Knöllchen trotz regelkonformen Verhaltens

Lübbecke. Der Tag hätte so schön werden können. Wie jeden Morgen gegen 07:00 Uhr war der 15-jährige Timon Detert mit dem Fahrrad zum Wittekind-Gymnasium unterwegs. Und da Timon erst vor wenigen Monaten ein Hörbuch mit dem Text der Straßenverkehrsordnung gehört hatte, weiß er, wie er zu fahren hat. Das allerdings sahen drei Polizeibeamte, die gerade eine kreisweit angelegte Verkehrskontrolle in Lübbecke durchführten, anders. Sie stoppten ihn und seine Mitschülerin, als diese gerade auf der Gehlenbecker Straße Richtung Innenstadt fuhren. Fünf Euro musste Timon zahlen, weil er, so wurde ihm zur Last gelegt, widerrechtlich auf dem Fußweg gefahren sei. Der Schreck war groß, da half es auch nicht, dass die Beamten grundsätzlich sehr freundlich gewesen waren.

Timon, Karin und Stefan (v.l.) auf der Gehlenbecker Straße Richtung Innenstadt. Alle drei fahren korrekt, da man sowohl auf dem rot markierten Radstreifen auf dem Gehweg fahren darf, als auch auf der Fahrbahn. Foto: Petra Spona/IpF

Timon, Karin und Stefan (v.l.) auf der Gehlenbecker Straße Richtung Innenstadt. Alle drei fahren korrekt, da man sowohl auf dem rot markierten Radstreifen auf dem Gehweg fahren darf, als auch auf der Fahrbahn. Foto: Petra Spona/IpF

Timons Mutter Karin Detert wandte sich an die Initiative pro Fahrrad. Petra Spona, Sprecherin der Initiative, machte sich kundig und schätze ein, dass trotz fehlender Beschilderung die Jugendlichen auf dem roten Streifen in Fahrtrichtung hätten fahren dürfen. Da es allerdings immer wieder unterschiedliche Auslegungen der Straßenverkehrsordnung gibt und sich hier zudem in den letzten Jahren viel getan hat, wollte sie auf Nummer sicher gehen. Sie kontaktierte Carsten Tappe vom Lübbecker Polizeirevier.

Als Bezirksbeamter ist Carsten Tappe selbst viel mit dem Dienstfahrrad in Lübbecke unterwegs und hat Verständnis für den Ärger von Frau Detert. „Die Lage ist aus der Perspektive von Radfahrern oft sehr undurchsichtig“ gesteht er zu. „An vielen Stellen fehlt die Eindeutigkeit, welche Rechte und Pflichten Radfahrer haben, weil die Linienführung nicht konsequent durchdacht und markiert ist, wie dies für Autofahrer Standard ist“ erklärt er. „Die Unklarheiten gelten aber nicht nur für Radfahrer“, ergänzt er, „auch Autofahrer schätzen die Lage oft völlig falsch ein“. So machten Carsten Tappe und Petra Spona gerade an der Gehlenbecker Straße schon oft die Erfahrung, von Autofahrern angehupt zu werden, um statt auf der Straße auf dem Fußweg weiterzufahren. „Das aber ist definitiv falsch“ stellt Carsten Tappe klar: „Radfahrer gehören grundsätzlich auf die Straße, es sei denn, es wird eine abweichende Regelung per Verkehrszeichen, Markierungen oder Schutzstreifen vorgegeben“. Hinsichtlich der klaren Ausweisung für den Radverkehr auf deutschen und Lübbecker Straßen sieht Carsten Tappe „durchaus noch Luft nach oben“.

Dem Thema hat sich die Stadtverwaltung auch bereits angenommen. Malte Brosent vom Straßenverkehrsamt, mit dem die Initiative pro Fahrrad in regelmäßigem Austausch steht, hat sich die Situation an der Gehlenbecker Straße ebenfalls angesehen. Tatsächlich sei es so, erklärt er Frau Detert in einer E-Mail, dass ein Gehweg, der „zwei voneinander getrennte Verkehrsflächen aufweist […] als sogenannter sonstiger Radweg ausgewiesen“ sei. Lediglich eine Benutzungspflicht für Radfahrer bestehe dort nicht, betont er. Fahrradfahrer dürfen also auf der Gehlenbecker Straße sowohl auf der Fahrbahn, als auch auf dem rot markierten Streifen auf dem Fußweg fahren.

Demnach sind sich alle Beteiligten einig: Das Knöllchen für Timon Detert war nicht gerechtfertigt. Tröstlich ist, dass Abhilfe in Arbeit ist. Besonders gefreut hat Timon aber, dass Herr Tappe angekündigt hat, dass er seine fünf Euro zurückbekommt.

 

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