„Für den Ausbildungsstart 2022 ist noch vieles möglich“

Der Arbeitsmarkt bleibt trotz der weltweiten wirtschaftlichen Lage in Bielefeld weiterhin konstant, die Suche nach Auszubildenden verschärft sich dagegen. Das merken auch die Arbeitgeber.

Julia Friesen ist derzeit die einzige Auszubildende in den zwei Geschäften für Optik und Akustik von Florian Tönsmann (links). Gemeinsam mit Wolfgang Draeger (rechts), Leiter der Arbeitsagentur Bielefeld, tauschten sie sich über die Chancen der dualen Ausbildung aus. Alle drei sind sich einig: wer für dieses Jahr noch sucht, dem stehen die Türen bei den Arbeitgebern der Region und der Berufsberatung der Arbeitsagentur offen. Foto: AA Bielefeld/Berit Peek

Julia Friesen ist derzeit die einzige Auszubildende in den zwei Geschäften für Optik und Akustik von Florian Tönsmann (links). Gemeinsam mit Wolfgang Draeger (rechts), Leiter der Arbeitsagentur Bielefeld, tauschten sie sich über die Chancen der dualen Ausbildung aus. Alle drei sind sich einig: wer für dieses Jahr noch sucht, dem stehen die Türen bei den Arbeitgebern der Region und der Berufsberatung der Arbeitsagentur offen. Foto: AA Bielefeld/Berit Peek

Bielefeld. Aktuell sind in Bielefeld 14.038 Menschen arbeitslos. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 7,6 Prozent. „Der Arbeitsmarkt in Bielefeld setzt seinen Erholungskurs im Mai weiter fort und bleibt bisher von den aktuell weltweiten wirtschaftlichen Herausforderungen weiterstgehend unberührt“, sagt Wolfgang Draeger, Leiter der Arbeitsagentur Bielefeld. Auf dem Ausbildungsmarkt ist die Situation dagegen mittlerweile auch in Bielefeld deutlich angespannt. Von den derzeit 1.954 bei der Arbeitsagentur gemeldeten suchenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben 1.097 bereits einen Ausbildungs- oder Studienplatz für 2022 gefunden, 857 Ausbildungsinteressierte sind somit noch unversorgt. Dem gegenüber stehen allerdings nur 905 derzeit noch freie Berufsausbildungsstellen. Rechnerisch kommen damit aktuell in Bielefeld auf 100 freie Ausbildungsplätze 95 noch Suchende. „Und hier kann man ja eigentlich nicht einfach beide Zahlen gegeneinander rechnen“, so Agenturchef Draeger. Denn nicht immer passe das Matching, seien also genau jene Stellen frei, die die Bewerber auch wollen.

Wie schwierig die Suche nach neuen Auszubildenden ist, weiß auch Florian Tönsmann: „Die Personalnot besteht seit Jahren, sowohl bei den Fachkräften als auch bei den Auszubildenden.“ Er betreibt zwei Geschäfte für Optik und Akustik, in Bielefeld-Quelle namens Mühlenweg, in Harsewinkel namens Böckstiegel.  Aktuell sucht er für beide Standorte noch mehrere Fachkräfte und jeweils einen Auszubildenden oder eine Auszubildende – gern auch noch für das aktuelle Jahr. „Tatsächlich stellen wir den Interessenten frei, ob sie die Ausbildung zum Augenoptiker oder Hörgeräteakustiker machen wollen“, sagt Tönsmann. Er selber ist Meister in beiden Bereichen.

Als kleines Familienunternehmen mit neun Beschäftigten an beiden Standorten sei vieles möglich zu organisieren. „Wir bieten gern Praktika für den Einblick in den Beruf an, haben auch jedes Jahr mindestens drei Schülerpraktikanten“, so Tönsmann. Die Arbeitgeber der Region müssten aufgrund der sich verschärfenden Situation tatsächlich auch bereits bei der Suche nach Auszubildenden immer häufiger kreativ werden und auch mal neue Anreize schaffen. „Dies kann zum Beispiel ein Monatsticket für den Nahverkehr sein“, sagt Agenturchef Draeger. Dies bietet Tönsmann tatsächlich an; trotzdem findet er es schwierig, junge Leute vom Handwerk zu überzeugen. „Viele wollen lieber studieren, dabei sind die Verdienstmöglichkeiten im Handwerk oftmals sogar besser“, meint Tönsmann. Und so etwas wie ein „Studentenleben“ hätten zumindest die Auszubildenden in der Hörgeräteaktustik ebenfalls. „Da arbeiten wir mit einer Berufsschule in Lübeck zusammen, der Unterreicht erfolgt vier Wochen am Stück, in dem die Schüler dort im Internat leben“, berichtet Tönsmann. Er selbst sei während seiner eigenen Ausbildung auch dort gewesen und möchte die Zeit und die Möglichkeit „einfach mal rauszukommen“ nicht missen. Die Auszubildenden in der Optik haben Blockunterricht in Bielefeld – wie auch Julia Friesen. Die 18-jährige ist die derzeit einzige Auszubildende in den beiden Standorten. „Ich habe mein Betriebspraktikum in der 9. Klasse hier absolviert“, so Friesen. So habe man sich kennenglernt und nach dem Realschulabschluss hat sie die Ausbildung zur Augenoptikerin begonnen. „Das ist der optimale Verlauf der Praktika und Frau Friesen ein Paradebeispiel“, so Agenturchef Draeger. Und tatsächlich gefällt Julia Friesen ihr Job so gut, dass die nächsten beruflichen Schritte auch schon fest geplant sind: „Ich möchte die Ausbildung in der Akustik anschließen“, berichtet Friesen. Denn die Arbeitsfelder würden sich einfach sehr gut ergänzen.

Welchen Schulabschluss seine Auszubildenden mitbringen müssen, ist Florian Tönsmann eigentlich gar nicht wichtig. „Man arbeitet nah am Menschen; auch ich musste damals lernen auf die Kunden zuzugehen und ein bisschen Smalltalk zu halten“, sagt er rückblickend schmunzelnd. Deshalb seien Kommunikation und Teamfähigkeit in den Berufen wesentlich wichtiger als etwa eine zwei in Mathe. „Wer aktuell also die Schule beendet und noch keinen Ausbildungsplatz hat: kommt in unsere Berufsberatung – für den Start in 2022 ist noch so vieles möglich“, sagt Wolfgang Draeger. Und auch die Bewerbungsfristen an den meisten Hochschulen würden Mitte Juli enden: „Hier sollte man sich also ebenfalls langsam überlegen, was man will“, so Draeger. Termine mit der Berufsberatung der Arbeitsagentur Bielefeld können telefonisch unter 0800 4 5555 00 (gebührenfrei) oder online unter www.arbeitsagentur.de/vor-ort/bielefeld/berufsberatung vereinbart werden.