanke und interkulturelle Kompetenz praktisch gelebt und immer wieder neu definiert werden, angeregt durch eine Vielzahl von Veranstaltungen, Gesprächen und Begegnungen.”

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