Planfeststellungsverfahren beginnt

Detmold. Die Bezirksregierung Detmold eröffnet ein weiteres Planfeststellungsverfahren für den Neubau der 110-/380-kV-Höchstspannungsleitung im Kreis Gütersloh. Betroffen ist der Leitungsabschnitt zwischen den Punkten Hesseln (Stadt Halle/Westf.) und Königsholz (Borgholzhausen, Landesgrenze NRW/Niedersachsen). Die Planunterlagen liegen von Mittwoch, 27. Januar, bis Freitag, 26. Februar 2021, für einen Monat öffentlich aus. Einwendungen gegen die Planung können bis Freitag, 26. März, erhoben werden.

„Die Bezirksregierung Detmold wird das Vorhaben in einem transparenten und bürgernahen Verfahren prüfen, um möglichst zeitnah eine abschließende Entscheidung zu ermöglichen“, so Heike Schönfeld, Dezernatsleiterin bei der Bezirksregierung Detmold. Vorhabenträgerin ist die Amprion GmbH. Sie hatte am 18. Dezember 2020 bei der Bezirksregierung Detmold die Planunterlagen vorgelegt und die Planfeststellung beantragt. Mit der Veröffentlichung der Unterlagen am 27. Januar beginnt die Anhörung der Öffentlichkeit.

Die rechtlich ausschlaggebende Planauslegung erfolgt auf der Internetseite der Bezirksregierung Detmold. Die Unterlagen sind unter www.bezreg-detmold.nrw.de, Menü „Planung und Verkehr“, „Planfeststellung – laufende Verfahren“ zu finden. Der Grund für die verbindliche online-Veröffentlichung ist, dass derzeit auch die Rathäuser und Dienststellen der Städte Halle und Borgholzhausen pandemiebedingt nicht oder nur eingeschränkt zugänglich sind.

Pläne liegen zusätzlich vor Ort bereit

Bei Bedarf und als zusätzliches Informationsangebot können die Unterlagen in den beiden Städten auch vor Ort in einer ausgedruckten Fassung eingesehen werden. Hierfür muss zuvor telefonisch oder per E-Mail ein Termin bei der jeweiligen Stadtverwaltung vereinbart werden. Weitere Voraussetzung ist, dass der Infektionsschutz die Einsichtnahme vor Ort erlaubt.

Rechtlich ermöglicht wird die verbindliche online-Auslegung durch das Gesetz zur Sicherstellung ordnungsgemäßer Planungs- und Genehmigungsverfahren während der COVID-19-Pandemie (Planungssicherstellungsgesetz – PlanSiG).

Einwendungen bis 26. März möglich

Die Auslegung der Planunterlagen endet am 26. Februar. An sie schließt sich eine einmonatige Einwendungsfrist an. Einwendungen gegen das Vorhaben können vom Beginn der Auslegung an bis zum Ende der Einwendungsfrist am 26. März bei den Städten Halle und Borgholzhausen sowie bei der Bezirksregierung Detmold erhoben werden. Sie müssen grundsätzlich schriftlich abgegeben werden: per Fax oder per E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur. Derzeit genügt aber ausnahmsweise auch eine einfache E-Mail. Die Möglichkeit, Einwendungen vor Ort zur Niederschrift abzugeben, entfällt dafür aus Infektionsschutzgründen.

Die Städte Halle und Borgholzhausen machen die genauen Details zur Auslegung und der Möglichkeit zur Erhebung von Einwendungen ortsüblich bekannt.

Vorhaben umfasst Freileitung, Erdkabel und Übergabestationen

Die Planung des Abschnitts im aktuellen Verfahren sieht folgendes vor: Vom Punkt Hesseln aus und durch das Hesseltal hindurch bis zur Kabelübergabestation (KÜS) „Riesberg“ nordwestlich von Wichlinghausen soll eine Freileitung errichtet werden. Ein etwa 4,2 Kilometer langer Erdkabelabschnitt soll sich anschließen. Er endet an der KÜS „Klusebrink“, die nördlich des Knotenpunktes Wellingholzhauser Straße/Hengbergweg geplant ist. Von dort bis zum Punkt Königsholz an der Landesgrenze und über sie hinweg soll ein Freileitungsbau erfolgen.

Hintergrund: Leitungsabschnitt ist Engpass in Nord-Süd-Versorgungsachse

Der Gesetzgeber hatte im Jahr 2009 mit dem Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) einen Bedarf für die 380-kV-Höchstspannungsleitung Wehrendorf-Gütersloh festgestellt. Sie ist nicht nur Bestandteil des deutschen Übertragungsnetzes, sondern auch in das europäische Verbundnetz integriert. Im deutschen Übertragungsnetz gehört sie zu einer der Hauptachsen, die Norddeutschland und Süddeutschland verbinden. Als solche ist sie von hoher Bedeutung, um den Strom in südliche Verbrauchszentren zu transportieren, der in küstennahen Regionen aus Windenergie gewonnenen wurde. Die vorhandenen Kapazitäten des bestehenden Übertragungsnetzes reichen dazu nicht aus. Daher wurden auf der Basis des EnLAG und seit 2011 auch auf Grundlage des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes noch weitere Aus- und Neubaumaßnahmen für diesen Zweck vorgesehen.

Der Leitungsstrang zwischen Gütersloh und Wehrendorf bildet innerhalb des Übertragungsnetzes einen besonderen Engpass. Der Grund: Er wurde noch nicht auf die leistungsfähigere Spannungsebene von 380-kV umgestellt. Gleichzeitig verfügt er nur über einen einzigen Stromkreis von 220 kV – anders als die Leitungen, die sich im Norden und im Süden an den Abschnitt anschließen. Die neue Leitung soll zwei 380-kV-Stromkreise erhalten und diesen Engpass beseitigen.

Gesetzesnovelle ermöglicht Erdverkabelung – Amprion bildet Abschnitte

Für den ersten Abschnitt der Leitung Gütersloh-Wehrendorf – den Leitungsstrang zwischen der Umspannanlage Gütersloh und Halle/Hesseln – hatte die Bezirksregierung am 23. August 2019 Baurecht hergestellt. Derzeit sind noch zwei Klagen gegen diesen Planfeststellungsbeschluss beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig anhängig. Der Beschluss ist kraft Gesetzes jedoch sofort vollziehbar, daher hat Amprion bereits mit dem Bau der Leitung begonnen. Sie soll ebenfalls zwei Stromkreise umfassen.

Dieser Planfeststellungsbeschluss aus 2019 geht auf den Antrag der Amprion GmbH vom 16. Dezember 2013 zurück. Er sah vor, den nordrhein-westfälischen Abschnitt der Nord-Süd-Trasse durchgehend als Freileitung zu bauen. Betroffene und eine Bürgerinitiative aus Borgholzhausen jedoch hatten etwa 700 Einwendungen gegen das Vorhaben eingebracht und eine Erdverkabelung gefordert. Dadurch sollte insbesondere ein Wohngebiet entlastet werden. Der Gesetzgeber nahm die Leitung im Dezember 2015 daraufhin in die Liste der Pilotprojekte des EnLAG auf. Ob jedoch tatsächlich Teile der Leitung als Erdkabel verlegt werden, machte der Gesetzgeber davon abhängig, ob die Amprion GmbH das Verfahren auf der damals gültigen oder auf der 2015 novellierten gesetzlichen Grundlage führen lassen wollte.

Amprion entschied daraufhin am 16. August 2017, den OWL-Abschnitt zu teilen. Das Unternehmen beschränkte den ursprünglichen Antrag auf den Abschnitt zwischen Gütersloh und Hesseln, der inzwischen planfestgestellt ist. Für den Abschnitt zwischen Hesseln und Königsholz stellte die Bezirksregierung Detmold das Verfahren mit Beschluss vom 24. August 2017 ein. Diesen Abschnitt hat Amprion unter Berücksichtigung des seit 2015 geltenden Rechts neu geplant und die Planfeststellung bei der Bezirksregierung beantragt.

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