„Gegen das Vergessen arbeiten“ – Volksbund sammelt für Kriegsgräberstätten
Auftakt im Rathaus – Mindener Pioniere und Bürgerbataillon „unterstützen wieder gerne“
Minden. „Kriegsgräber führen uns vor Augen, was Krieg anrichten kann und welche Bedeutung der Frieden für Deutschland und für Europa hat“, sagte Bürgermeister Michael Jäcke zum Auftakt der diesjährigen Haus- und Straßensammlung des Volksbundes im Rathaus. Es sei sehr wichtig, die Erinnerungskultur – auch 73 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges – aufrecht zu erhalten. Vor allem vor dem Hintergrund, dass es nahezu keine Zeitzeugen mehr gibt, gewinnen andere Zeugnisse wie Denkmäler, Gedenkstätten und eben Kriegsgräber an Bedeutung.
Der Kreisgeschäftsführer des Volksbundes, Andreas Schädler, bezeichnete es als eine „wichtige Angelegenheit“, für die Opfer beider Weltkriege – der erste ist vor genau 100 Jahren mit 17 Millionen Toten beendet worden – zu sammeln. Es sei ein großes Anliegen, „gegen das Vergessen zu arbeiten“. Der Volksbund habe seine Arbeit deshalb auch auf die Zukunft ausgerichtet. So werden Jugendliche und junge Erwachsene in Projekte eingebunden oder helfen auch bei der Pflege und Aufbereitung der Kriegsgräber in ganz Europa. Erfolgreiche Bespiele seien die seit 1953 laufenden Workcamps – meist in unmittelbarer Nähe von großen Kriegsgräberstätten. Es gibt 2,5 Millionen Gräber auf rund 800 Friedhöfen.
Bei der Sammlung wird der Volksbund auch in diesem Jahr von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr am Standort Minden unterstützt. Er sehe die Aktion als „Beitrag zur Friedenssicherung“ – wie auch die zahlreichen Auslandseinsätze der Bundeswehr, so Oberstleutnant Jörg Friedland, Panzerpionierbataillon 130. Er erinnerte daran, dass die Opfer beider Weltkriege – vor allem die Soldaten – oft sehr jung im Einsatz starben. Die Pioniere werden im Schwerpunkt in der Innenstadt um eine Spende bitten. Der Oberstleutnant betonte, dass die Soldatinnen und Soldaten sich freiwillig für diese Aufgabe melden. „Die Bundeswehr unterstützt den Volksbund und die alljährliche Sammlung gerne“, so Friedland.
Die Sammlung beginnt offiziell am 31. Oktober und läuft bis Mitte November. Mit dabei sind in diesem Jahr auch wieder Mitglieder des Mindener Bürgerbataillons. Stadtmajor Heinz-Joachim Pecher stellte die gute Kooperation zwischen Bundeswehr und Bürgerbataillon am Standort Minden heraus. Die Bundeswehr sei „ein Teil der Stadt“, so Pecher. Zwischen der Stadt Minden und dem Panzerpionierbataillon 130 besteht seit 1993 eine offizielle Patenschaft, die auch von den Kompanien des Bürgerbataillons „aktiv gelebt“ wird.
Die Sammlung des Volksbundes wird von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet unterstützt. In seinem Aufruf schreibt er in Bezug auf das Ende des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren, dass „unsere Geschichte uns vor Augen führt, wie wertvoll Demokratie und Frieden sind.“ Und weiter: „Aus der Geschichte beider Weltkriege haben wir die Lehre gezogen, dass Frieden, Freiheit und Wohlstand nur gemeinsam mit allen Europäerinnen und Europäern erzielen können.“ Diese Erkenntnis werde umso wertvoller in einer Zeit, in der Europa und die Europäische Union von Populisten jeglicher Couleur verächtlich gemacht und bekämpft wird. Dabei stehe Europa für Versöhnung und Frieden, für Demokratie und Freiheit, für Wohlstand und Sicherheit. Auch der Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren mahne uns, den Feinden Europas beherzt entgegenzutreten, so Laschet in seinem Aufruf.
Trotz der Unterstützung des Bundes – 8 Millionen Euro jährlich – sei der Volksbund auf Spenden angewiesen, hob Kreisgeschäftsführer Schädler hervor. Das Verständnis dafür aber sinke in der Bevölkerung, was er bedaure. Viele Menschen hätten keinen direkten Bezug zu den beiden Weltkriegen und ihren Opfern mehr. So würden auch die Spendeneinnahmen aus der Sammlung seit Jahren weniger.
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge – Fakten und Zahlen
Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. ist eine humanitäre Organisation. Er widmet sich im Auftrag der Bundesregierung der Aufgabe, die Gräber der deutschen Kriegstoten im Ausland zu erfassen, zu erhalten und zu pflegen. Der Volksbund betreut Angehörige in Fragen der Kriegsgräberfürsorge, er berät öffentliche und private Stellen, er unterstützt die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kriegsgräberfürsorge und fördert die Begegnung junger Menschen an den Ruhestätten der Toten.
Heute hat der Volksbund knapp 350.000 aktive Förderer sowie über eine Million Gelegenheitsspender und Interessenten. Mit ihren Beiträgen und Spenden, mit Einnahmen aus Erbschaften und Vermächtnissen sowie den Erträgen aus der jährlichen Haus- und Straßensammlung finanziert der Volksbund zu etwa 70 Prozent seine Arbeit. Den Rest decken öffentliche Mittel des Bundes und der Länder. Im Rahmen von bilateralen Vereinbarungen erfüllt der Volksbund seine Aufgabe in Europa und Nordafrika. In seiner Obhut befinden sich heute 832 Kriegsgräberstätten in 45 Staaten mit etwa 2,7 Millionen Kriegstoten. Mehrere tausend ehrenamtliche und 571 hauptamtliche Mitarbeiter/innen erfüllen heute die vielfältigen Aufgaben der Organisation.
Mehr Informationen zum Volksbund unter www.volksbund.de.