„Angewandte Wissenschaft“: HSBI testet Kunststoff- vs Metallbauteile

Die Ökobilanz soll Auskunft über die Nachhaltigkeit eines Produktes geben. Studierende der Hochschule Bielefeld (HSBI) vom Campus Minden haben im Projekt „Angewandte Wissenschaft“ den Test gemacht und den sogenannten CO₂-Fußabdruck von zwei fast identischen Stapelkästen ermittelt und miteinander verglichen: eines aus Kunststoff, eines aus Metall. Ihre Erkenntnisse stellten die Studierenden jetzt ihren Kommilitonen vor.

Metall oder Kunststoff? Welches Produkt hinterlässt den geringeren CO2-Fußabdruck? (Foto: P. Pollmeier/HSBI)

Metall oder Kunststoff? Welches Produkt hinterlässt den geringeren CO2-Fußabdruck? (Foto: P. Pollmeier/HSBI)

Minden (hsbi). Jute statt Plastik? „Die Bewertung der Umweltfreundlichkeit eines Materials beruht oft auf einer gefühlten Wahrheit“, sagt Prof. Dr.-Ing. Daniel Paßmann und verweist auf die Tütenfrage im Supermarkt. „Die Stofftasche wirkt auf viele nachhaltiger.“ Aber Gefühle können auch täuschen, für die Produktentwicklung reichen sie deshalb kaum aus. „Hier sind Fakten gefragt.“ Deshalb hat Paßmann, am Campus Minden der Hochschule Bielefeld (HSBI) zuständig für das Lehrgebiet Kunststofftechnik, zusammen mit seinen Studierenden genauer hinzuschauen.

Denn für industriell hergestellte Massenprodukte wird ein sogenanntes Life Cycle Assessment (LCA), also eine Analyse des gesamten Produktlebenszyklusses, immer wichtiger. Dafür werden die Auswirkungen des Produkts auf die Umwelt analysiert und bewertet, mit besonderem Augenmerk auf den CO₂-Ausstoß. „Angesichts des Klimawandels sind Kunden mittlerweile für das Thema sensibilisiert und wollen wissen, wie groß der CO₂-Fußabdruck eines Produktes ist“, erklärt Paßmann. Aufgrund seiner Aktualität und Praxisnähe war das Thema ideal als Projekt „Angewandte Wissenschaft“ (PAW) geeignet.

Praxisnahe, fächerübergreifende Projektarbeit

Am Campus Minden sind PAWs seit langem bewährt als besonderes Format der praxisintegrierten Bachelorstudiengänge Maschinenbau, Elektrotechnik und Wirtschaftsingenieurwesen. In diesen Studiengängen sind die Studierenden über die gesamte Studiendauer in einem Unternehmen angestellt und durchlaufen abwechselnd mehrwöchige Praxisphasen im Betrieb und Theoriephasen an der HSBI. „In den PAWs üben die Studierenden, Theorie und Praxis miteinander zu verknüpfen. Sie bearbeiten im Team eigenverantwortlich eine praxisnahe Aufgabe, müssen ihr Wissen einbringen und dürfen probieren, testen, optimieren“, erläutert Daniel Paßmann das Konzept. Am Ende des Semesters präsentieren die Studierenden sich gegenseitig ihre Ergebnisse, auch das gehört zu einem praxisnahen Projekt dazu. Für Paßmanns PAW-Angebot „Wege zur Nachhaltigkeit: Life Cycle Assessment und CO₂-Bilanzierung von Kunststoffbauteilen“ bedeutete das: ein vergleichbares Produkt aus verschiedenen Materialien für ein LCA auswählen, eine möglichst vollständige CO₂-Bilanzierung durchführen, die Bauteile praktisch fertigen und mit einem alternativen Werkstoff hier Kunststoff / Metall vergleichen.

Auch die Ergebnisaufbereitung ist neben der Herstellung Teil des Projekts Angewandte Wissenschaft. (Foto: P. Pollmeier/HSBI)

Auch die Ergebnisaufbereitung ist neben der Herstellung Teil des Projekts Angewandte Wissenschaft. (Foto: P. Pollmeier/HSBI)

Thema am Puls der Zeit

„Spannend“, findet Maschinenbaustudent Keno Kaufmann. „Das ist ein Thema am Puls der Zeit.“ Zusammen mit sechs angehenden Maschinenbauern, Wirtschaftsingenieuren und einer Elektrotechnikerin machte er sich an die Umsetzung. Dafür wählte die Gruppe ein Stapelkästchen aus Polypropylen (PP), das sie mit einem Ebensolchen aus Edelstahl vergleichen wollte. Bei der Analyse wurde schnell klar: „Es gibt keine feste Norm für die CO₂-Bilanzierung von Produkten“, nennt Kaufmann die Herausforderung. Das heißt, Hersteller können im Prinzip selbst entscheiden, welche Faktoren sie für eine CO₂-Bilanz ihres Produkts berücksichtigen. „Für LCAs gibt es zwar verschiedene Konzepte wie „cradle-to-cradle“, (vollständige Kreislaufwirtschaft von der Entstehung bis zur Wiederverwertung) oder „cradle-to-gate“ (von der Entstehung bis zum Verlassen des Werkstores), die ganz unterschiedliche Ansätze für den Lebenszyklus eines Produkts umfassen“, erläutert Prof. Paßmann. „Aber dem einen Hersteller ist es, salopp gesprochen, egal, was vor den eigenen Werkstoren passiert, und dem anderen ist es wichtig.“ Dementsprechend wird beispielsweise die Rohstoffgewinnung bei der Bilanzierung berücksichtigt oder nicht. Wie sollen Kunden so die Nachhaltigkeit von Produkten wirklich vergleichen können?

Modellunternehmen hilft beim Vergleich von Metall und Kunststoff

Kurzerhand simulierten die Studierenden ein mittelständisches Modell-Unternehmen, in dem neben anderen Produkten auch die beiden Kästchen hergestellt werden. „So konnten wir für beide Produkte jeweils optimale Rahmenbedingungen in der Fertigung schaffen“, erklärt Jan-Niklas Borcherding. Dazu gehörten auch das Gebäude, der Arbeitsweg der Mitarbeitenden, Verpackung und Handling sowie der Transport der Ware. Aber die Fertigung allein reichte den Studierenden für ihre Bilanzierung nicht aus. „Das Material ist ein wesentlicher Bestandteil des Produkts, deshalb haben wir auch die Rohstoffgewinnung berücksichtigt“, sagt Borcherding. Damit waren die Bilanzgrenzen gezogen und die Vergleichbarkeit der verschiedenen Kästchen sichergestellt: für beide galten dieselben Parameter.

Nur noch die passenden Daten fehlten. Für einige Faktoren konnten die Studierenden auf die Datenbank ProBas und Studien des Umweltbundesamtes zurückgreifen und beispielsweise die Emissionswerte für die Rohstoffe, den Transport oder den durchschnittlichen Arbeitsweg von Mitarbeitenden bestimmen. Bei den Betriebsmitteln brauchte es den direkten Kontakt zum Hersteller. „Aber viele kannten die CO₂-Bilanz ihrer Maschinen selbst nicht oder wollten sie vielleicht nicht teilen“, beschreibt Keno Kaufmann die Schwierigkeit. Und auch für die Fertigung fehlten Daten.

Keno Kaufmann: „Materialeinfluss und Nutzungsdauer der Bauteile dominieren den C02-Fußabdruck.“ (Foto: P. Pollmeier/HSBI)

Keno Kaufmann: „Materialeinfluss und Nutzungsdauer der Bauteile dominieren den C02-Fußabdruck.“ (Foto: P. Pollmeier/HSBI)

Aber dafür gibt es die Maschinenhalle am Campus Minden. Neben der Spritzgießmaschine steht ein großer Kasten voller kleiner Kunststoffkästchen. Fynn Zierenberg greift eines heraus. „Wir haben gemessen, wie lange die Maschine für die Herstellung von zwölf solcher Stapelkästen braucht.“ Es sind 20 Sekunden. Ein baugleiches Metallkästchen liegt direkt daneben. „Das Schweißen der Metallkästen mit dem Laser ist sehr CO₂-intensiv. Es macht einen großen Unterschied für die Bilanz, ob man dafür drei Sekunden braucht oder acht.“ Die Ergebnisse der praktischen Fertigungsversuche gingen direkt in die Bilanzierung ein.

„Die Lebensdauer schlägt alles“

Schließlich stand die Bilanz. Und sorgte für Überraschungen: Mit über 90 Prozent beim Metall und immerhin noch 67% beim Kunststoff verursacht das Material den höchsten Anteil der CO₂-Emissionen. „Und nicht wie gemeinhin angenommen die Fertigung. Aber auch der Arbeitsweg der Mitarbeitenden wirkt sich relativ stark aus“, sagt Fynn Zierenberg. So war das Ergebnis des Vergleichs eindeutig: Das Metallkästchen erzeugt fast 3,8 Mal mehr CO₂ bei der Herstellung. Es sei denn, es wird knapp 12 Jahre lang genutzt. „Dann erreicht es den gleichen Wert wie das Kunststoffteil bei nur 3-jähriger Nutzung. Die Nutzungsdauer schlägt also alles“, sagt Daniel Paßmann. Darüber hinaus hat das PAW dem Professor vor allem eines gezeigt: „Man muss sehr genau hinschauen, welche Faktoren die CO₂-Bilanz eines bestimmten Produkts umfasst. Die Studierenden haben so gelernt, Daten von Life Cycle Assesments kritisch zu hinterfragen und ein sinnvolles Vorgehen für eigene Produktbilanzen zu entwickeln.“

Vielleicht hat das Projekt den einen oder anderen inspiriert, sich tiefergehend mit dem Thema zu befassen – sei es privat oder im Unternehmensumfeld. Eine gute Erfahrung für fächerübergreifende Projektarbeit war es auf jeden Fall.

Verleihung des Kunststoff-Innovationspreises 2021 an Jowat SE

Ostwestfalen-Lippe. Am 29. September 2021 fand im Rahmen der 13. Jahrestagung des Branchennetzwerks Kunststoffe in OWL e.V. die Verleihung des Kunststoff-Innovationspreises in den Kategorien Industrie und Nachwuchs statt. Bei der alljährlichen Tagung des Vereins trifft sich traditionell die Kunststoffindustrie aus der Region Ostwestfalen-Lippe, um über aktuelle und bewegende Themen zu diskutieren und diese anhand von Fachbeiträgen aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Insbesondere sollen durch die Verleihung des Kunststoff-Innovationspreises Ideen und Lösungen gewürdigt werden, die zukunftsorientiert und nachhaltig die Kunststofftechnik und deren Anwendungen sichern und voranbringen. Der Preis wird bereits zum 6. Mal vergeben. Aufgrund der weiterhin erschwerten Bedingungen durch die Corona-Pandemie wurde die Jahrestagung erneut als hybride Online-Veranstaltung durchgeführt. Wie bereits im letzten Jahr fand die Übertragung live aus dem Institut für Kunststoffwirtschaft in Lemgo statt.

Freuen sich über eine gelungene Veranstaltung: v.l.n.r. Carsten Kießler (Leiter ikuowl, Vorstand KiOWL, Mitglied Jury Kunststoff-Innovationspreis), Stefan Schmedding (Vereinsvorsitzender KiOWL), Katja Seibel (Leitung Geschäftsstelle KiOWL), Dr. Hartmut Henneken (Jowat SE, Preisträger Kunststoff-Innovationspreis „Industrie“), Prof. Volker Schöppner (KTP Universität Paderborn, Jury Kunststoff-Innovationspreis), Dennis Wiechers (Student TH OWL, Preisträger Kunststoff-Innovationspreis „Nachwuchs“), Dr. Matthias Hopp (KTP Universität Paderborn, Jury Kunststoff-Innovationspreis), Klas Hellmann (PHOENIX CONTACT Electronics, Betreuer d. Abschlussarbeit v. Dennis Wiechers)

Freuen sich über eine gelungene Veranstaltung: v.l.n.r. Carsten Kießler (Leiter ikuowl, Vorstand KiOWL, Mitglied Jury Kunststoff-Innovationspreis), Stefan Schmedding (Vereinsvorsitzender KiOWL), Katja Seibel (Leitung Geschäftsstelle KiOWL), Dr. Hartmut Henneken (Jowat SE, Preisträger Kunststoff-Innovationspreis „Industrie“), Prof. Volker Schöppner (KTP Universität Paderborn, Jury Kunststoff-Innovationspreis), Dennis Wiechers (Student TH OWL, Preisträger Kunststoff-Innovationspreis „Nachwuchs“), Dr. Matthias Hopp (KTP Universität Paderborn, Jury Kunststoff-Innovationspreis), Klas Hellmann (PHOENIX CONTACT Electronics, Betreuer d. Abschlussarbeit v. Dennis Wiechers)

Die diesjährige Tagung stand ganz unter dem Motto „Kunststoffe im Fokus der Nachhaltigkeit“. Trotz des vor allem durch die Corona-Pandemie bedingten Wandels der Wahrnehmung von Kunststoffen von einem vermeintlich problematischen Werkstoff hin zu einer Wertschätzung seiner anwenderfreundlichen Funktion, steht eine kritische Diskussion um Kunststoffe und Klimaschutz weiterhin im Fokus der Öffentlichkeit. „Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit sind zentrale Aspekte, die auch die Kunststoffbranche umtreiben. Dabei sind unter anderem Ressourceneffizienz, Kreislaufwirtschaft und neue regulatorische Rahmenbedingungen drängende Themen, mit denen sich die Kunststoffbranche sehr vielschichtig auseinandersetzt“ so Stefan Schmedding, Vereinsvorsitzender Kunststoffe in OWL e.V. in seiner Begrüßung der rund 75 Gäste.

Bei den Fachbeiträgen reichte das Themenspektrum vom Klimawandel in der Kunststoffproduktion bis hin zur nachhaltigen Personalarbeit. Auch das Lieferkettengesetz als überaus aktuelles und vorherrschendes Thema in der Branche, nahm eine zentrale Rolle ein. Nach einem informativen Kurzvortrag von Andreas Henkel (IHK Lippe zu Detmold) diskutierten Vertreter aus der Branche in einer sehr engagierten Podiumsdiskussion zu den Auswirkungen des Gesetzes auf den Mittelstand der Region. Die hohe Emotionalität des Themas war allen Beteiligten anzumerken.

Highlight des Abends war die Verleihung des Kunststoff-Innovationspreises, der sich in diesem Jahr gut in das Motto der Tagung einreihte. In der Kategorie „Industrie“ wurde die Jowat SE aus Detmold, für Ihre Entwicklung einer thermoplastischen Montagehilfe in Photovoltaik-Wafer Sägeprozessen geehrt. Hierbei hat die Jury insbesondere die hohe Transferfähigkeit beeindruckt, berichten Prof. Volker Schöppner und Dr. Matthias Hopp (KTP Universität Paderborn): „Recycling erfordert bei Werkstoffverbunden, dass man die Komponenten nach dem Gebrauch wieder trennen kann. Diese Entfügbarkeit ist beim Kleben sehr schwierig. Die Innovation von Jowat verbindet sehr hohe Festigkeit mit kostengünstiger Lösbarkeit und ist richtungsweisend für eine ressourcenschonende Zukunft.“ Dr. Hartmut Henneken, Leiter Forschungsdienste bei Jowat nahm den Preis live vor Ort stellvertretend für sein Team entgegen. Als Nachwuchspreisträger stellte Dennis Wiechers seine Abschlussarbeit (TH OWL) vor, die er bei der PHOENIX CONTACT Electronics GmbH in Bad Pyrmont verfasst hatte. Dabei entwickelte er ein Tool, das es dem Nutzer ermöglicht, eine gezielte Vorauswahl für Kunststoffe in bestimmten Anwendungsfällen zu erhalten. Der Nachwuchspreis ist seitens des Vereins mit 500 EURO dotiert.

Die besonderen Auszeichnungen, die passend zur Region vom Hermannsdenkmal inspiriert sind, wurden erneut von der Firma H&H aus Leopoldshöhe gefertigt und gesponsert.

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Wissenschaftler entwickeln Verfahren zur Herstellung neuer Kunststoffmaterialien

 (Universität Paderborn, Kamil Glabica): Freuen sich über das neue Labor: v. l. Klaus Watermeier (Dezernat 5 der Universität Paderborn), Dr.-Ing. Steffen Jesinghausen (Lehrstuhl für Partikelverfahrenstechnik), Manfred Gulde (BLB NRW), Ulrich Olfermann (Dezernat 5 der Universität Paderborn), Dr.-Ing. Matthias Hopp (Lehrstuhl für Kunststofftechnik Paderborn) und Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Schmid (Inhaber des Lehrstuhls für Partikelverfahrenstechnik).

(Foto: Universität Paderborn, Kamil Glabica): Freuen sich über das neue Labor: v. l. Klaus Watermeier (Dezernat 5 der Universität Paderborn), Dr.-Ing. Steffen Jesinghausen (Lehrstuhl für Partikelverfahrenstechnik), Manfred Gulde (BLB NRW), Ulrich Olfermann (Dezernat 5 der Universität Paderborn), Dr.-Ing. Matthias Hopp (Lehrstuhl für Kunststofftechnik Paderborn) und Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Schmid (Inhaber des Lehrstuhls für Partikelverfahrenstechnik).

Paderborn. Die Medizin, die Luftfahrt und die Automobilbranche sind häufig auf sehr komplexe Kunststoff-Bauteile angewiesen. Mithilfe additiver Fertigungsverfahren, häufig auch 3D-Druck genannt, können diese individuell, unkompliziert und in passender Stückzahl hergestellt werden. Ein weit verbreitetes und qualitativ hochwertiges Verfahren in diesem Bereich ist das sogenannte Lasersintern. Dabei bringt ein Laser ein Polymerpulver erst zum Schmelzen und baut anschließend das gewünschte Kunststoff-Bauteil schichtweise auf. Doch es gibt einen Haken: Für das Verfahren stehen bislang nur wenige Materialien zur Verfügung, da die Herstellung von sehr feinen Polymerpulvern sehr aufwändig ist und nur für wenige Materialien entsprechende Verfahren etabliert sind. In einem Forschungsprojekt wollen Wissenschaftler der Universität Paderborn daher neue Verfahren zur Herstellung beliebiger Kunststoffmaterialien in Pulverform entwickeln. Dafür wurde eine Laborhalle aufwändig umgebaut, mit den benötigten Apparaturen und Maschinen ausgestattet und nun nach rund zweijähriger Planungs- und Bauzeit fertiggestellt. Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) fördert das auf drei Jahre angelegte Projekt mit einem Projektvolumen von rund 3,8 Millionen Euro.

„Industrial Manufacturing in North Rine Westphalia“ (iAMnrw-Materials), so der Projekttitel, bündelt die Kompetenzen der Kunststofftechnik Paderborn (KTP) und des Lehrstuhls für Partikelverfahrenstechnik (PVT) sowie des Lehrstuhls für Werkstoffkunde (LWK) für ein weiteres Projekt zur Herstellung von Metallpulvern und ist zentral im Paderborner Institut für Additive Fertigung (PIAF) angesiedelt. Hochdruck-Tanks mit Kohlenstoffdioxid und Stickstoff, Filtertechnik-Anlagen, umfangreiche Lüftungssysteme – all das befindet sich in dem zweistöckigen Labor, das für die spezielle Forschungsausrichtung des Projekts umgebaut wurde. Hier sollen künftig nicht nur neue Verfahren zur Herstellung von Kunststoffen in Pulverform entstehen, sondern auch gänzlich neue Materialien für den Lasersinter-Prozess erschlossen werden. „Aktuell beschränkt sich die Herstellung von Kunststoff-Bauteilen mithilfe additiver Fertigung zu über 90 Prozent auf PA12, eine spezielle Variante von Nylon. Eine Erweiterung des Materialportfolios ist daher dringend erforderlich. Wenn wir neue Materialien entwickeln wollen, müssen diese komplexen Anforderungen gerecht werden. Nur durch neue Materialien können Eigenschaften wie Elastizität, Härte und Temperaturfestigkeit in den späteren Produkten entscheidend verbessert werden.

Das würde eine ganze Reihe neuer Anwendungen ermöglichen“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Schmid, Gesamt-Projektleiter und Inhaber des Lehrstuhls für Partikelverfahrenstechnik. „Das Hochtechnologie-Labor wurde in enger, konstruktiver Zusammenarbeit mit der Bezirksregierung Detmold, dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb Bielefeld, den beteiligten Wissenschaftlern und dem Dezernat 5 der Universität Paderborn finanziert, geplant und realisiert. Mit dem Bau des Labors wurde die kontinuierliche Erweiterung des Hochtechnologiestandortes Universität Paderborn vorangetrieben und der Region OWL wurden weitere Zukunftsperspektiven in der Hightech-Forschung eröffnet“, unterstreicht Klaus Watermeier, Leiter des Sachgebiets Bauangelegenheiten im Dezernat 5. Mithilfe von Stickstoff und CO2 zu neuen Materialien Um für unterschiedliche Ausgangsmaterialien das bestmögliche Verfahren wählen zu können, haben sich die Wissenschaftler für zwei unterschiedliche Ansätze entschieden. Mithilfe des ersten Ansatzes wollen sie grobe Materialien durch sogenannte „kryogene Vermahlung“ in Pulverform überführen. Dabei findet eine Zermahlung des Kunststoffes bei starker Unterkühlung mit flüssigem Stickstoff statt. Damit das so erzeugte, kantige Pulver die hohen Anforderungen des Lasersinter-Prozesses erfüllt, muss es anschließend abgerundet werden. Auch dafür nimmt das Projektteam verschiedene Strategien unter die Lupe.

Der zweite Ansatz fokussiert sich auf einen neuartigen Sprühprozess. Dabei wird überkritisches CO2 in einem Extruder mit geschmolzenem Polymer vermischt und anschließend in einem Sprühturm verdüst. Auf diese Weise sollen direkt runde Partikel in der gewünschten Größe entstehen. Co-Projektleiter Prof Dr.- Ing. Volker Schöppner, Inhaber des Lehrstuhls für Kunststoffverarbeitung und Vizepräsident für Lehre, Studium und Qualitätsmanagement: „Die Schwierigkeiten liegen einerseits in der schonenden Herstellung einer homogenen Mischung von CO2 und Polymer und andererseits in dem anschließenden Sprühprozess zur Herstellung der Kunststoffpulver mit den gewünschten Eigenschaften. Dies kann nur ist einer engen Zusammenarbeit von Kunststofftechnik und Verfahrenstechnik gelingen.“ Individuelle Lösungen für Orthopädie, Zahnmedizin und Co. Die große Stärke des 3D-Druck-Verfahrens, das in Paderborn weiterentwickelt werden soll, zeigt sich für die Wissenschaftler besonders in seiner Individualisierung. So könnten etwa Hilfsmittel in der Orthopädie oder Zahnmedizin individuell angefertigt werden, ohne bei ihrer Herstellung auf spezielle Werkzeuge zurückgreifen zu müssen.

Auch die rund 4.500 Gesichtsschutzschilder, die das Direct Manufacturing Research Center (DMRC) der Universität zu Beginn der Corona Pandemie für örtliche Krankenhäuser, Arztpraxen und Pflegeheime angefertigt hatte, zeigten, wie schnell mit dieser Technik auf neue Herausforderungen reagiert werden kann. Paderborner Institut für Additive Fertigung bündelt die Forschungskompetenzen Für die Universität Paderborn ist das Projekt ein entscheidender Schritt, um den Forschungsbereich Additive Fertigung weiter zu stärken: „Wenn wir mithilfe dieses Projekts nicht mehr auf die am Markt verfügbaren Materialien beschränkt sind, sondern selbst neue Materialien entwickeln können, wird uns das ganz neue Möglichkeiten im Bereich der Forschung und Weiterentwicklung des Kunststoff-Lasersinterns eröffnen. Damit werden wir im Paderborner Institut für Additive Fertigung dann die Kompetenz für die gesamte Prozesskette vom Material bis zum fertigen Bauteil gebündelt haben“, erklärt Hans-Joachim Schmid. Laut Volker Schöppner würden sich so gerade für den wissenschaftlichen Nachwuchs neue Möglichkeiten ergeben: „Das Projekt erlaubt es auch, unsere Studierenden aus den Studiengängen Maschinenbau und Chemieingenieurwesen in Forschungsprojekte auf modernstem Niveau einzubinden und somit eine bestmögliche Vorbereitung für den Arbeitsmarkt von morgen anzubieten.“ Weitere Informationen zum Projekt: http://go.upb.de/iAMnrw.

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Wöchentliche Einblicke in die Arbeit des Mindener Museums

 Videos und Rätselbögen auf der Internetseite abrufbar

Minden. Mit zwei neuen Aktionen möchte das Mindener Museum auch während der Schließphase seine Ausstellungen für Besucher*innen zugänglich machen. Ab sofort erscheint jeden Donnerstag auf der Internetseite des Museums www.mindenermuseum.de ein kurzes Video, das die aktuelle Sonderausstellung „Plastic Icons – Aufbruch ins Kunststoffzeitalter“ in mehreren Etappen vorstellt. Geplant sind außerdem weitere Videos zu besonderen Objekten der Dauerausstellung.

Haartrockner aus der Sammlung des Deutschen Kunststoff-Museums Düsseldorf, 1960er bis 70er Jahre © Mindener Museum

Haartrockner aus der Sammlung des Deutschen Kunststoff-Museums Düsseldorf, 1960er bis 70er Jahre © Mindener Museum

Für Familien mit Kindern ab sechs Jahren stellt das Museum ebenfalls jeden Donnerstag einen Rätselbogen auf seine Homepage. Bisher erschienen sind zwei Rätsel zur aktuellen Plastikausstellung sowie ein weiteres unter dem Titel „Feuer&Flamme“. Die Rätsel können als PDF heruntergeladen und ausgedruckt werden. Lösungen gibt es immer gleich dazu. Für die nächste Woche ist bereits ein Osterrätsel in Planung. Weitere Informationen unter www.mindenermuseum.de, 0571-9724020 oder museum@minden.de.

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