Münster. Der 101. Deutsche Katholikentag in Münster war mit seinem Leitwort „Suche Frieden“ nach den Worten des Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, „so aktuell wie selten“. Er verwies am Samstag vor Journalisten etwa auf die Entscheidung des US-Präsidenten Donald Trump, das Atomabkommen mit dem Iran aufzukündigen und damit die ohnehin schon krisengeschüttelte Region vor neue Unsicherheiten zu stellen.
Sternberg verwies bei der Abschlusspressekonferenz des Großereignisses auch auf die innergesellschaftliche Kontroverse zum bayerischen Kreuzerlass; sie stelle das Verhältnis von Staat und Kirche auf den Prüfstand, so der ZdK-Präsident weiter. Dazu komme noch der „Protest von einigen wenigen“ unter den deutschen Bischöfen gegen die Zulassung evangelischer Ehepartner zum Kommunionempfang. Die Kontroverse werfe ein schlechtes Licht auf die Diskussionskultur unter den Bischöfen. Das ZdK ist Veranstalter des Großtreffens.
Der gastgebende Münsteraner Bischof Felix Genn zeigte sich über den Verlauf „höchst zufrieden“. Es sei keine „Friede-Freude-Eierkuchen-Veranstaltung“ gewesen, vielmehr habe er die Diskussionen „als offen, konstruktiv, differenziert, manchmal auch zugespitzt und konfliktiv in der Sache, aber immer respektvoll erlebt“. Auch Kirchenkritiker müssten einräumen, dass es einen solch breiten öffentlichen Diskurs heute nur noch auf den evangelischen Kirchentagen und Katholikentagen gebe, fügte Genn hinzu. „Unsere Gesellschaft – und unsere Kirche – braucht einen solchen Diskurs gerade in dieser Zeit.“
Genn ermutigte dazu, dafür zu arbeiten, dass der Friede das letzte Wort haben werde. „Wir dürfen es nicht zulassen, dass Terror, Gewalt, Fremdenhass, Antisemitismus und rechte Hetze unsere Welt und Gesellschaft zerstören.“
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, nannte den Katholikentag eine „innerkirchliche Vergewisserung“ und auch ein „Zeugnis für draußen“. Es brauche ein solches Forum, denn hier werde Raum geboten für einen differenzierten Dialog. Angesichts einer zunehmenden Säkularisierung in der Gesellschaft, einem aufkommendem Fundamentalismus von Religionen und der Gefahr, Religion für politische Zwecke zu instrumentalisieren, gelte es, einen „klaren Kopf“ zu behalten. Genau dabei helfe der Katholikentag, wenn es darum gehe, Dialoge zu führen, Gottesdienste zu feiern und einander aussprechen zu lassen. Denn es gebe nur noch wenige Orte, wo dies passiere, so Marx.
Der ZdK-Präsident bezeichnete das Treffen zudem als „hochpolitisch“. Alle Diskussionsveranstaltungen, ob zu politisch-internationalen, gesellschaftlichen oder kirchlichen Fragen, seien durchweg gut oder sehr gut besucht gewesen. Das Motto habe aber auch die Atmosphäre auf den Podien bestimmt, so sei der Ton eher nachdenklich als kämpferisch, eher fragend als bestimmend gewesen. Katholikentagsteilnehmer seien nicht auf der Suche nach einfachen Antworten, sondern nach differenzierter Argumentation und respektvoller Auseinandersetzung. Als Beispiele nannte Sternberg die Veranstaltung mit dem Bundespräsidenten und der Bundeskanzlerin sowie mit dem kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos.
Aber auch der interreligiöse Dialog und die Ökumene hätten ihren Platz gehabt, betonte der ZdK-Präsident. Gerade in einer Zeit, in der die Religionen, zumindest vordergründig, oft als Ursache für Konflikte und Kriege herhalten müssten, sei der Dialog besonders wichtig. Sternberg verwies auf die eigens ins Programm gehobene Veranstaltung gegen Antisemitismus und Islamfeindlichkeit sowie auf den Zentralen Ökumenischen Gottesdienst im Dom, der sehr viele Besucher angezogen hatte.
Der Katholikentag habe außerdem einen Kontrapunkt zu den „wahrlich nicht positiven“ Schlagzeilen der Kirche in den vergangenen Monaten gesetzt. Er zeigte das „frische und aufgeweckte Gesicht“ der Kirche, in dem Potenziale steckten. „Es waren keine verschüchterten Schafe, die sich hier getroffen haben, sondern ein selbstbewusstes Gottesvolk, das zu den Themen dieser Zeit Stellung nahm und dabei das Feiern nicht vergessen hat.“ Auch die Gottesdienste seien ausdrucksstark sowie tief und spirituell gewesen. Münster habe es möglich gemacht, einen fröhlichen und beschwingten Katholikentag zu veranstalten. Mit mehr als 75.000 Teilnehmern sei er der bestbesuchte seit 1990 gewesen. Jenes Treffen hatte damals kurz nach dem Mauerfall in Berlin stattgefunden.
Sternberg, Marx und Genn dankten allen Ehren- und Hauptamtlichen sowie der Stadt Münster und den Polizei-, Rettungs- und Sanitätsdiensten, die den Katholikentag möglich gemacht hätten.