Wie Integration gelingen kann

Detmold. Ehrlich gesagt hatte Roland Dieckelmann, Geschäftsführer der BLS Gastro GmbH in Detmold mit immerhin 72 Mitarbeitern, schon gar keine Lust mehr auszubilden. Nach drei Jahren in Folge, in denen Azubis egal welchen Alters, Geschlechts oder schulischen Hintergrundes wieder abgesprungen waren, hatte Dieckelmann 2016 die Ausbildung im Haus ausgesetzt. „Es erschien mir keinen Sinn zu machen, wenngleich ich doch dringend gutes Fachpersonal brauche“, so der Arbeitgeber. Schlechte Karten also für Bewerber und Betriebe in Lippe gleichermaßen?! Willkommenslotse Rudolf Obermeier von der IHK Detmold weiß, wie schwierig es ist, Arbeitgeber, die einmal mit der Ausbildung ausgesetzt haben, wieder ins Boot zurückzuholen. „Aber es zu versuchen, ist alternativlos“, betont Obermeier, „speziell in der Gastronomie-Branche sind unsere Unternehmen dankbar für junge und motivierte zukünftige Fachkräfte, da viele Ausbildungsstellen mangels interessierter Bewerber unbesetzt bleiben. Wenn man aber die Gastronomie-Branche liebt, stehen einem umso mehr Türen und Tore offen.“

 (von links): Selen Saner (Arbeitsagentur Detmold); Azubi Bashar Abdullah; IHK-Willkommenslotse Rudolf Obermeier; Roland Dieckelmann (Geschäftsführer BLS Gastro GmbH) Foto T. Liebke, Agentur für Arbeit Detmold

(von links): Selen Saner (Arbeitsagentur Detmold); Azubi Bashar Abdullah; IHK-Willkommenslotse Rudolf Obermeier; Roland Dieckelmann (Geschäftsführer BLS Gastro GmbH) Foto T. Liebke, Agentur für Arbeit Detmold

Und wo sollen die Fachkräfte herkommen, wenn nicht über Ausbildung? Also, was tun?! Die Arbeitsvermittler des Integration Point (IP) als zentrale Anlaufstelle für Flüchtlinge vermitteln seit nunmehr gut anderthalb Jahren gezielt Asylsuchende mit Bleibeperspektive in Arbeit und Ausbildung, wobei sich die eng verzahnte Zusammenarbeit der Kammern sowie der Detmolder Arbeitsagentur mit Arbeitgebern in der Region als wirksam erwiesen hat. Wie auch in diesem Fall: Seit diesem September bildet Roland Dieckelmann wieder aus, unter anderem den 23-jährigen Bashar Abdullah aus dem Irak. Der junge Mann, der seit November 2015 in Deutschland lebt, hatte zuvor im August ein Praktikum bei der BLS Gastro GmbH absolviert. „Dieser Auftritt hat mich schließlich überzeugt“, erzählt der Geschäftsführer: „Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Interesse an der Arbeit, Leistungswille und ein angenehmes zwischenmenschliches Auftreten.“ Es waren genau diese Qualitäten von Bashar Abdullah, die Obermeier und IP-Vermittlerin Selen Saner dazu brachten, den Kontakt zum Arbeitgeber herzustellen. Saner: „Da wir in der Regel beide Parteien kennen, die Bewerber und Arbeitgeber, ist es für uns natürlich wesentlich einfacher, Interessenten zusammenzubringen.“ Ein wichtiger Türöffner, denn Vermittlung braucht Zeit und Vertrauen.

Bashar Abdullah vertraut darauf, sich so allmählich an die Gepflogenheiten der deutschen Küche zu gewöhnen. „Manches schmeckt mir, manches nicht so, weil es ungewohnt ist“, schmunzelt der junge Mann, der fast fließend deutsch spricht. Die Sprachkenntnisse hatte er sich flott allein beigebracht, ehe er einen dreimonatigen Integrationskurs besuchte. „Allein wie Bashar die Sprache gelernt hat zeigt mir doch schon, wie zielstrebig und interessiert er seine Sachen angeht“, freut sich Dieckelmann, der unter anderem Strate’s Brauhaus in Detmold betreibt. Seine aktuelle Ausbildungszeit verbringt Abdullah im Geschäftsbereich Theater Catering und Petit Menu (Verpflegung für Kindergärten) von BLS Gastro, also quasi in der Großküche. „Da wird mild gekocht, auf Schweinefleisch wird ganz verzichtet“, erzählt der Jung-Azubi, der auch eine Ausbildungszeit im Brauhaus absolvieren wird. „Da lernst du dann den richtigen Umgang mit Gewürzen“, so scherzt Dieckelmann, der „eine große Zukunft für die Gastronomie darin sieht, Fachkräfte durch geflüchtete Menschen zu gewinnen“.

Die Voraussetzungen dafür sind durch das „3+2“-Prinzip schon wesentlich besser geworden, betont Obermeier: „Drei plus zwei heißt, dass Geflüchtete mit Bleibeperspektive drei Jahren lernen und nach der Ausbildung zwei Jahre weiterbeschäftigt werden können.“ Und das schafft Planungssicherheit für beide Seiten. Abdullah verfügt über eine Aufenthaltsgestattung. Seine Zeugnisse sind übersetzt und beglaubigt, auf deren Anerkennung in Deutschland wartet der junge Mann, der im Irak eine Fachschule für Tourismus und Hotellerie besucht hatte. Der junge Mann ist quasi schon vom Fach, aber an eins muss er sich noch gewöhnen: „Sahne“, lacht Bashar Abdullah, “überall kommt Sahne dran!“ Aber sonst scheint alles zu passen.