SC 1880 & AMERON Neckarvillen International Premier League Masters

Im Exklusiv-Interview: Marvin Netuschil ist ein außergewöhnlicher Tennisprofi „Diese Turnierserie war Gold wert für mich“, sagt der 29-jährige Sauerländer und hofft auf „einen schönen Abschluss nach den großartigen Wochen in Halle“

Tennisprofi Marvin Netuschil

Tennisprofi Marvin Netuschil empfand das Tennis-Event rund um die OWL ARENA in HalleWestfalen als „Riesengewinn“ und wünscht sich „einen schönen Abschluss nach den großartigen Wochen in Halle“ ab Montag, den 24.08.2020 beim „SC 1880 & AMERON Neckarvillen International Premier League Masters. © Mathias Schulz/matchfotos.de

Frankfurt am Main/HalleWestfalen. Als der Tennisprofi Marvin Netuschil im Juli zum ersten Mal von der „International Premier League“ (IPL) hörte, ahnte er relativ schnell: „Das wird genau das Richtige für mich sein.“ Jetzt, da vier IPL-Wochen in der ostwestfälischen Lindenstadt gespielt sind und der finale Schlusspunkt in Frankfurt am Main – mit des ab heute heißenden „SC 1880 & AMERON Neckarvillen International Premier League Masters“ – auf den 29-jährigen Sauerländer wartet, ist aus dieser Vermutung Gewissheit geworden: „Diese Turnierserie war Gold wert für mich und ganz, ganz viele Spielerinnen und Spieler“, sagt Netuschil, auch weil „für eine Menge Profis die Saison 2020 erst mit der IPL begonnen hat. Das war ein Stück Normalität, das wir da zurückgewonnen haben.“

Scharfer, unbestechlicher Blick auf Verhältnisse im Arbeitsumfeld

Marvin Netuschil ist ein außergewöhnlicher Berufsspieler. Ein End-Zwanziger, der druckreif seine Ein- und Ansichten formulieren kann, einer, der einen scharfen, unbestechlichen Blick auf die Verhältnisse in seinem Arbeitsfeld, aber auch auf das Große und Ganze hat. Oft hat sich Netuschil in den vergangenen Wochen über manche Drängeleien im Tennis-Circuit geärgert, über das oft zu mächtige Streben, schon wieder Wettkämpfe in einer Phase der Unsicherheiten zu etablieren. „Es hat mich geärgert, dass wir alle paar Wochen irgendwelche Fristen zu hören bekamen. Ich bin irgendwann diese Hektik und diesen Schwebezustand leid gewesen und habe mich auch innerlich aus dem Geschehen ausgeklinkt.“

Dafür hat der im westfälischen Hamm geborene Profi dann bei der „International Premier League “Klarheit und Transparenz sowie ein „gut durchdachtes Konzept“ vorgefunden. Und eine Plattform, die ideal auf ihn und viele Kolleginnen und Kollegen aus der zweiten oder dritten Reihe des Welt-Tennis zugeschnitten war: „Es gab endlich wieder die Möglichkeit, auch Einnahmen zu generieren. Und Wettkämpfe zu bestreiten. Denn irgendwann wirst du des ewigen Trainierens ohne Perspektive auch müde.“ Auch ein Plus für Netuschil: Die Nähe zu seinem Wohnort im nordrhein-westfälischen Erwitte (Landkreis Soest). „So oft hat meine Familie zumeist nicht die Möglichkeit, mich beim Tennis besuchen zu können.“

Strategische Planung auch jenseits Corona erstes Gebot

Derzeit rangiert Marvin Netuschil auf Platz 550 der ATP-Weltrangliste. Er gehört selten zu denen, über die gesprochen wird, wenn es um das Thema Berufstennis geht. Oder wenn es, wie aktuell, um die Krise des Tennis in Corona-Zeiten geht. Dabei steht der der Rechtshänder in mancherlei Hinsicht für die Probleme vieler Tennis-Globetrotter, die sich nur mit aller Müh‘ und Not ihren Traum vom Tennis-Leben leisten können. „Es ist ein Leben von der Hand in den Mund“, sagt Netuschil, „da kann man sich keine großen Sprünge leisten, muss gut haushalten und immer mal versuchen, sich ein wenig zurückzulegen.“ Strategische Planung ist auch jenseits der Corona-Pandemie erstes Gebot, Kostenminimierung, Taktieren bei Reise- und Wettkampfplänen.

Oft spielte Netuschil schon vor dem Einbruch des Corona-Virus mehrere Wochen am Stück an einem Schauplatz oder einem Land. Das wilde Herumreisen war „nicht mehr mein Ding“, sagt er, „und wenn es vielleicht etwas Gutes gibt in der großen Krise, dann ein gesellschaftliches und persönliches Umdenken. Was er damit meint? Man muss nicht mehr elf Monate im Jahr durch die Weltgeschichte reisen“, sagt er. „Tennis müsste viel regionaler, lokaler werden. Oder zumindest für lange Zeit auf einen Kontinent beschränkt.“ Klima- und Gesundheitskrise hätten viel mehr miteinander zu tun, „als sich viele eingestehen wollen“, so der Tennisprofi.

Entschleunigung unter dem Motto: weniger ist mehr

Das unstete Leben bedeutete bei ihm oft: 25 Wochen im Jahr Turnier-Engagements, dazu noch viele Trainingsblöcke. 70 Prozent eines Jahres war er „on the road“, weg von Familie und Freunden. Und so hat er tatsächlich in Corona-Zeiten auch dies als „erstaunlichen, angenehmen Nebeneffekt“ registriert: „Das tolle Gefühl, für längere Zeit an einem Ort zu sein. Zeit zu haben, Dinge mal richtig zu durchdenken. Veränderungen in seinem Beruf mal in aller Ruhe vorzunehmen.“ Entschleunigung sei da durchaus der „treffende Begriff“, sagt Netuschil: „Dies alles lief aber auch unter dem Motto: weniger ist mehr. Auch weniger Training, dafür aber mehr Qualität.“ Es sei schon gut, wenn man viel Zeit vor sich habe für alles, statt schon wieder daran zu denken: Wann geht mein nächster Flieger zum nächsten Turnier.“

Die Entdeckung des Positiven im verlangsamten Leben soll auch Konsequenzen haben für die nähere oder fernere Zeit, wenn Corona Geschichte ist: „Ich würde mir wünschen, dass wir alle dann eine andere Normalität leben.“ Im Tennis sieht er da die IPL der drei Initiatoren Andre Begemann und Ehefrau sowie Julian Lenz als „perfektes Beispiel“: „Du bietest Spielmöglichkeiten für einen längeren Zeitraum. Und du musst nicht jede Woche an einem anderen Ort eine riesige Organisation aufziehen und Ressourcen aller Art verbrauchen.“ Gerade viele Spieler jenseits der Top 100 oder Top 200 seien dankbar, „wenn sie auf diese Weise erheblich Ausgaben sparen können.“ Deshalb wünschten sich viele in der Branche weitere Veranstaltungen nach dem erfolgreichen IPL-Modell: „Natürlich wäre es zudem toll, wenn das IPL-Team neue Events auf die Beine stellen würde.“

Neue berufliche Perspektive als Coach nach Aktiven-Zeit

Im Übrigen hat Marvin Netuschil selbst schon ein wenig Vorsorge getroffen für die Zeit nach der aktiven Karriere. Er will dem Tennissport dann als Trainer im Leistungssport erhalten bleiben, eine A – Lizenz hat er schon erfolgreich erworben. „Für mich war früh klar, dass ich im Tennis bleiben will“, sagt der angehende Coach. Nun aber richtet Netuschil erst mal alle Blicke auf die nächsten Tage in Frankfurt am Main, beim „SC 1880 & AMERON International Premier League Masters“, das auf der Klubanlage des SC Frankfurt 1880 ausgetragen wird, während der Spielertross und die Verantwortlichen im Hotel AMERON Frankfurt Neckarvillen Boutique logieren: „Ich will einen schönen Abschluss nach den großartigen Wochen in Halle“, sagt er. „Und es war in jedem Fall ein Riesengewinn für mich. Ich fühlte mich endlich wieder wohl im und mit dem Tennis.“

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