Lebende Lavakugeln, unsichtbare Pfeifenraucher und sprechende Wurzeln, die Geld aus dem Nichts schaffen: Noch vor hundert Jahren glaubten viele unserer Urgroßeltern an solche unheimlichen Wesen–an geisterhafte Gestalten, die in Kaminen lebten, in Scheunen umherflogen oder unter dem Ackerboden siedelten.
Bad Oeynhausen. Am Mittwoch, 16.8.2023, erwachen diese fast vergessenen Wesen für fünf Monate wieder zum Leben, und zwar im Deutschen Märchen- und Wesersagenmuseum Bad Oeynhausen. Dann nämlich startet die Sonderausstellung „Hausgeister! Heimliche Mitbewohner des deutschen Aberglaubens“.
Eine Sagenwelt so reich wie die Irlands oder Norwegens
Ob strenge Klaubautermänner, geheimnisvolle Holzfrauen, fleißige Wichtel oder düstere Tierdämonen–
sie und viele andere Wesen hat der Figurengestalter Florian Schäfer in Lebensgrößen nachgebaut und deutschlandweit auf Reise geschickt.
Zusammen mit seinem Team vom „Mythenatelier“ hat er knarzige Gesichter und verwitterte Hände aus Kunstmasse modelliert oder bucklige Körper aus Draht und vielen Schichten Polymer-Ton geformt. Mit Acrylfarbe, Kunsthaar und gläsernen Augen hat er den Wesen Leben eingehaucht, sie in historische Stoffe gekleidet und ihnen Besen, Wanderstäbe oder Schriftrollen in die Hand gedrückt. Das Ergebnis sind Figuren, die so lebensecht wirken, als wären sie direkt aus einer knatternden Mühle oder einer zugigen Scheune direkt ins Märchenmuseum gekommen.
„Diese Ausstellung macht den deutschen Aberglaubens in besonderer Detailtreue erlebbar“, sagt Dr. Hendrik Tieke, Leiter der Städtischen Museen Bad Oeynhausen. „Und sie zeigt, dass wir mindestens denselben Schatz an faszinierenden Wesen haben wie etwa die Iren mit ihren Kobolden, die Norweger mit ihren Trollen oder die Schotten mit ihren Geistern.“
Eine Reise zu den Ängsten und Träumen unserer Vorfahren
Somit ist die Sonderausstellung auch eine Reise in die Gedanken- und Gefühlswelt unserer Vorfahren: „Aberglaube hat schon immer die Ängste der Menschen widergespiegelt, genauso wie ihre Hoffnungen und Träume“, so Tieke. „Die Ausstellung zeigt damit auch eine vergangene Welt, die ihren Bewohnern unheimlich und unerklärlich schien-in der die Menschen aber auch viel bedächtiger und im Rhythmus mit der Natur lebten“.
Neben den lebensechten Figuren zeigt die Ausstellung auch, wo man in Deutschland an welche Wesen glaubte, wie man versuchte, mit ihnen in Kontakt zu treten oder wie die Wissenschaft sie heute erforscht.