Backen vs. Bräunen: Was macht ein gutes Brötchen aus?

mdmph14-9711Bielefeld. Was macht ein gutes Brötchen aus? Diese Frage stellt sich die Bäcker-Innung in Bielefeld im Zuge eines Prozesses, der bereits seit vier Jahren in Duisburg für Aufsehen sorgt. Der Hintergrund: vermeintlich frisch gebackene Brötchen aus Discount-Supermärkten, die den Anspruch erheben, mindestens genauso qualitativ hochwertig zu sein, wie das frische Pendant des örtlichen Handwerksbäckers.

Doch was macht letztendlich den Unterschied aus? Die Bäcker-Innung Bielefeld beschreibt die Differenz als eine Frage des traditionellen Wertes. Die Massenware der Supermarkt-Discounter könne sich nicht unter dem Namen „Backstube“ verkaufen, und damit das jahrhundertelange Vertrauen oder das traditionelle Handwerk des örtlichen Bäckers in Frage stellen. Die Backkunst sei schließlich mehr als nur das „Bräunen“, so stellvertretende Obermeister Bernd-August Boendel.

Bei Aldi, Netto und Co. werden Brötchen als vorgebackene Teiglinge lediglich „halbgebacken“, d.h. ausschließlich die letzten fünf Minuten des Backprozesses finden vor Ort in Supermarkt statt. Die Teiglinge werden in Betrieben maschinell verarbeitet und nur teilweise gebacken, um schließlich gekühlt zu den Supermärkten geliefert zu werden. Die Brötchen werden vorort aufgewärmt und erlangen dabei ihre Krume. Örtliche Bäckereien dagegen mischen ihren Teig  selbst frisch an, stellen diesen kalt, lassen ihn schließlich im Gärschrank unter dem Ofen im Verkaufsraum ziehen bis er dann letzten Endes zum frisch gebackenen Brötchen in der Verkaufstheke wird. Jedes Brötchen durchläuft dabei die Hand des Bäckers. Volker Ruwe, Vorstandsmitglied der Bäcker-Innung Bielefeld stellt klar, dass dies in der maschinellen Produktverarbeitung der Discount Märkte nicht selbstverständlich ist.

mdmph14-9724Stärke verkleistert, Eiweiß gerinnt, Hefe geht auf. Durch das Unterbrechen dieses Backvorgangs geht vor allen Dingen eines verloren: Das Qualitätsmerkmal eines Brötchen. Dieses ist gekennzeichnet durch eine hellbraune krosse, knusprige Kruste – die auch nach Stunden noch knackig ist und aufplatzen sollte. Die weiche Krume sei beim Discount Brötchen vorhanden, aber die knuprige Kruste fehle. „Backen und Backen ist eben zweierlei“, stellt Volker Ruwe fest. Und fügt hinzu, der Kunde soll für sich entscheiden, welches Brötchen ihm besser schmeckt. Es gehe ihnen weitgehend um eine Wahrung des überlieferten Handwerkes und darum, das Vertrauen der Kunden zu wahren.

Denn eines steht fest: Nirgends gibt es eine derartige Brötchenkultur wie in Deutschland. Von Chia über Eiweiß: die örtlichen Backstuben haben eine ständig wechselnde Vielfalt von 23 bis 24 verschiedenen Brötchen- und Brotsorten im Angebot. Die Bäcker-Innung setzt sich für eine Wahrung  dieser Kultur und Backkunst ein. Die Betriebe der Bäcker-Innung stehen außerdem für die Unterstützung regionaler Unternehmen. So werden 90% der Rohstoffe aus der Milser Mühle bezogen.

Noch gibt es keine weiteren Ergebnisse im Brötchen-Streit.

Foto 1: Leckere, knackig-knuprige Brötchen; ©Kreishandwerkerschaft Bielefeld

Foto 2: v-l. Jürgen Sautmann, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft; stellvertretende Obermeister Bernd-August Boendel sowie Vorstandsmitglied Volker Ruwe. ©Kreishandwerkerschaft Bielefeld

Text: Marleen Damberg