Zeit für den Nationalpark Egge

Senne-Eggegebirge. In Nationalparken kann sich Natur nach ihren eigenen Regeln entwickeln. Das Ergebnis sind urige Landschaften mit einer beeindruckend vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt. In Deutschland gibt es aktuell 16 Nationalparke und in Ostwestfalen-Lippe könnte ein weiterer hinzukommen.

Im Jahr 2004 wurde der bislang einzige Nationalpark in Nordrhein-Westfalen in der Eifel gegründet. Mehr als 11.300 nachgewiesene Tier-, Pilz- und Pflanzenarten, rund eine Million Besuche und Bestnoten für die Naturerlebnis- und Umweltbildungsangebote: Der Nationalpark Eifel und die Region zeigen, wie erfolgreicher Naturschutz umgesetzt werden kann und davon Natur und Mensch gleichzeitig profitieren. „Hieran wollen wir anknüpfen und noch im Sommer den Startschuss für das Beteiligungsverfahren zur Errichtung eines zweiten Nationalparks in Nordrhein-Westfalen geben“, kündigte Umweltminister Oliver Krischer jüngst an.

Für Dr. Tom Steinlein, Ökosystembiologe an der Uni Bielefeld und Vorsitzender des Fördervereins Nationalpark Senne-Eggegebirge ist die Eggegebirgsregion mit ihrer Einzigartigkeit und Vielfalt als Nationalpark wie geschaffen. So würden die großen und zusammenhängenden Wälder der Egge zahlreiche seltene und scheue Waldbewohner beherbergen. Wildkatzen streiften durch die Egge und Schwarzstörche fänden Brutmöglichkeiten in den Kronen der alten Buchen und Eichen. Seltene Fledermäuse, die Geburtshelferkröte und eines der wenigen aktuell bekannten Vorkommen des Haselhuhns seien hier zu Haus. „Allein 13 Fledermausarten haben in der Egge einen Rückzugsort gefunden. Es ist an der Zeit, diesen Hot-Spot der Artenvielfalt als Großschutzgebiet von nationaler Bedeutung auszuweisen und damit nachhaltig seinen Fortbestand zu sichern“, so Dr. Steinlein.

Die scheuen und seltenen Schwarzstörche errichten in hohen Bäumen ihren Horst. Foto: Frank Grawe

Die scheuen und seltenen Schwarzstörche errichten in hohen Bäumen ihren Horst. Foto: Frank Grawe

Viele bei uns selten gewordene Vogelarten haben in der Egge einen passenden Lebensraum gefunden. Schwarz-, Grün-, Grau-, Bunt-, Mittel- und Kleinspecht und auch der Wendehals bauen in den strukturreichen Hochwaldarealen in geeigneten, auch toten Bäumen Höhlen, in denen sie ihre Jungen aufziehen. Sind diese Höhlen einmal von ihren Baumeistern verlassen, besiedeln Hohltaube, Sperlingskauz und auch der Raufußkauz gerne diese Behausungen. Gerade die kleinen Eulenarten erreichen in der Egge die nordwestliche Grenze ihres regelmäßigen Verbreitungsgebietes. Schließlich siedelt auch der Uhu wieder in den Felsregionen und in Greifvogelhorsten entlang des Eggekammes. Baumfalke, Rotmilan und Wespenbussard brüten in der Egge und in den offenen Landschaften der Eggemoore nisten vereinzelt landesweit vom Aussterben bedrohte Arten wie Braunkehlchen, Raubwürger und auch der stark gefährdete Wiesenpieper. Zur Zugzeit ziehen viele Vogelarten entlang des Fußes der Egge, wo sie Rastplätze und Gelegenheit zur Nahrungssuche finden, wie etwa Steinschmätzer, Trauer- und Grauschnäpper sowie der selten gewordene Gartenrotschwanz. Große Arten wie Wespenbussard und Kranich, aber gelegentlich auch der Fischadler überqueren auf ihrem Zug die Egge an Pässen wie etwa der Gauseköte.

Der Raufußkauz brütet gern in großen Baumhöhlen. Foto: Patrick Donini

Der Raufußkauz brütet gern in großen Baumhöhlen. Foto: Patrick Donini

„Das Land will jetzt einen zweiten Nationalpark schaffen – wo ist noch offen. Wir wollen die Eggegebirgsregion, die zahlreiche seltene und gefährdete Arten beherbergt, mit dem höchstmöglichen Schutzstatus versehen, einem Nationalpark“, so Dr. Steinlein. „Mit den vielfältigen Angeboten eines Nationalparks können wir den Menschen zeigen, wie einmalig und schützenswert die Natur vor unserer Haustür ist.“ Der Nationalpark Eifel zeige, dass Natur und Menschen gleichzeitig etwas davon haben. In Gesprächen stelle er aber immer wieder fest, dass zum Thema Nationalpark auch Unwahrheiten verbreitet werden und Wissenslücken bestünden, so Dr. Steinlein. Für den Förderverein heißt das, so viele Menschen wie möglich gut und umfassend zu informieren.

Förderverein präsentiert sich mit neuer Website

Mit einer breit angelegten Öffentlichkeitskampagne will der Förderverein – übrigens gemeinsam mit den Natur- und Umweltverbänden – für die Ausweisung der Egge als Nationalpark eintreten. Völlig neu präsentiert sich der Förderverein dabei im Internet. „Nach Wochen intensiver Arbeit ist unsere neue Website jetzt online. Aktuell, anschaulich, informativ und natürlich responsive“, freut sich Marion Wessels, verantwortliche Redakteurin und im Förderverein für die Pressearbeit und Kampagnengestaltung zuständig. „Dank der finanziellen Unterstützung der Stiftung für die Natur Ravensberg können wir mit unserem neuen Webauftritt ausführlich und bildhaft über die Egge und deren Nationalparkwürdigkeit aufklären. Fantastische Aufnahmen heimischer Fotografen und die Expertise zahlreicher Wissenschaftler werden uns dabei helfen, Menschen zu überzeugen und ihre Begeisterung für einen Nationalpark zu wecken“, ist Marion Wessels überzeugt.

Unter www.egge-nationalpark.de gibt’s nicht nur Informatives zum geplanten Nationalpark, sondern auch Wissenswertes für Mitglieder, Förderer und Sympathisanten.