LWL-Wanderausstellung zur Herkunft von Objekten in nordrhein-westfälischen Sammlungen
Kreis Paderborn. Der Fall Gurlitt, Bronzen aus dem ehemaligen Königreich Benin oder die Elgin Marbles von der Akropolis – diese Aufzählung macht die Spannbreite aktueller Provenienzforschung deutlich. Die Provenienzforschung, also das Erforschen der Herkunft und der Geschichte von Objekten, ist Thema der neuen Ausstellung „Geschichte der Dinge. Zur Herkunft von Objekten in nord-rhein-westfälischen Sammlungen“ des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Die Schau ist ab dem 27. September im Kreismuseum Wewelsburg in Büren (Kreis Paderborn) zu sehen, anschließend wandert sie durch sieben weitere Museen in Nordrhein-Westfalen.
„Zwar treiben mittlerweile Museen und andere Einrichtungen, wie Bibliotheken und Archive, verstärkt die Erforschung von wichtigen Sammlungsstücken voran. Dennoch dringt erst langsam ins Bewusstsein, dass auch heute erworbene Kunstwerke, Wertobjekte oder Alltagsgegenstände Raubgut sein könnten“, sagt Ausstellungskuratorin Verena Burhenne vom LWL-Museumsamt für Westfalen. Dies gelte nicht nur für öffentliche Institutionen, sondern auch für Vereine und Privatpersonen.Während bei Ausstellungen zum Thema Provenienzforschung meist nur ein Sammlungsbereich, ein Sammler oder ein Museum im Fokus steht, widmet sich die LWL-Ausstellung erstmals in Deutschland dem gesamten Themenbereich: Insgesamt zehn Kapitel beschäftigen sich mit den unterschiedlichen Entzugskontexten wie zum Beispiel NS-verfolgungsbedingtem Entzug, Kolonialismus oder DDR-Unrecht, mit verschiedenen Objektgruppen wie Judaika, aber auch mit Akteuren und Strukturen.
Die zentrale Frage: Woher kommt das Objekt? Dabei kann die Ausstellung mit 50 Leihgaben nicht immer Ant-worten oder konkrete Lösungen präsentieren. Vielmehr laden die Ausstellungsobjekte dazu ein, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und selbst Überlegungen zu Moral und Recht anzustellen.Anhand der Leihgaben aus Nordrhein-West-falen und darüber hinaus erzählt die Ausstellung Lebens- und Erwerbsgeschichten, die schwierige Kapitel der deutschen Geschichte berühren. Die Ausstellungsvorbereitung selbst ist ein Beispiel dafür, wie die aktive Auseinandersetzung damit Zeichen der Völkerverständigung und Versöhnung setzen kann: „Angestoßen durch eine Leihanfrage von uns konnte die Herkunft eines rituellen jüdischen Sedertellers im Hellweg-Museum in Unna recherchiert werden. Die kontaktierten rechtmäßigen Eigentümer bestimmten schnell, dass er als Dauerleihgabe im Museum verbleiben soll“, erzählt Ausstellungskuratorin Ute Christina Koch. Andere Objekte stehen hingegen stellvertretend für problematische Provenienzen. So stammt aus dem Museum Wilnsdorf (Kreis Siegen Wittgenstein) der Gedenkkopf eines Oba, des politischen und rituellen Oberhauptes im Königreich Benin, mit einer unbedenklichen Herkunft. Dieser wurde vermutlich Mitte des 20. Jahrhunderts in Nigeria hergestellt. Zahlreiche weitere „Beninbronzen“ in europäischen Museen stammen jedoch aus einer „Strafexpedition“ der britischen Armee im Jahr 1897 und werden heute von der nigerianischen Regierung zurückgefordert.
„Mit dieser Ausstellung wollen wir die Besucherinnen und Besucher ermutigen, sich mit diesem Thema, ob im eigenen Lieblingsmuseum oder zu Hause, auseinanderzusetzen“, so Burhenne. „Gerade abseits der ‚großen Kunst‘ übersieht man schnell, dass auch hier ein verfolgungsbedingter Entzug möglich ist“, ergänzt Koch.
Ein Katalog vertieft und erweitert die Themenbereiche und zeigt ausgewählte Ausstellungsobjekte. Darüber hinaus hat die Geschichtsmanufaktur Dortmund ein museumspädagogisches Begleitprogramm für Erwachsene und die Sekundarstufe II entwickelt.
Hintergrund
Von Beginn an war geplant, im Rahmen einer Wanderausstellung nicht nur die Ergebnisse dieses Projekts vorzustellen, sondern den Be-suchern das Thema Provenienzforschung mit Objekten näherzubringen.