FeDiNAR – Institut für Kunststoffwirtschaft OWL führt visionäres Lernkonzept ein

Kreis Lippe/Lemgo.. Als nachfrageorientiertes Dienstleistungszentrum mit Beratungs- und Vernetzungsfunktion trägt das Institut für Kunststoffwirtschaft OWL – ikuowl zur langfristigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Kunststoffindustrie bei. Mit dem ikuowl ist eine Institution entstanden, die ein durchlässiges und integriertes Ausbildungsangebot vom Verfahrensmechaniker über den Meister und den Techniker bis zum Ingenieur bereithält. Durch eine enge Kooperation nutzen Berufskollegs, Hochschule und die Wirtschaft am Standort Lemgo entstandene Synergien und bieten ein kunststoffspezifisches Netzwerk für die ganze Region. Das ikuowl ist Partner und Bestandteil des Innovation Campus Lemgo.

Im interdisziplinären Austausch: v. l. Tobias Döhring, Lukas Dunsche, Carsten Kießler (Ausbilder und Leiter des IKU), Dennis Kobelt, Jan-Phillip Herrmann (wissenschaftliche Mitarbeiter im FeDiNAR-Projekt)

Im interdisziplinären Austausch: v. l. Tobias Döhring, Lukas Dunsche, Carsten Kießler (Ausbilder und Leiter des IKU), Dennis Kobelt, Jan-Phillip Herrmann (wissenschaftliche Mitarbeiter im FeDiNAR-Projekt)

In Kooperation mit der Technischen Hochschule OWL ermöglicht das ikuowl als Partner im Forschungsprojekt FeDiNAR die Digitalisierung der Ausbildung in der Kunststofftechnik. FeDiNAR steht für „Fehler didaktisch nutzbar machen durch Augmented Reality“ und lässt Auszubildende eigenständig Aufgaben innerhalb des Lehrbetriebs lösen, Fehler machen und die Konsequenzen erleben. Fehler und das Erleben daraus resultierender Konsequenzen beeinflussen bisherige Lernprozesse positiv und erfordern eine Erweiterung der Problemlösekompetenz. Da Fehler auch zu möglichen wirtschaftlichen oder gesundheitlichen Schäden führen können, werden sie jedoch in der Regel in der Ausbildung vermieden.

Ein Beispiel aus der Praxis: Zieht ein Azubi die Pratzen zur Befestigung eines Spritzgießwerkzeugs an einer Maschine mit einem zu geringen Drehmoment an, kann es zu einem Versatz der Werkzeughälften kommen. Möchte der Azubi nun die Werkzeughälften zusammenfahren, passen diese möglicherweise nicht mehr richtig aufeinander. Das führt zu einer Beschädigung der Werkzeuginnenkontur und somit zu einem hohen wirtschaftlichen Schaden. Um das zu verhindern müssen die Ausbilder des ikuowl besonders aufmerksam sein und zügig eingreifen. Bei der Betreuung von bis zu 30 Auszubildenden gleichzeitig stellt dies eine große Herausforderung für das Ausbildungspersonal dar.

Diese Verantwortung übernimmt zukünftig das im Forschungsprojekt entwickelte FeDiNAR-System. Es ermöglicht dem Azubi Fehler zu machen und aus den Konsequenzen seines Handelns durch die Verwendung von erweiterter Realität (Augmented Reality) zu lernen. Gleichzeitig werden wirtschaftliche oder gesundheitliche Schäden vermieden. Durch eine AR-Brille und Sensoren beobachtet das FeDiNAR-System die Handlung des Azubis und den Zustand der verwendeten Maschine. Im genannten Beispiel schreitet das FeDiNAR-System ein, noch bevor es zu einem realen Schaden kommen kann und zeigt dem Azubi die zu erwartenden Konsequenzen seines gerade vermiedenen Fehlers als bewegtes Hologramm in der AR-Brille. Im Anschluss wird dem Azubi zudem die Möglichkeit geboten der Ursache seines Fehlers auf den Grund zu gehen. Anhand einer Aufzeichnung der durchgeführten Lernaufgabe reflektieren Ausbilder und Azubi im Nachgang den Handlungsverlauf und entwickeln alternative Vorgehensweisen. Dies steigert den Lernerfolg und das Verständnis für die Prozesse. „Durch FeDiNAR sind Fehler nicht mehr Teil einer Einweisung, sondern ein Erlebnis mit emotionalem Wert“, erläutert Carsten Kießler, Leiter des ikuowl.

Zur Anbindung des FeDiNAR-Systems stellt das ikuowl eine mit der Industrie 4.0-Schnittstelle OPC UA ausgerüstete Spritzgießmaschine von ARBURG bereit. Die Ausbilder des ikuowl tragen durch ihr Expertenwissen über mögliche Fehler und deren Konsequenzen zur Realisierung realitätsnaher Lernszenarien bei. Die Entwicklung von Lernszenarien ist ein interdisziplinärer Prozess und erfordert den Austausch zwischen den Bereichen Kunststofftechnik und Informationstechnik.

Beide Fachbereiche spezifizieren mögliche Fehlerbilder im Verarbeitungsprozess mit zulässigen und unzulässigen Parameterbereichen. Die Entwicklung eines mathematischen Modells macht diese Zusammenhänge anschließend für den Computer verständlich. Auch Produktdesigner profitieren von der Entwicklung solcher Lernszenarien durch die Gestaltung Digitaler Zwillinge. Diese dienen zur Entwicklung von CAD-Modellen des realen Produkts sowie weiterer im Arbeitsprozess verwendeter Objekte, welche als Hologramm in der AR-Brille angezeigt werden. Weiterhin bietet FeDiNAR eine Entlastung des Lehrpersonals in Ausbildungswerkstätten. Anstatt gleichzeitig verschiedene Arbeitsplätze mit unterschiedlichen Prozessen und Problematiken im Blick behalten zu müssen, kann der Ausbilder nun ungestört und ohne Ablenkung konzentriert und individuell Hilfestellung geben, während mehrere Azubis zeitgleich selbstständig experimentieren.

Bisher wurde das FeDiNAR-System an einer Fischertechnik-Anlage entwickelt, welche bereits verschiedene Arbeitsprozesse aus der beruflichen Bildung aufzeigt. Nun wird die neue Technologie in enger Zusammenarbeit zwischen ikuowl und FeDiNAR in reale Anwendungsfälle im Kunststoffinstitut implementiert.

Das Projekt wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb des Fachprogramms „Digitale Medien in der beruflichen Bildung“ gefördert und vom DLR Projektträger unter den FKZ 01PV18005A und 01PV18005C betreut.

Das Institut für Kunststofftechnik OWL ist seit 2011 als überbetriebliche Bildungsstätte für die Kunststoffbranche in OWL aktiv. Das Institut verfügt über die Ausstattung, um sämtliche Verarbeitungsarten von Kunststoffen abbilden zu können und ist auf dem Innovation Campus Lemgo angesiedelt.

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Fachtagung der Digitalisierung „Für Prävention zu klein?“

Minden. Digitalisierte Kindheit war das Thema des diesjährigen Fachtags „Für Prävention zu klein? Gesund aufwachsen im Mühlenkreis“. Dazu eingeladen haben die Mitarbeiterinnen der Fachdienste Frühen Hilfen in den Jugendämtern Bad Oeynhausen, Minden, Kreis Minden-Lübbecke und Porta Westfalica in Kooperation mit dem Kinder- und Jugendgesundheitsdienst des Gesundheitsamtes.

Fachtag „Für Prävention zu klein? Gesund aufwachsen im Mühlenkreis“ (Bild: Stadt Minden).

Fachtag „Für Prävention zu klein? Gesund aufwachsen im Mühlenkreis“ (Bild: Stadt Minden).

„Die Digitalisierung ist längst im frühkindlichen Bereich angekommen, also müssen wir uns fragen, wie wir diese Medien sinnvoll in den Alltag von Familien integrieren“, sagte Landrat Dr. Ralf Niermann zu den rund 140 Teilnehmer*innen in der Akademie für Gesundheitsberufe der Mühlenkreiskliniken. Kinder kommen viel früher direkt oder indirekt mit digitalen Medien in Kontakt. „Das Thema ist ein Volltreffer“, machte auch Peter Kienzle, Erster Beigeordneter der Stadt Minden, in seiner Begrüßung deutlich. Dass Digitale Medien kein Neuland sind, zeigten die Kids von der AWO Kita in Porta Westfalica – Neesen mit drei Tänzen zu Beginn der Veranstaltung. Gemeinsam mit ihren drei Erzieherinnen hatten sie sich kreativ mit dem Thema auseinandergesetzt und zeigten, dass auch Lieder, Kostümierungen und das Nachspielen von Figuren mit der Zeit gehen.

Fragen danach, ob und wie die Entwicklung junger Kinder durch digitale Medien beeinflusst wird oder was Eltern und Fachkräfte tun können, gingen Referentinnen und Referenten in unterschiedlichen Vorträgen nach. Verena Gonsch sprach darüber wie es gelingen kann, dass Kinder medienkompetent werden. Im Umgang mit dem Tablet oder dem Smartphone lernen Mädchen und Jungen Kompetenzen, die sie im späteren Berufsleben einsetzen können.

Daran, dass es nur einen sehr geringen Prozentsatz an weiblichen Nachwuchskräften im Bereich Informationstechnik und Digitales gibt, zeigt sich auch der Umgang mit diesem wichtigen Thema in Deutschland, so die Referentin. Nach der Pisa-Studie Anfang der 2000er Jahre hat die Bundesrepublik die Technik-Förderung aus dem Auge verloren. „Es wurde einfach mehr Geld in das Erlernen von Lesen, Schreiben und Rechnen gesteckt.“ Beim Feld Künstliche Intelligenz (KI) haben die USA und Japan Deutschland weit überholt. Einzig bei der Herstellung von Industrierobotern sei Deutschland vorne, so Gonsch. Eltern empfahl die Autorin gemeinsam mit ihren Kindern digitale Medien zu entdecken und dazu mit ihnen im Austausch zu bleiben. „Unsere Kinder können das einfach besser. Lassen sie es sich von ihnen zeigen und spielen sie selbst.“ Eltern müssen sich in diese Welt hinein denken, denn Digitale Medien spielen zukünftig eine große Rolle für das Berufsleben.

Mit der Förderung der frühkindlichen Entwicklung setzte sich Armin Pampel, Ärztlicher Leiter des Sozialpädiatrischen Zentrum am Johannes Wesling Klinikum Minden, auseinander. Er beantwortete die Frage „Sind die neuen Medien ein Fortschritt?“ mit Ergebnissen unterschiedlicher wissenschaftlicher Studien. Sie bescheinigen eher negative Effekte. So könnten laut BLIKK-Studie 2017 65 Prozent der Kinder sich nicht länger als zwei Stunden ohne digitale Medien beschäftigen. „Nutzen die Eltern während des Stillens oder Fütterns ihr Smartphone, kann es bei Kleinkindern im Alter von bis zu einem Jahr, zu Fütter- und Einschlafstörungen kommen“, so Pampel. Die DIVSI-Studie von 2015 macht deutlich, dass bereits 15 Prozent der Dreijährigen online sind und Kleinkinder bereits in der Lage sind Suchmaschinen zu benutzen. Der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Neuropädiatrie machte deutlich, dass die Nutzung von Bildschirmmedien in jedem Fall begleitet werden muss und die Bildschirmzeit begrenzt werden sollte.

„Werden sie zu Medienforschern in der eigenen Familie“, lud Susanne Johanning, Pädagogische Leitung der Medienwerkstatt Minden-Lübbecke e.V. in ihrem Vortrag ein. „Und stellen sie sich immer die Frage: „Wer nutzt wann und warum welche Medien“, ergänzte sie. Die Fachfrau für Medien betonte, dass ein kompetenter und sensibler Umgang mit dem Thema wichtig ist. Die Bildungsangebote der Medienwerkstatt ermöglichen Eltern und Pädagogen hier sich viele wertvolle Kompetenzen aneignen zu können. Benjamin Wockenfuß beschäftigte sich anschließend damit, wie eine „Digitale Balance“ im Leben entstehen kann. Er betonte, dass Medienkompetenz nicht mit Gerätekompetenz verwechselt werden sollte. Trotz all der „Digitalen Medien“ sei es für Kinder wichtig auch bei ihrem Körper zu sein und ganzheitliche Erfahrungen in der analogen Welt zu machen. Das zeigt auch der praxisbezogene Ansatz des von ihm gegründeten Projektes DigiKids. Dem Social Media Manager und Suchtherapeuten ist es wichtig, dass Kinder dazu befähigt werden, sich in digitalen Lebensräumen souverän zu bewegen, anstatt von ihnen beherrscht zu werden. Zum Schluss des ausgebuchten Fachtages waren sich alle einig: Eltern brauchen Handlungssicherheit, denn medienkompetente Kinder brauchen medienkompetente Eltern.

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Starke Jugendbildung mit politischen Themen und digitalen Medien

Teilnehmende einer Fortbildung im Haus Neuland entwickeln neue Bildungskonzepte für die Praxis

Bielefeld/Bochum/Köln. Was haben nachhaltiger Kleidungskonsum und Recherche in einem historischen Archiv mit Jugendmedienbildung zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel – oder doch? Zwei junge Frauen aus NRW, die in der Jugendbildung arbeiten, haben zu Themen, die ihnen am Herzen liegen und zugleich politisch und gesellschaftlich relevant sind, eigene Bildungskonzepte erarbeitet. Dabei setzen sie ganz selbstverständlich digitale Medien ein.

Jugendmedienbildung

13 junge Fachkräfte haben an der Zertifikatsfortbildung im
Haus Neuland in Bielefeld teilgenommen und eigene Konzepte
für die politische Jugendmedienbildung entwickelt. © Haus Neuland

Erstellt haben sie die Konzepte in der medienpädagogischen Zertifikatsfortbildung „Train@JuMP“ im Haus Neuland in Bielefeld. 13 Fachkräfte der Jugendarbeit und der außerschulischen Bildungsarbeit sowie Studierende, Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger haben daran teilgenommen und das Zertifikat „Fachkraft für politische Jugendmedienbildung“ erhalten. Ein Jahr, fünf Module, jede Menge theoretischer Input, lebendiger Austausch, praktische Übungen – und im Mittelpunkt des Ganzen stand die Frage, wie man Jugendliche durch digitale Medien für Partizipation und Mitbestimmung begeistern kann. Zwölf individuelle Bildungskonzepte haben die Teilnehmenden der Zertifikatsfortbildung erarbeitet. Ein Blick auf die beiden Beispiele zeigt, welche Bandbreite an Gestaltungsmöglichkeiten es in der politischen Jugendmedienbildung gibt.

Nachhaltiger Kleidungskonsum und die Rolle der Werbung

Hannah Farber ist Studentin und gibt als Teamerin im Haus Neuland Seminare im Bereich Jugendbildung. Ihr Thema ist nachhaltiger Kleidungskonsum und die Rolle der Werbung. Dazu hat sie im Rahmen der Zertifikatsfortbildung Train@JuMP ein Konzept für einen mehrtägigen Workshop mit Jugendlichen entwickelt. „Die Jugendlichen sollen reflektieren, was sie kaufen und warum sie es tun. Wenn es nur darum ginge, dass Kleidung uns warm halten soll, dann bräuchten wir schließlich deutlich weniger davon“, erläutert die 26-Jährige aus Köln, die grade ihre Masterarbeit im Studiengang „Interkulturelle Kommunikation und Erwachsenenbildung“ schreibt, die Einstiegsgedanken zu ihrem Workshop. Sie möchte damit Jugendliche ab 14 Jahren ansprechen – also in einem Alter, in dem sie anfangen, selbstständig Kleidung zu kaufen.

Hannah Farber geht es aber nicht nur um den eigenen Kleidungskonsum, sondern auch um die sozialen und ökologischen Probleme der Kleidungsindustrie: die schlechte Bezahlung für Näherinnen und Näher, den Einsatz gefährlicher Chemikalien, die langen Transportwege und mehr. „Ich möchte ein Bewusstsein dafür schaffen, wieviel Arbeit und Ressourcen eingesetzt werden, bis ein Kleidungsstück verkaufsfertig im Regal liegt“, sagt sie. 

Im nächsten Schritt schaut sie mit den Jugendlichen an, wie Werbung für Mode gemacht wird. Das funktioniert nämlich längst nicht nur über Fernsehwerbung, Plakate und Anzeigen in Zeitschriften, sondern z.B. auch über die Videoplattform Youtube. Viele Youtuberinnen und Youtuber stellen auf ihren Kanälen und in ihren Beiträgen Kleidungsstücke und Accessoires vor. Die Videos werden oft tausendfach angeklickt und beeinflussen auf diese Weise die Zuschauerinnen und Zuschauer – eine neue Form von Werbung.

„Am Ende des Workshops drehen wir den Spieß um: Die Jugendlichen sollen dann selbst Werbung machen – für nachhaltigen Kleidungskonsum“, kündigt Hannah Farber an. Dabei können z.B. Plakate, Radiobeiträge oder Videoclips entstehen – je nach Interesse und Spaß am jeweiligen Medium. „Uns ist ganz wichtig, dass Jugendliche selbst aktiv werden und digitale Medien kreativ nutzen, um ihre Anliegen auszudrücken – das ist der Grundgedanke unseres Projektes ‚JuMP – Jugend, Medien, Partizipation‘ und der Zertifikatsfortbildung ‚Train@JuMP‘. Deshalb finden wir das Konzept zum nachhaltigen Kleidungskonsum super und sind fest davon überzeugt, dass es sich auch in der Praxis bewährt“, lobt JuMP-Projektleiterin Johanna Gesing.

Archiv-Recherche zum historischen Thema „1. Mai“

Lisa-Marie Davies hat im Rahmen der Train@JuMP-Fortbildung in Bielefeld ebenfalls ein eigenes Bildungskonzept entwickelt – und eine spannende Einrichtung einbezogen: das Archiv der Arbeiterjugendbewegung in Oer-Erkenschwick. Direkt nebenan befindet sich das Salvador-Allende-Haus, wo die 29-jährige Bochumerin als Jugendbildungsreferentin arbeitet. „In meinem Workshop lernen Jugendliche das Archiv kennen und nutzen es als Anlaufstelle zum Recherchieren. Im Mittelpunkt der Nachforschungen soll der 1. Mai als historisches Thema stehen. Mit etwas Glück findet man im Archiv Fotos, Reden und Tondokumente dazu“, erklärt die studierte Historikerin und Literaturwissenschaftlerin.

Wie sie Jugendliche für dieses Thema begeistern will? Ganz einfach: „Ich verknüpfe klassische politische Bildung mit Medienproduktion. Die Jugendlichen werden selbst aktiv und erstellen eigene Medienprodukte, zum Beispiel E-Books, Comics, Hörspiele oder Filme. Eventuell können sie sogar historisches Filmmaterial verwenden – und ansonsten stellen wir zum Beispiel historische Szenen mit kleinen Figuren und der Stop-Motion-Technik nach“, erklärt Lisa-Marie Davies. Denn das Thema Urheberrecht kommt bei der Arbeit mit historischen Quellen natürlich auf – so werden die Teilnehmenden in ihrer Medienkompetenz an unterschiedlichen Punkten gefördert.

Das Archiv in Oer-Erkenschwick dokumentiert die Geschichte der Arbeiterjugendbewegung. Diese wiederum ist auch mit der Geschichte der Bielefelder Bildungsstätte Haus Neuland eng verknüpft. In den 1930er Jahren organisierte die sozialistische Arbeiterjugend auf dem Gelände rund um die heutige Bildungsstätte in Bielefeld-Sennestadt erste Zeltlager. Eines davon trug den Namen „Neuland“. Das Dorfschild dieses Zeltlagers überdauerte den Zweiten Weltkrieg und tauchte danach wieder auf. Darauf geht der Name von Haus Neuland zurück.

Der Grundgedanke: Jugend, Medien, Partizipation

„Im Projekt JuMP arbeiten wir mit pädagogischen Fachkräften aus ganz unterschiedlichen Berufsfeldern und bilden sie zu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in Sachen digitale Medien und Partizipation aus – so wollen wir Jugendliche in ihrer eigenen Lebenswelt erreichen und in ihren Beteiligungschancen stärken“, erklärt Projektleiterin Johanna Gesing.

JuMP steht für „Jugend, Medien, Partizipation“. Das Projekt ist Ende 2012 im Haus Neuland gestartet und wird vom Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Die Zertifikatsfortbildung „Train@JuMP – Fachkraft für politische Jugendmedienbildung“ ist neben vielen Workshops und Seminaren für Jugendliche eines der wichtigsten Formate im Projekt JuMP. Im Januar 2019 beginnt die nächste Zertifikatsreihe „Train@JuMP“. Die Termine dafür sind auf www.jump-nrw.de zu finden.

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Jugendliche setzen das Thema „Vielfält-ICH“ mit digitalen Medien kreativ um

JuMP-Herbstferiencamp im Haus Neuland mit 32 Teilnehmern und drei Workshops

Bielefeld-Sennestadt. Was bedeutet Vielfalt eigentlich? Welche verschiedenen Seiten hat jeder Mensch? Wie kommt man miteinander klar, wenn man unterschiedlich tickt? Diese Fragen waren Ausgangspunkt des JuMP-Herbstferiencamps 2018 im Haus Neuland. Vier Tage lang haben 32 Jugendliche zwischen 12 bis 16 Jahren das Motto „Vielfält-ICH“ kreativ und mit digitalen Medien umgesetzt.

Die Filmgruppe bei den Dreharbeiten auf dem Außengelände vom Haus Neuland (im Hintergrund: das Lila Haus).Foto: Haus Neuland

Die Filmgruppe bei den Dreharbeiten auf dem Außengelände vom Haus Neuland (im Hintergrund: das Lila Haus).Foto: Haus Neuland

Zuvor hatten alle Teilnehmer sich für einen von drei Workshops entschieden: Film, Minecraft oder Poetry Slam. So unterschiedlich das jeweilige Medium und die Herangehensweisen auch waren – das Motto Vielfalt zog sich als roter Faden durch alle drei Workshops und das gesamte Camp.

Film

Die Video-Gruppe hat mit professioneller Ausrüstung einen eigenen Film gedreht. Angeleitet wurde sie dabei von Nils Dunsche. Von der Idee bis zum Schnitt haben die Jugendlichen alles selbst gemacht: die Geschichte konzipiert, Schauspieler (aus den eigenen Reihen) ausgesucht, Film- und Tonaufnahmen gemacht, die besten Szenen ausgewählt und alles zu einem rund zehnminütigen Film zusammengeschnitten. Im Mittelpunkt steht ein ägyptischer Schüler, der neu in eine Klasse kommt und von einigen seiner deutschen Mitschüler gemobbt wird. Am Ende dreht sich die Situation, und der Film wird zu einem engagierten Appell gegen Mobbing und für Vielfalt.

Minecraft

In der Minecraft-Gruppe haben viele kreative Köpfe ihre Ideen unter einen Hut gebracht und daraus in der virtuellen Umgebung des Computerspiels aus unzähligen kleinen Würfeln ihre eigene 3D-Welt gebaut. „So ist die vielfältigste Stadt entstanden, die es je in einem unserer Minecraft-Workshops gab“, lobt Feriencampleiter Vincent Beringhoff, der als Medienpädagoge im Haus Neuland arbeitet. „Es gibt unter anderem einen Bürgermeister, einen Richter, Polizei, Spongebob als Denkmal, eine Katzenpflegestation, ein Tierheim und ein Hotel mit sieben Stockwerken, das komplett eingerichtet ist.“ Geleitet wurde der Minecraft-Workshop von Franz Philipp Dubberke und Stefan Hintersdorf.

Poetry Slam

Besonders persönliche Ergebnisse hat der Poetry-Slam-Workshop hervorgebracht. Hier haben die Jugendlichen – übrigens hatten mehr Jungs als Mädchen diesen Schreib-Workshop bei dem Poetry Slammer Fouad Laghmouch belegt – eigene Texte verfasst, um sie auf der Bühne vorzutragen. Die Aufregung war ihnen kaum anzumerken, als sie bei der Abschlusspräsentation am letzten Tag des Camps schließlich vor großem Publikum standen. Ihre Texte und Reime handelten von ganz persönlichen Wünschen und Ängsten, erzählten von der eigenen Flucht aus Afghanistan, vom Müllproblem in Urlaubsregionen und mehr. Mal lustig und unterhaltsam, mal nachdenklich und gesellschaftskritisch – eine Bandbreite, wie sie typisch ist für Poetry Slam.

Das elfte JuMP-Feriencamp war auch das vorerst letzte. Nach sechs Jahren läuft das Projekt „JuMP – Jugend, Medien, Partizipation“, mit dem Haus Neuland seit 2012 die Medienkompetenz und gesellschaftliche Teilhabe von Jugendlichen fördert, Ende November 2018 aus. Gefördert wurde es durch das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein- Westfalen.

„Natürlich hoffen wir alle, dass es weitergeht – schließlich ist die medienpädagogische Arbeit inzwischen aus Haus Neuland und der Region nicht mehr wegzudenken“, sagt JuMP-Projektleiterin Johanna Gesing und verrät: „Der Antrag für ein Nachfolgeprojekt ist längst gestellt, und einen Namen haben wir auch schon: JuMP up!“

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Kirmes-Spaß und digitale Medien

Junge Schausteller lernen in Haus Neuland viel Neues über Datenschutz, Soziale Netzwerke und Co.

Bielefeld. Breakdance, gebrannte Mandeln, Autoscooter: Was viele nur vom gelegentlichen Kirmesbesuch kennen, ist Alltag für die Jugendlichen, die jetzt in der Bildungsstätte Haus Neuland zu Gast waren. Sie sind Schausteller und mit ihren Familien einen großen Teil des Jahres auf dem Festplatz unterwegs. Nun durften die 16- bis 18-jährigen an einem Medien-Workshop in Haus Neuland teilnehmen.

schausteller2Zwei Tage lang ging es um Datenschutz, Urheberrecht und Social Media. Natürlich interaktiv und ganz nah dran an der Lebenswelt der jungen Schausteller. In einem Quiz wurde ihr Wissen rund um den Nachrichtendienst WhatsApp getestet. Im Anschluss erstellten die Jugendlichen mit der Anwendung „Kahoot“ digitale Rätsel rund ums Thema Kirmes. „Mit dem Kirmes-Quiz haben die Jugendlichen unser Team ordentlich ins Schwitzen gebracht“, erzählt Vincent Beringhoff augenzwinkernd. Der Medienpädagoge hat den Workshop in Haus Neuland geleitet und freut sich, dass er die Jugendlichen für Themen rund um die verantwortungsvolle Nutzung digitaler Medien sensibilisieren konnte.

schausteller3Initiiert wurde der Workshop von der Bezirksregierung Detmold, die in schulischen Angelegenheiten Ansprechpartnerin für die Schausteller-Familien ist und dieses Programm als ergänzende Bildungsmaßnahme sinnvoll fand. Haus Neuland veranstaltet im Rahmen des vom Land NRW geförderten Projektes „JuMP – Jugend, Medien, Partizipation“ regelmäßig Workshops und Seminare, die die Medienkompetenz junger Menschen fördern und sie dadurch zur aktiven Teilhabe an der Gesellschaft befähigen sollen.

Fotos: Beim Medienworkshop in Haus Neuland haben die jungen Schausteller aus dem Regierungsbezirk Detmold eigene Quizzes erstellt. © Haus Neuland

eBooks und digitale Medien ausleihen

Bielefeld. Am Donnerstag, 22. Februar, bietet die Stadtbibliothek am Neumarkt eine Einführungsveranstaltung zum Thema „Ausleihe von eBooks und digitalen Medien“ an. Erläutert werden die Funktionsweise und das Arbeiten mit der Onleihe sowie die technischen Voraussetzungen von eBook-Readern. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Der Eintritt zu der Veranstaltung um 16 Uhr im Click-Center (1. Etage) ist frei, eine Anmeldung ist nicht notwendig.