Ankerkopf: Väter in Elternzeit zwischen Zweifel und Zwang

Ankerkopf GmbH veröffentlicht Studie zu Vätern in der OWL-IT-Branche / „Yellow Paper“ zeigt große Hürden für Männer

Die Crew der Ankerkopf GmbH (v.l.n.r.): Theresa Budde, Daniel Chrobot und Sarah Niesel stehen mit ihren Kindern für die Vereinbarkeit von Vater-, Mutter- und Berufsleben. Foto: Franziska Beckmann

Die Crew der Ankerkopf GmbH (v.l.n.r.): Theresa Budde, Daniel Chrobot und Sarah Niesel stehen mit ihren Kindern für die Vereinbarkeit von Vater-, Mutter- und Berufsleben. Foto: Franziska Beckmann

Bielefeld. Wie schwierig ist es heutzutage, Familie und Beruf als Mann in einer traditionellen Branche wie der IT unter einen Hut zu bringen? Antworten darauf gibt die neue Studie von Ankerkopf, die im 1. Halbjahr 2023 Väter im IT-Sektor in Ostwestfalen-Lippe befragte. Das SAP-Karrierenetzwerk wollte von den Männern zwischen 30 und 59 Jahren wissen, wie sie die Vereinbarkeit ihres Jobs mit dem Familienalltag erleben und welche Herausforderungen es aktuell noch zu bewältigen gilt.

Der Anteil der Väter in Elternzeit steigt in NRW kontinuierlich, im Jahr 2022 immerhin um 1,1 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr (Quelle: Statistik des Landesbetriebes NRW, 16. Mai 2023). Dabei ist die Entwicklung nicht in jeder Branche gleich. Die Studie „Yellow Paper zur Väter-Studie_IT, Impulse für mehr Vereinbarkeit von Vaterschaft in OWLs IT“ des SAP-Karrierenetzwerks Ankerkopf zeigt, wie klassisch die Aufteilung der Elternzeit häufig noch ist:

3,1 Monate Elternzeit nahmen die befragten Väter aus der IT-Branche im Schnitt und damit weniger als der NRW-Durchschnittsvater von 4,0 Monaten.

80 % der befragten Männer fürchten finanzielle Einbußen oder Karriereknicke durch die Elternzeit.

Für nur 1/3 der Väter kommt deshalb eine 50:50-Teilung der Kinder- und Haushaltsaufgaben infrage, obwohl 90 % die gleichberechtigte Care-Arbeit grundsätzlich wichtig finden.

Hier zeigt sich die Zerrissenheit der befragten Väter: Sie arbeiten im Schnitt 42 Wochenstunden und kehrten nur in Ausnahmefällen in Teilzeit nach der Elternzeit in den Job zurück. Bei dem Anteil der Väter ohne Elternzeit ist es vor allem die Sorge vor finanziellen Einbußen (83 %), die sie darauf verzichten lässt. Sie wissen, dass sie damit keine harmonische Lösung mit ihrer Partnerin
gefunden haben. „Umsetzbare Elternzeit braucht ein funktionierendes Ökosystem aus Unternehmen und Politik, Müttern und Vätern. Homeoffice, flexibles Arbeiten und keine Kernarbeitszeiten: Diese Punkte haben wir bei unserer Befragung klar als Gamechanger in der Care-Arbeit identifiziert“, sagt die Bielefelder HR-Expertin und SAP Recruiterin Theresa Budde, von Ankerkopf.

Familien mit mehr Kindern unter Druck. Jüngere suchen sich Arbeitgeber aus.

Mit durchschnittlich 3,1 Monaten Elternzeit bei den befragten Vätern ist das Niveau in der IT-Branche unter dem NRW-Schnitt. Väter mit mehr als zwei Kindern sind noch zurückhaltender: Sie nehmen noch weniger Elternzeit (2,2 Monate je Kind), halten es für unwahrscheinlicher, Gehaltseinbußen zu akzeptieren und finden es deshalb wichtiger als der Durchschnitt, dass Unternehmen an ihrer Familienfreundlichkeit arbeiten.

„In der Zeit, in der man Kinder bekommt, macht man häufig auch
Karriere und man finanziert ein Eigenheim. Der Druck in diesen Jahren
ist unheimlich groß und alles passiert gleichzeitig“, sagt Vater und
IT-Consultant Jan.

Es gibt einen kleinen Teil an Vätern in der IT, die nach der Elternzeit in Teilzeit in den Job zurückgekehrt sind. Immerhin haben dieses Modell 18 % der befragten Väter umgesetzt. Sie waren zuvor im Schnitt fünf Monate in Elternzeit. Diese Gruppe beklagt vor allem den schwierigen Wiedereinstieg: wenig Vorausplanung, Misstrauen unter den Kollegen, Unsicherheiten im Fortbestand des Jobs. Dieser Teil der Väter ist überdurchschnittlich auf gleichberechtigte Aufgabenteilung fokussiert, sieht ihr eigenes Modell der Care-Arbeit aber als gesellschaftlich schwer umsetzbar und als aktuell wenig mehrheitsfähig an. Sie gehören alle zu den Vätern jünger als 40 Jahre. Die jüngeren Väter sind durchaus auch eher bereit, Unternehmen oder Job zu wechseln, wenn die Möglichkeit zur Elternzeit für sie fehlen würde (67 %).

Vereinbarkeit gemeinsam gestalten: Tipps für Väter und Unternehmen

Bei steigendem Fachkräftemangel ist es zunehmend wichtig, dass Unternehmen erwerbstätige Eltern unterstützen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. Weniger als die Hälfte (47 %) aller befragten Väter halten es für wahrscheinlich, dass Verbesserungen für Väter in Elternzeit zukünftig ein Thema in der Politik werden.

Die Ankerkopf GmbH hat aus ihrer Befragung Tipps und Empfehlungen abgeleitet. Beispielsweise sollten die finanziellen Risiken und Möglichkeiten schon im Vorfeld der Familienplanung berücksichtigt werden. Eltern können sich verschiedene Modelle zurechtlegen, um eine flexible Teilung der Aufgaben herbeizuführen. Zum Beispiel könnten beide Partner ihren Job auf
weniger Wochenstunden reduzieren.

„Ich habe die EZ alleine als anstrengend empfunden und mich nach der EZ gefreut, wieder arbeiten zu gehen. Es war genauso anstrengend wie arbeiten. Aber es war auch wirklich schön und ich würde es sofort wieder machen“, so Vater und SAP Seniormanager Niklas. Familienzeit mit kleinen Kindern ist nicht nachzuholen, darin waren sich alle Studienteilnehmer einig. Viele berufstätige Paare streben heute eine gleichberechtigte Karriere und Care-Arbeit an. Ein modernes Arbeitsumfeld kann viele Lösungsansätze dafür bieten, jedoch sind flexible Möglichkeiten noch nicht durchgehend verbreitet.

Unternehmen sind gefragt, sich zunehmend attraktiv für Mitarbeiter:innen aufzustellen. Wertschätzender Umgang mit Elternzeit, das Fördern flexibler Modelle sowie Beratungsangebote für werdende Eltern schaffen Vertrauen innerhalb des Arbeitsverhältnisses.

„Wir benötigen in der Gesellschaft einen kompletten Change zum Thema Vereinbarkeit, auch um die wirkliche Gleichberechtigung von Müttern und Vätern zu gewähren“, meint Vater und SAP
Projektmanager Tobias.

Weitere Empfehlungen und Details sind in der Studie „Yellow Paper zur Väter-Studie_IT, Impulse für mehr Vereinbarkeit von Vaterschaft in OWLs IT“ abrufbar: www.ankerkopf.de/papers

Methodik:

Die Ankerkopf GmbH hat insgesamt 33 Männer zwischen 30 und 59 Jahren mit Jobs in der IT-Branche befragt. Sie haben 1 bis 4 Kinder und sind mit unterschiedlichen Jobprofilen in der SAP-Welt tätig. Die halb-standardisierten Interviews bestehend aus 15 qualitativen und quantitativen Fragen wurden telefonisch und per Video im 2. Halbjahr 2022 sowie 1. Halbjahr 2023 erhoben
und anonymisiert ausgewertet.