Städtepartnerschaft mit Grudziadz besteht 2019 30 Jahre

Gütersloh/Grudziadz. Bühne betreten, ein  lässiges „Dzien dobry, Grudziadz“ – Guten Tag, Grudziadz – in die Menge schmettern, den prompten Jubel von mehreren tausend Zuschauern entgegennehmen und für einen Moment die Leichtigkeit des (Bürgermeister-)Seins genießen: Das bietet die polnische Partnerstadt sozusagen als Programmpunkt für die Gütersloher Delegation, die mit Bürgermeister Henning Schulz an der Spitze das 30-jährige Jubiläum der Städtepartnerschaft vorbereitet hat. 

Schulz Malinowski Bühne 1

Ideal für Konzerte und Grüße aus Gütersloh: die Weichselauen und die Stadtsilhouette bieten viel Platz und eine atemberaubende Kulisse für viele Anlässe.

Für Henning Schulz und auch für Lucyna Minkus, die Vorsitzende der vor zwei Jahren gegründeten deutsch-polnischen Gesellschaft war der Besuch Premiere.  Begleitet wurden sie von DPG-Vorstandsmitglied Wolfram Reineke, vom städtischen Integrationsbeauftragten Frank Mertens, von Claudia Zünkeler, sachkundige Bürgerin im Bildungsausschuss und Lehrerin am Städtischen Gymnasium, das bekanntlich Schulkontakte nach Grudziadz pflegt und von Susanne Zimmermann als Leiterin des Fachbereichs Städtische Öffentlichkeitsarbeit und Repräsentation auch zuständig für die fünf Gütersloher Partnerstädte.

Zugegeben: Das Bühnenspektakel an der Weichsel vor der imposanten Kulisse der mittelalterlichen Stadtsilhouette mit ihren markanten Speicherhäusern war nicht eigens für den Besuch aus Gütersloh arrangiert. An diesem Abend gastiert, zum Abschluss des jährlichen Stadtfestes, Polens wohl bekannteste Rocksängerin Beata Kozidrak mit der Gruppe „Bajm“, die Fans aus der ganzen Republik auf die Freifläche am Flussufer zieht. Für das Organisationsteam aus dem Rathaus von Grudziadz eine Mammutaufgabe, die sie allerdings nicht davon abhält, aufmerksame Gastgeber für die deutsche Delegation zu sein. In drei intensiven Tagen  bekommen der Bürgermeister und die übrigen Gäste nicht nur einen Eindruck von der Herzlichkeit polnischer Gastfreundschaft sondern auch einen Eindruck von einer entspannten Stadt, die Geschichte und Gegenwart in Architektur und Ambiente gelungen präsentiert. 

Mit Sorgfalt ist das historische Zentrum saniert und restauriert. Seit  2011 verbindet wieder – so wie einst – die Straßenbahn die Innenstadt mit anderen Stadtteilen. Die historischen Fahrzeuge, intensiv genutzt in rot-gelben Signalfarben, stammen aus Deutschland, erzählt Robert Malinowski, der Stadtpräsident. Gütersloh kennt er von vielen Besuchen. Nächstes Jahr, wenn beide Städte auf 30 Jahre Freundschaft und aktiven Austausch zurückblicken, wird er dabei sein – dann allerdings als „Elder Statesman“ . Denn nach zwölf Jahren Präsidentschaft tritt er nicht mehr an zu den Wahlen, die Ende Oktober  stattfinden. Gespannt blickt man deshalb derzeit nicht nur in der Stadtverwaltung auf den Ausgang des Wahlkampfs mit einer ganzen Reihe von Kandidaten –  Ergebnis offen, so die allgemeine Auskunft. 

Ein weiteres Kapitel wird dann also in der wechselvollen Geschichte von Güterslohs Partnerstadt aufgeschlagen, die bis ins frühe Mittelalter zurückreicht und deren preußische Vergangenheit ebenso dokumentiert ist wie die polnischen Wurzeln und die Entwicklung nach dem Ersten Weltkrieg, als Graudenz zu Grudziadz wurde. An die Ursprünge erinnert der vor einigen Jahren restaurierte und der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemachte Burgturm inklusive dazugehöriger Ausgrabungen. Er ist schnell zu einem beliebten Ausflugsziel avanciert, nicht zuletzt, weil man von dort einen sensationellen Blick über die Weichsel hat, die sich träge und – der Hitze dieses Jahres geschuldet – mit zahlreichen Sandbänken durchsetzt Richtung Ostsee mäandert. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist auch der Verkehr mit Ausflugsschiffen stark eingeschränkt. Touristische Empfehlungen gibt es trotzdem noch reichlich. Ein Radwanderweg führt entlang der Weichsel, für lange Touren ebenso tauglich wie für Kurzausflüge von Grudziadz aus. Der historische Marktplatz, über dem kein Geringerer als Nikolaus Kopernikus wacht, der im rund 50 Kilometer entfernten Thorun (Thorn) geboren wurde, ist mindestens im Sommer ein Ort für gemütliche Pausen mit seinen Kneipen und Straßencafés.

100 000 Einwohner hat Grudziadz. Die vergleichbare Stadtgröße ist nur ein Grund, warum die Partnerschaft über die drei Jahrzehnte lebendig geblieben ist. In Kürze werden zum Beispiel wieder zwei Schüler-Praktikanten im Rahmen der Europäischen Praktikumsbörse zwei Wochen in Gütersloh verbringen. Hier ist der Austausch seit 2014 in beiden Richtungen besonders aktiv, langjährige Kontakte der Geschwister-Scholl-Realschule und des Städtischen Gymnasiums mit Grudziadzer Schulen sind die Basis. Dass es genug Gründe für einen Rückblick auf 30 Jahre Städtepartnerschaft gibt, die im historischen Jahr 1989 begann, stand für Bürgermeister Henning Schulz schon vor der Reise außer Frage. Beim Aufenthalt dort wurden die Termine gesetzt: Vom 5.-7. Juli 2019 soll in Gütersloh nicht nur die Städtepartnerschaft mit Grudziadz gefeiert werden, auch 25 Jahre Verbundenheit mit der gemeinsamen schwedischen Partnerstadt Falun und zehn Jahre Verbindung mit dem russischen Rshew sind Teil dieses „großen“ Jubiläumswochenendes. Das Festwochenende in Grudziadz ist auf den 31. August terminiert – dann sicherlich wieder mit einem wunderbaren Abend an der Weichsel.

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