Feldbahngeschichten

LWL-Wanderausstellung zu Technik und Einsatz eines universellen Verkehrsmittels

Eine der letzten Feldbahnen mit Dampflokeinsatz fuhr im Kalkwerk in Künsebeck. 1966 überquert eine der Loks - von zwei Posten gesichert - die Bundesstraße auf dem Weg zum Steinbruch. Foto: ©H. Beyer

Eine der letzten Feldbahnen mit Dampflokeinsatz fuhr im Kalkwerk in Künsebeck. 1966 überquert eine der Loks – von zwei Posten gesichert – die Bundesstraße auf dem Weg zum Steinbruch. Foto: ©H. Beyer

Bielefeld (lwl). Die Feldbahn war zwischen 1900 und 1950 das, was heute der Lastwagen ist – flexibel, weil ihre Gleise schnell verlegbar sind und überall im Einsatz. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) hat der kleinen Schwester der Eisenbahn eine Wanderausstellung gewidmet, die vom 1. August bis zum 26. September im Bauernhausmuseum in Bielefeld zu sehen ist.

Zum Teil über 100 Jahre alte historische Fotos zeigen in der Wanderausstellung die vielfältigen Einsatzgebiete des Transportmittels in Industrie und Landwirtschaft. Alle gezeigten Bahnen befanden sich in Westfalen und Lippe. Feldbahnforscher Rüdiger Uffmann und Dr. Burkhard Beyer, Geschäftsführer der Historischen Kommission für Westfalen beim LWL, haben 2019 für das LWL-Ziegeleimusuem Lage (Kreis Lippe) eine Sonderausstellung zur Feldbahngeschichte zusammengetragen. Auf Wanderschaft gehen nun die Tafeln dieser Ausstellung mit mehr als 40 Beispielen für die Verwendung von Feldbahnen. Dabei reichten die verschiedenen Einsatzbereiche der Feldbahnen vom Bergbau über die Stahlindustrie, Ziegeleien und Trümmerbahnen bis hin zur Hausrollbahn, die zur Überwindung kurzer ebener Strecken in Hinterhöfen diente.

Die Ausstellung zeigt nicht nur ausdrucksstarke Bilder, sondern erzählt auch die damit verbundenen Geschichten, also Feldbahngeschichten. Wie wurde aus der Schiefergrube ein Tauchparadies, in dem es unter Wasser alte Loren zu entdecken gibt? Was hatte es mit dem Paderborner Bauern auf sich, der als Besitzer von fünf Pferden zu stolz war, eine Lokomotive anzuschaffen? Wofür waren die „Platzloks“ der Ruhrkohle AG zuständig? Eine Modellinstallation, die Feldbahnszenen zeigt, ergänzt die Ausstellungstafeln. Originalfahrzeuge konnten aus Platz- und Gewichtsgründen nicht mit auf die Reise gehen.

Hintergrund

Die Herforder Firma Bokelmann & Kuhlo baute um 1900 Lokomotiven für elektrische Feldbahnen, mit denen einige Ziegeleien experimentierten. Für Werbezwecke wurde dieses Bild der fertigen elektrischen Bahn aufgenommen. Foto: ©Sammlung B. Beyer

Die Herforder Firma Bokelmann & Kuhlo baute um 1900 Lokomotiven für elektrische Feldbahnen, mit denen einige Ziegeleien experimentierten. Für Werbezwecke wurde dieses Bild der fertigen elektrischen Bahn aufgenommen. Foto: ©Sammlung B. Beyer

Der Name „Feldbahn“ geht auf eine Erfindung des französischen Gutsbesitzers Paul-Armand Decauville zurück, der 1875 für die Ernte ein einfaches, wetterunabhängiges Transportsystem suchte. Er entwickelte ein transportables, leicht verlegbares Schienen- und Fahrzeugsystem, das zuerst auf seinen Feldern zum Einsatz kam. „Ihre Flexibilität und Anpassungsfähigkeit machte die Feldbahn schon bald weltweit zu einem wichtigen Transportmittel„, erklärt Rüdiger Uffmann aus Bielefeld.

Bald wurden die schnell verlegbaren Gleise und Kipploren auf Baustellen, in Wäldern, beim Torfabbau und in Ziegeleien eingesetzt. Die meisten Wagen wurden geschoben, manchmal bewegten Pferde und Ochsen sie. Größere Betriebe beschafften auch Dampfloks, später Dieselloks.

Im Bergbau an der Ruhr gab es im 18. Jahrhundert Wagen mit Holzschienen für den Kohlentransport, unter und über Tage. Schon 1790 begann man, Eisenstücke auf die Holzschienen zu nageln, aus der Schiebebahn wurde eine Eisenbahn. Zunächst bewegten Pferde und Ochsen die Wagen. Die ersten Feldbahnlokomotiven wurden wie ihre großen Schwestern mit Dampf betrieben, wenig später bereits mit Elektrizität. Doch der Dieselmotor setzte sich durch. Die Hersteller von Feldbahnloks – Henschel, Jung, Deutz, Schöma, Diema und viele andere – bauten Gleise, Loks und Loren für Feldbahnen und Grubenbahnen. Die Feldbahnen fuhren auf allen großen Baustellen, halfen beim Bau von Schifffahrtskanälen und den ersten Autobahnen.

In den 1980er-Jahren waren Feldbahnen schon eine Seltenheit. Bei der Ziegelei Pasel & Lohmann in Borchen-Alfen war 1988 noch eine solche Bahn in Betrieb. Im Hintergrund der Schrägaufzug zur Entladung. Foto: ©B. Beyer

In den 1980er-Jahren waren Feldbahnen schon eine Seltenheit. Bei der Ziegelei Pasel & Lohmann in Borchen-Alfen war 1988 noch eine solche Bahn in Betrieb. Im Hintergrund der Schrägaufzug zur Entladung. Foto: ©B. Beyer

„Wie nicht anders zu erwarten, entdeckte auch das Militär die neue Technik. Im Ersten Weltkrieg trugen Feldbahnen hinter der Front entscheidend zur Nachschubversorgung bei“, so Beyer. „Im Zweiten Weltkrieg war der Feldbahn eine ähnliche Rolle zugedacht, aber das vorbereitete Material kam kaum zum Einsatz.“ Trümmerbahnen transportierten die Schuttberge nach 1945 aus den Städten. Torfbahnen ermöglichten den industriellen Abbau der trockengelegten Moore. Seit den 1960er Jahren ersetzten Gabelstapler, Förderbänder und Lastwagen das traditionelle Transportmittel. Nur im Torfabbau in Niedersachsen werden sie noch in nennenswertem Umfang eingesetzt. In Westfalen sind Feldbahnen einer breiteren Öffentlichkeit nur noch anhand der Museumsfeldbahnen wie etwa in Gütersloh (Dampfkleinbahn Mühlenstroth) in Lage/Kreis Lippe (LWL-Ziegeleimuseum) oder in Lengerich/Kreis Steinfurt (Westfälisches Feldbahnmuseum) bekannt. „Es lohnt sich also, an die einstige Bedeutung der Feldbahnen und an die ganze Vielfalt seiner Einsatzmöglichkeiten zu erinnern“, so Beyer.

Weitere Stationen:
Museum Wilnsdorf: 3. Oktober bis 28. November 2021
Haus Kupferhammer in Warstein: 5. Dezember 2021 bis 30. Januar 2022
Westfälisches Schieferbergbau-Heimatmuseum Holthausen, Schmallenberg: 6. Februar bis 3. April 2022
Eisenbahnmuseum Bochum: 10. April bis 5. Juni 2022
Emsland Moormuseum in Geeste: 12. Juni bis 31. Oktober 2022