Herford. Die Natur steckt voller komplizierter Faltungen, waghalsiger Biegungen und überraschender Knautschungen. In der Ausstellung „Ausbruch aus der Fläche“ (24.02.–03.06.18) im Marta Herford spüren internationale Künstler*innen diesen faszinierenden Strukturen und ihren Einflüssen auf die menschliche Wahrnehmung nach. In Anlehnung an die komplexen Prinzipien des Origamis und ihrer aktuellen Bedeutung in Wissenschaft und Technik beschäftigen sie sich auf medial vielfältige Weise mit den unendlichen Möglichkeiten der Verformung von Flächen. Ob gefaltet, gekrümmt, gewölbt, gezeichnet oder gemalt erzeugen die Werke nicht nur ihren eigenen Raum: Auch Komprimierung und Reduktion bis zu unkontrollierbarem Erschlaffen werden thematisiert, das Spiel von Licht und Schatten, von Sicht- und Unsichtbarkeit.
„Ich strebe nach Balance zwischen Oberfläche, Farbe und Form, um Widerspruch und Spannung zu erzeugen.“ Rana Begum
Schon vor der Erfindung des Papiers (ca. 100 v. Chr. in China) wurden Stoffe und andere Materialien gefaltet. Mittlerweile dient die traditionelle japanische Kulturtechnik des Origamis aber auch wissenschaftlichen Erkenntnissen: Durch das mathematische Verständnis von Faltprinzipien entwickeln Forscher*innen neue Lösungen für Technik, Medizin oder Bionik. Die internationalen Künstler*innen der Marta-Ausstellung nehmen das Origami-Prinzip nun als Ausgangspunkt, um diese neuen Perspektiven auf Oberflächeneffizienz, kontrollierten Knautschungen und Entblätterungen mit ihren eigenen Mitteln zu durchdringen. Dabei gehen die vielfach eigens für die Marta-Räume entworfenen Ausstellungbeiträge eine reizvolle Beziehung mit der Gehry-Architektur ein. Als Raumexperiment, Spiel mit den Sinnen oder als Versuchsanordnung zu klassischen künstlerischen Fragestellungen entstehen filigrane Werke, gigantische Raumbesetzer und Denkräume. Dazu einige Beispiele:
Geometrie, Oberfläche, Farbe und Licht bestimmen die Skulpturen von Rana Begum (*1977, Bangladesch). Durch Faltungen und Kontraste erzeugen sie eine fast flatterhafte Bewegung im Raum, die höchst anregend mit den fotografischen Faltungen von Shirana Shahbazi (*1974, Teheran) auf einer geradezu explodierenden Wand kontrastieren.
Wie ein überdimensionaler Lindwurm schiebt sich die gigantische Luftballonskulptur von Hans Hemmert (*1960, Deutschland) durch einen Zugang der Galerieräume. Auf ebenso schlichte wie humorvolle Weise lässt der Künstler die weiche, fließende Form auf Eckigkeit und Härte treffen, während eine dünne Membran mit großer Wirkung Raum nimmt und zugleich neu schafft.Bild2: Thomas & Renée Rapedius, O. 048 (4 Versionen), 2009 –14 Papier, Sprühfarbe, verschiedene Maße, © VG Bild-Kunst, Bonn 2018





