Partnerschaft Minden-Changzhou öffnet Türen im Reich der Mitte

Mindener Delegation besuchte Ende September die Millionen-Metropole – Bürgerreise im Frühjahr 2020 geplant

 Empfang der Mindener Delegation im Rathaus von Changzhou, Foto: Stadt Minden

Empfang der Mindener Delegation im Rathaus von Changzhou, Foto: Stadt Minden

Minden. Mit vielen Eindrücken und neu geknüpften Kontakten ist jetzt eine Mindener Delegation aus der chinesischen Partnerstadt Changzhou zurückgekehrt. Der Besuch Ende September hatte die vier Schwerpunkte Tourismus, gute Wirtschaftsbeziehungen, Bürger*innen-Austausch und Klimaschutz. „An Letzterem hat Changzhou ein besonderes Interesse“, berichtet Lars Bursian, Beigeordneter für Städtebau und Feuerschutz. Die 4,7 Millionen Einwohner*innen zählende Stadt ist im Reich der Mitte eine von mehreren Modellregionen für den Umwelt- und Klimaschutz. Changzhou wird von der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit gefördert.

Im Fünf-Jahresplan wurden verschiedene Maßnahmen verankert, die den Ausstoß von Schadstoffen deutlich verringern sollen, so Bursian. Innerhalb kürzester Zeit sei zum Beispiel die Umstellung von „stinkenden Mopeds“, die bislang das Bild des Straßenverkehrs in China prägten, auf umweltfreundliche E-Roller und Leihfahrräder realisiert worden. „China geht das konsequent an und möchte im Klimaschutz Verantwortung übernehmen“, war der Eindruck des Beigeordneten nach Gesprächen und Treffen mit Unternehmern. Zum hochaktuellen Thema „Klimaschutz“ hat Lars Bursian in der Umweltbehörde einen Vortrag gehalten. Er stellte vor, was eine Kommune unternehmen kann, um den Co²-Ausstoß zu verringern, sprach aber auch über den „European Energy Award“, an dem sich die Stadt Minden beteiligt. Zielsetzung sei es hier, eine Zertifizierung zu erreichen und damit „Europäische Energie- und Klimaschutzkommune“ zu werden. Das habe unter anderem den Vorteil, dass zertifizierte Kommunen einen leichteren Zugang zu Fördermitteln in den Bereichen Klimaschutz oder Energieeinsparung erhalten. Besucht wurde neben der Polizei auch die Feuerwehr in Changzhou. Diese war bislang der Armee unterstellt, ist jetzt aber eigenständig. „Das macht es nun möglich, gezielte Gespräche über einen direkten Austausch zu führen“, freut sich der Vorsitzende des Trägervereins Partnerschaft Minden-Changzhou, Olrik Laufer. Die Grundlage wurde im November 2017 gelegt. Da haben der Leiter der Feuerwehr Changzhou, Shijun Wang, und der Leiter der Feuerwehr Minden, Heino Nordmeyer, eine Absichtserklärung über die Aufnahme freundschaftlicher Beziehungen unterzeichnet.

Dass China viel in die Wirtschaft, in Bildung, Technik und Infrastruktur investiert, wurde bei dem jüngsten Besuch ebenfalls deutlich. „Die Stadtführung hat sich mit dem Programm viel Mühe gegeben, so dass es dieses Mal auch interne Einblicke gab und die Gäste mit Unternehmern intensiver ins Gespräch kommen konnten“, hebt, Olrik Laufer, hervor. So wurden zum Empfang der Mindener Delegation 16 Unternehmensvertreter*innen eingeladen. Der stellvertretende Bürgermeister Zhengchun Chen begrüßte die Gruppe im Rathaus von Changzhou und überreichte eine Vase an Lars Bursian. Dieser lud Chen zum nächsten Freischießen im Jahr 2021 ein und übergab eine Freischießen-Münze von 1984 in Silber. Zur Delegation gehörten neben Bursian und Laufer auch Stadtmajor Heinz Joachim Pecher und Dr. Thomas Janssens, Geschäftsführer des Radiologischen Versorgungszentrums OWL. Bereits vor Ort waren Guowen Chen von der Peter Lacke GmbH, Ulrich Lange und John Zhang von der DENIOS AG sowie Volker Palm als geschäftsführender Vorstand von WAGO China. Die in China ansässigen Unternehmen aus dem Kreis Minden-Lübbecke konnten weitere Kontakte knüpfen. „Das wäre ohne die Städtepartnerschaft deutlich schwieriger. Hiermit werden Türen geöffnet“, sagt Laufer. Als weltweit tätiges Unternehmen werde sich die DENIOS AG (Bad Oeynhausen) im Frühjahr 2020 in Changzhou niederlassen. Der Trägerverein hatte DENIOS bei der Suche nach einem geeigneten Grundstück aktiv unterstützt.

Changzhou bei Nacht, Foto: Stadt Minden

Changzhou bei Nacht, Foto: Stadt Minden

Die Gespräche seien deutlich offener gewesen und es beginne ein Zusammenrücken, berichten die Teilnehmer. Beide Seiten hätten Interesse an einer engeren Vernetzung, hebt der Vorsitzende des Trägervereins hervor. Er und die anderen Delegationsmitglieder konnten bei einem internationalen Forum für Wissenschaft, Technologie, Außenhandel und Wirtschaftskooperation verfolgen, wie Unternehmen, führende Parteimitglieder und Vertreter der Stadt Changzhou feierlich Verträge unterzeichneten. „Es wird mehr Deutsch und nahezu von mittlerweile fast allen jungen Chinesen auch fließend Englisch gesprochen“, hat Olrik Laufer, der schon sechs Mal in Changzhou war, bemerkt. Rasch voran schreitet auch die Digitalisierung.

„Hier ist Changzhou deutlich weiter“, berichtet Dr. Thomas Janssens vom Radiologischen Versorgungszentrum OWL. Anamese-Bogen, wie sie vielfach in der Bundesrepublik Deutschland noch für die Aufnahme in ein Klinikum ausgefüllt werden müssen, gehören im modernen China der Vergangenheit an. Hier werden die Daten nach automatischer Abfrage gleich in ein Tablet eingegeben. Die Radiologie-Technik habe im Krankenhaus von Changzhou mitteleuropäischen Standard,  so der Experte Janssens. Eine Besonderheit in China sei, dass es keine Haus- und Fachärzte gebe. Wer krank ist, geht in die Klinik. Das wiederum führt dazu, dass deutlich mehr Patienten – ca. 2,4 Millionen pro Jahr – dort behandelt werden, als in vergleichbaren medizinischen Einrichtungen in Deutschland.

Bewundert und viel beachtet wurde Stadtmajor Heinz Joachim Pecher, der in seiner Eskadron-Uniform beim Empfang im Rathaus und auch bei einem Vortrag vor rund 100 deutschsprechenden Studentinnen und Studenten der Jiangsu University of Technology  erschien. Pecher brachte Mindener „Kulturgut“ mit nach Changzhou und stellte das Freischießen, als traditionsreichstes Fest seit 1682 vor. Zum Vortrag in der Universität wurde auch der neue Imagefilm gezeigt und Minden als touristisches Ziel vorgestellt. Mehr in den Mittelpunkt sollen in der Partnerschaft zwischen Minden und Changzhou die Kontakte unter den Bürger*innen rücken. „Völkerverständigung ist hier das Strichwort“, so Beigeordneter Lars Bursian, der das erste Mal in China war. Er sei auf „offene und entspannte“ Menschen getroffen, die sich von der alltäglichen Hektik auf den Straßen Changzhous nicht stressen lassen. Vieles sei – aufgrund der Einwohnerdichte – gut geregelt. Und überhaupt sei die Stadt recht grün und biete den vielen Menschen auch „Oasen der Ruhe“, ergänzt Dr. Thomas Janssens. Ein intensiverer Austausch unter Bürgern sei auch von der Stadt Changzhou gewünscht, berichtet Olrik Laufer. Das geht der Trägerverein jetzt mit einer Bürgerreise in die chinesische Metropole und zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten des Landes im Frühjahr 2020 an. In Kooperation mit „Reisen und Erleben“ (Minden-Rodenbeck) wird es vom 16. April bis 1. Mai eine organisierte Gruppenreise geben.

Mehr Informationen dazu gibt es unter www.reisenunderleben.info .

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