EDV-Pionierin, Tür­steherin und gute Seele

Enger. Ein Leben in der Verwaltung? Das konnte Ingrid Fleer sich nicht vorstellen – bis es sie ins Engeraner Rathaus verschlug. Aus einem „Nie“ wurden 26 Jahre. Jetzt verabschiedet sie sich in den Ruhestand.

„Als ich vor 26 Jahren in der Verwaltung anfing, hätte ich nicht gedacht, dass ich mich hier je so wohlfühlen würde“, sagt sie im Rückblick auf die Zeit. „Die Arbeit hat mir viel Freude bereitet und mein Leben beruflich wie persönlich äußerst bereichert.“

Ihre Tätigkeit bei der Stadt Enger begann 1985 an der Grundschule Westerenger. Nebenbei absolvierte sie 1993/94 einen einjährigen Lehrgang für Wirtschaft und Verwaltung an der Friedrich Listschule in Herford. 1995 führte ihr Weg sie schließlich ins Rathaus, zunächst ins damalige Kämmerei- und Steueramt – und mit ihr hielt die Welt der Computer Einzug in die Engeraner Stadtverwaltung.
„Im Rathaus musste ich anfangs mit der Schreibmaschine schreiben und habe flaschenweise Tipp-Ex verbraucht“, erinnert sie sich lachend. Das sei eine echte Umstellung für sie gewesen, nachdem sie an der Schule bereits die Arbeit am PC gelernt hatte. Doch das habe sich dann schnell geändert.

Ingrid Fleer bat gemeinsam mit einigen Mitstreiterinnen um einen PC und bekam ihn schließlich auch. Mit der damals noch neuen Technik weckte sie die Neugier ihrer Kolleginnen und Kollegen. Das sei eine Win-Win-Situation gewesen, wie sie erklärt: „Ich habe gelernt wie die Verwaltungsarbeit funktioniert und die anderen haben von mir die Arbeit am PC gelernt.“ Der ganze Bereich habe sich dann weiterentwickelt: „Heute haben wir eine richtig gute EDV.“

Als der damalige Bürgermeister Klaus Rieke sie 1997 als Sekretärin in sein Vorzimmer holte, war sie neben der Vorzimmerarbeit, der Organisation der Alters- und Ehejubiläen und der Organisation und Mitwirkung bei verschiedenen Veranstaltungen und Feierlichkeiten auch weiterhin im EDV-Bereich aktiv. Durch Ingrid Fleers großes Interesse für Computer kam die Stadt Enger zu ihrer eigenen Internetpräsenz. „Mein Sohn hat mich auf die Idee gebracht, mich in das Thema HTML einzulesen und dann habe ich 1999 die städtische Homepage erstellt und auch weiterhin verwaltet“, berichtet sie.

Über 17 Jahre dauerte die Zusammenarbeit mit Klaus Rieke. Eine Zeit, an die sich Ingrid Fleer gerne zurückerinnert: „Wir haben beide als Newcomer angefangen. Unsere Zusammenarbeit war von großem Vertrauen geprägt und wir haben uns gegenseitig ergänzt. Bis heute haben wir sehr guten Kontakt.“

Als Klaus Rieke sich 2015 in den Ruhestand verabschiedete, bereitete er gemeinsam mit Ingrid Fleer alles für einen reibungslosen Übergang vor. „Wir haben uns überlegt, wie wir Thomas Meyer den Start als neuer Bürgermeister erleichtern können“, berichtet Ingrid Fleer.

Thomas Meyer profitierte dabei auch von der Erfahrung seiner Sekretärin. „Es war sehr wertvoll, so eine erfahrene Mitarbeiterin zu haben. Sie hat Ruhe und Routine in die Arbeit gebracht und eine Basis und Sicherheit gegeben“, zeigt er sich dankbar. Sie habe ihn in jeder Situation unterstützt und immer offen ihre Meinung gesagt, sagt Thomas Meyer weiter: „Das habe ich sehr zu schätzen gewusst.“

Besonders wichtig war diese Unterstützung bei den Kommunalwahlen. „Die Belastung und Aufregung war meinen beiden Chefs in dieser Zeit deutlich anzumerken. Und auch ich stand immer ganz schön unter Strom, schließlich stand viel auf dem Spiel“, erinnert sich Ingrid Fleer. Doch am Ende lohne sich der ganze Stress, sagt Thomas Meyer: „Wenn man es am Ende geschafft hat, ist das ein ganz besonderer Moment.“

Die Erinnerung an solche Momente lässt Ingrid Fleer dem neuen Lebensabschnitt mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegensehen. Auch wenn es anstrengende Phasen gegeben habe, habe sie ihre Arbeit gern gemacht: „Meine Aufgaben waren sehr abwechslungsreich und ich hatte viel Freiraum. Es motiviert, wenn einem so viel Vertrauen entgegengebracht wird.“

Trotzdem sei es jetzt der richtige Zeitpunkt gewesen, sich zu verabschieden und in einen neuen Lebensabschnitt zu starten. „Ich werde das Tempo drosseln, mehr Gelassenheit üben und den Alltag neu strukturieren: ausschlafen, etwas mehr Sport treiben, die Freizeit mit Freunden genießen und in den Urlaub fahren. Und ich freue mich riesig darauf, mehr Zeit mit meinem Mann, meinen Kindern und meinen Enkelkindern zu verbringen“, sagt sie.

Thomas Meyer wünscht ihr für die Zukunft alles Gute: „Ich hoffe, dass sie ihren Ruhestand mit ihrer Familie genießen kann und alles machen kann, was sie bis jetzt nicht konnte.“

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