Projekttag zum Europäischen Kulturerbejahr im Museum

Paderborn. Die europäischen Wurzeln entstanden nicht erst im vergangenen Jahrhundert, sondern reichen bis in das frühe Mittelalter zurück. Dies verdeutlichte der Projekttag am Freitag (6.7.) zum Europäischen Kulturerbejahr 2018 im Museum in der Kaiserpfalz Paderborn. Unter dem Motto „Annäherung über Grenzen hinweg? Das Fränkische Reich und Westfalen“ bot das Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) zusammen mit der LWL-Denkmalpflege und der LWL-Archäologie ein breites Programm aus Mitmach-Aktionen, einer neuen Führung und Vorträgen. 

Schülerinnen der Klasse 7b des Paderborner Gymnasiums Theodorianum erkunden das Museum in der Kaiserpfalz. Foto: LWL/Nadine Merschmann

Schülerinnen der Klasse 7b des Paderborner Gymnasiums Theodorianum erkunden das Museum in der Kaiserpfalz.
Foto: LWL/Nadine Merschmann

Das neue museumspädagogische Programm betont die Bedeutung der historischen Pfalz und ihrer europäischen Vernetzung. „Wir wollen das lokale Kulturerbe im europäischen Kontext sicht- und verstehbar machen“, erklärt LWL-Denkmalpfleger Dr. Oliver Karnau. „Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen steht dabei im Vordergrund.“

Zur Premiere des anderthalbstündigen Rundgangs „Westfalen im frühen Mittelalter“ nahm eine 7. Klasse des Gymnasiums Theodorianum als erste Gruppe teil. Ebenso wie die Schülerinnen freuten sich auch Direktorin Nicole Michaelis und Lehrerin Judith Mühleck über die Beteiligung der Klasse am Projekttag.

Die Themenführung für die Mittel- und Oberstufe führt vor Augen, wie das alltägliche Leben von Erfindungen und Traditionen geprägt ist, die aus anderen Regionen und Ländern stammen. Das war schon im Mittelalter so. Ausgehend von den eigenen Erfahrungen der Schüler mit den Einflüssen anderer Kulturen richtet die Führung den Blick auf die frühmittelalterlichen Veränderungen in Paderborn.

Damals eroberten die Truppen Karls des Großen das heutige Westfalen, damit kamen das Christentum, die lateinische Sprache und neue Gesetze. Originale Funde aus dieser Zeit in den Händen der Schülerinnen machten deutlich, dass einige dieser Veränderungen bis in die Gegenwart reichen. „Auch die Paderborner Pfalz hat zahlreiche Beziehungen in das Europa Karls des Großen“, erläuterte Museumsleiter Dr. Martin Kroker. „Der Verfasser des sogenannten Paderborner Epos benennt Karl den Großen um das Jahr 800 erstmals als ‚pater europae‘, also Vater Europas.“

Die Führung ist dauerhaft Teil des Museumsprogramms und kann in Kürze gebucht werden.

Um das Leben im frühen Mittelalter bildhaft zu veranschaulichen, kamen zur Premiere der Führung Darsteller in zeitgemäßer Kleidung in das Museum. Die Gruppe „Nordvolk zu Ravensburg“ präsentierte mit Webbrettchen und Spinnwirtel historische Techniken der Textilverarbeitung – zum Anfassen statt hinter Glas. Hier konnten die Kinder ihr eigenes Armband herstellen oder nachvollziehen, wie aus Schafwolle Stoff entsteht.

Das heutige Europa existierte weder im Römischen noch im Fränkischen Reich. Gebiete wurden siegreich errungen, zurückerobert, man bekämpfte und beeinflusste sich. Dennoch reichen die Anfänge eines zusammengerückten Europas weit zurück. „Europa soll nicht als etwas Fernes, Abgehobenes wahrgenommen werden, sondern als etwas, das zu uns gehört“, betonte Michael Pavlicic, der erste stellvertretende Vorsitzende der LWL-Landschaftsversammlung, in seiner Rede. „Unser kulturelles Erbe erzählt von einer gemeinsamen europäischen Geschichte, auch ganz lokal bei uns zuhause.“

Anlässlich des Projekttages hielt der Direktor der LWL-Archäologie für Westfalen Prof. Dr. Michael Rind einen Vortrag zur Berliner Sonderausstellung „Bewegte Zeiten. Archäologie in Deutschland“. Über 1.000 herausragende archäologische Funde aus ganz Deutschland sind ab dem 21. September im Martin-Gropius-Bau zu sehen. Die Sonderausstellung zählt zu den Höhepunkten des Europäischen Kulturerbejahres. Auch die LWL-Archäologie für Westfalen ist als westfälische Landesarchäologie mit spektakulären Funden in der Berliner Ausstellung vertreten.

Darunter sind auch neue Funde, die erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden. Auch die aufwändige Nachbildung einer römischen Kline aus Haltern am See, einer Speise- oder Ruheliege der Römer, zählt zu den Neulingen. „Austausch und Bewegung schlagen sich auch in westfälischen Funden nieder“, so Rind. „Neben Reisen und Handel war schon lange vor Karl dem Großen die militärische Expansion eine Hauptursache menschlicher Mobilität und des kulturellen Austauschs. Darauf wirft auch dieser römische Fund aus Westfalen ein Schlaglicht.“ „Bewegte Zeiten“ ist die erste Zusammenschau zur Archäologie in Deutschland seit 15 Jahren.

Im Rahmen des Europäischen Kulturerbejahres 2018 beteiligt sich der LWL mit verschiedenen Aktionen an ausgewählten Standorten und Denkmälern in Westfalen.

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