Kreis Paderborn. Der im Frühjahr gestartete Erholungskurs der gewerblichen Wirtschaft im Kreis Paderborn setzt sich im Herbst verstärkt fort. Zu diesem Ergebnis kommt die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) in ihrer aktuellen Herbst-Konjunkturumfrage. Daran beteiligten sich kreisweit 324 Unternehmen mit knapp 20.000 Beschäftigten aus Industrie, Handel und Dienstleistung.„Die momentane wirtschaftliche Lage bei den Unternehmen im Kreis gibt Anlass zur Freude“, erklärte IHK-Vizepräsidentin Gabriele Schäfers bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse in Paderborn. „Die Konjunktur gewinnt weiter an Fahrt. Auch die Erwartungen an die Entwicklung in den nächsten zwölf Monaten sind recht positiv.“
Fast zwei Drittel der befragten Industrieunternehmen gingen von einer sich weiter verbessernden Lage aus. Im Handel und bei den Dienstleistern stelle sich die Situation ähnlich dar, wobei die Lage aber von Unterschieden geprägt sei. Beispielsweise erholten sich die Reisebranche, die Veranstaltungsbranche oder der Hotel- und Gaststättensektor erst sehr langsam von den Folgen der Pandemiebedingten Einschränkungen.
„Der Konjunkturklimaindikator, der die momentane Lage der Betriebe mit ihren Erwartungen in Relation setzt, ist für den Gesamtindikator über alle drei Sektoren mit 142 Punkten weit im positiven Bereich und liegt nur knapp unter den Spitzenwerten der vergangenen 20 Jahre“, berichtete der Leiter der Zweigstelle Paderborn + Höxter, Jürgen Behlke. Die 100-er Linie markiert die Grenze zwischen einer positiven oder negativen Stimmung. Der Wert für die Industrie sei dabei von einem leicht unterdurchschnittlichen Wert im Herbst letzten Jahres mit 94 Punkten wieder auf bemerkenswerte 155 Punkte gestiegen, was sowohl an der guten momentanen Lage liege, als auch an den im Saldo sehr guten Erwartungen an die künftige Geschäftslage. Der Wert für die Dienstleister sei im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls gestiegen. IHK-Geschäftsführer Behlke: „Hier steigt er von 117 auf sehr gute 137 Punkte, was sowohl mit den positiveren Aussichten größerer Unternehmen, aber auch mit der relativ guten momentanen Lage bei den übrigen Unternehmen im Zusammenhang steht.“ Auch der Handels-Index sei gestiegen, von 94 auf 128 Punkte. „Das liegt in erster Linie an der recht positiv bewerteten aktuellen Geschäftslage.“
Diese momentane Lage stelle sich bei Handel und Dienstleistung ähnlich dar. Lediglich 13 Prozent der Firmen aus dem Handel und 21 Prozent bei den Dienstleistern betrachteten ihre jetzige Situation als schlecht. In der Industrie seien dies sogar nur 5 Prozent, über die Hälfte der Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes sähen ihre Wirtschaftslage als gut an.
Diese Einschätzung spiegele auch die momentane Produktionsauslastung wider: Über 95 Prozent ausgelastet seien 44 Prozent der Unternehmen. 33 Prozent – gegenüber 47 Prozent im Herbst 2020 – lägen mit der Auslastung unter 80 Prozent. „Und nahezu alle Branchen gehen trotz der Nachwirkungen der Pandemie von einem Beschäftigungsanstieg aus“, zeigte sich Schäfers erfreut. Die Konjunkturrisiken, die von den Firmen genannt würden, seien je nach Branche unterschiedlich. Es überwiege das Risiko der Energie- und Rohstoffpreise, aber wegen des Anziehens der Konjunktur auch wieder der Fachkräftemangel.
Im ersten Halbjahr des Jahres 2021 betrug der Industrieumsatz im Kreis Paderborn 3,3 Milliarden Euro und lag damit um 18,7 Prozent über dem Vorjahresergebnis. „Dieser deutliche Anstieg macht Hoffnung auf eine baldige umfassende Erholung der Industrie im Kreis Paderborn. Wir hoffen, dass sich mit der starken Verbesserung der gegenwärtigen konjunkturellen Lage auch die Umsatzzahlen im Kreis weiter im oberen Bereich stabilisieren“, führte Behlke aus. Bei der Beschäftigungsentwicklung belege der Kreis mit einem minimalen Rückgang von 0,1 Prozent den zweiten Platz in Ostwestfalen.
Mit Blick auf die von den Unternehmen angeführten Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung sollten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die deutsche und damit auch die ostwestfälische Wirtschaft zu unterstützen. Dazu gehöre weiterhin die notwendige Hilfe von ohne Schuld in die Krise geratenen Unternehmen, eine Verminderung des bürokratischen Aufwands für die Unternehmen und ein weitsichtiger Umgang mit den Themen Mobilität, Gewerbe- und Industrieflächen, Wohnen, Energie, Klima, Steuern und Digitalisierung. Hierbei müsse die neue Bundesregierung ihre Hausaufgaben machen, um die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht zu erhalten. „Die Unternehmen haben die Bewältigung des Fachkräftemangels vor dem Hintergrund der weiter anziehenden Konjunktur wieder intensiv in den Fokus genommen“, erläuterte Behlke. „Wir erwarten deswegen von Politik und Gesellschaft das klare Bekenntnis zur dualen Ausbildung und fordern verstärkte Anstrengungen im Bereich der Berufsorientierung, besonders in den Schulen“.