Westfälischer Heimatbund macht sich beim Heimatkongress für Integration stark
Münster. Menschen können durchaus mehr als eine Heimat haben. Westfalen wie auch NRW insgesamt waren schon immer durch Migration geprägt. Wie können wir Menschen, die zu uns kommen, unsere Heimat vermitteln und ihnen zugleich eine neue Heimat bei uns geben? Was können gerade Heimatvereine dazu beitragen?
Dieser aktuellen gesellschaftlich relevanten Frage stellt sich der Westfälische Heimatbund (WHB) – Dachverband für 550 Heimatvereine und 700 Heimatpfleger in der Region. Bereits 2016 hat er sich auf dem Westfalentag in Hagen mit diesem Thema befasst. „Wir möchten vermitteln, wie Heimatvereine als Brückenbauer zwischen den Kulturen zur Integration beitragen können“, so Matthias Löb, Vorsitzender des Westfälischen Heimatbundes.
Ein Forum des WHB auf dem großen Heimatkongress des NRW-Heimatministeriums am 17. März 2018 in Münster soll dabei eine Plattform für einen intensiven Austausch der Akteure bieten. „Der Heimatkongress ist ein starkes Signal für die Heimat und für alle Menschen, die hier leben und neu hinzukommen“, so Löb. „Uns geht es nicht darum, einen verklärten Blick auf den langen Weg der Integration zu werfen. Wir wollen vielmehr über konkrete, gut funktionierende Arbeit aus der Praxis der Heimatvereine berichten und der Frage nachgehen, welche Ansätze übertragbar sind“, erläutert Dr. Silke Eilers, Geschäftsführerin des WHB.
Auftakt des von Eilers moderierten Forums, das vier Best Practice-Beispiele aus der Vereinsarbeit vorstellt, ist der Auftritt der 10-jährigen Saralynn, die ein Heimatlied über Wichlinghausen geschrieben hat. Begleitet wird sie von der Band „Rockprojekt Wuppertal.“
Wichtige Impulse liefert der Heimatverein Verl e.V., der unter anderem den syrischen Künstler Abdulkader Khalil und sein vielfältiges Schaffen vorstellt. Der Künstler flüchtete vor einigen Jahren aus Syrien mit seiner Frau und seinen zwei Kindern nach Verl. Die Erlebnisse verarbeitet er in unzähligen Bildern, die erstmals im Verler Rathaus ausgestellt wurden. Herr Khalil und seine Frau engagieren sich, ihre Landsleute in der neuen Heimat zu integrieren. Zudem bietet der Heimatverein das Projekt „In fremde Töpfe schauen“ an – hier kochen syrische, aramäische, türkische und deutsche Frauen gemeinsam.
Der Heimatverein Siegen-Achenbach e.V. wird einen seiner Bundesfreiwilligendienstler – umgangssprachlich auch als BUFDI bekannt – vorstellen. Die BUFDI’s sind in mehreren Einsatzstellen in Siegen-Achenbach und dem Umland, wie beispielsweise in Sozialkaufhäusern, die über Spenden finanziert werden, der Grünflächenpflege bei Wanderwegen oder Seniorenheimen und auch Flüchtlingsheimen, aktiv.
Der Heimatverein Asbeck e.V. im Münsterland bringt einen großen Erfahrungsschatz aus der Flüchtlingshilfe mit. Er engagiert sich bei der Erteilung von Deutschunterricht, der Vermittlung von Flüchtlingen in Arbeit und macht sich dafür stark, dass alle Neuankömmlinge gute Fahrräder zur Verfügung gestellt bekommen, um sich selbständig im Münsterland bewegen zu können. Außerdem richtete der Heimatverein erst kürzlich eine sogenannte Mitfahrerbank ein, an der Asbecker Autofahrer Flüchtlinge auf der Fahrt in die nächste Stadt oder Gemeinde einsammeln und mitnehmen können. Ein gutes Beispiel, das die Neuzugezogenen in Asbeck sich selbst sehr aktiv in der Vereinsarbeit einbringen, ist Thierno Diallo aus Guinea. Seit Februar 2017 ist Herr Diallo Beisitzer im Vorstand des Heimatvereins Asbeck und in die gesamte Vorstandsarbeit eingebunden. Neben seinen Tätigkeiten beim Auf- und Abbau von Veranstaltungen und der Bewirtung von Gästen, erlernt er auch die Details der Heimatgeschichte, um in der kommenden Saison als Gästeführer eingesetzt werden zu können.
Ein Brückenschlag und einen Vergleich zu aktuellen Projekten in der Flüchtlingsarbeit, wird Ulrich Klemens vom Sennestadtverein e.V. Bielefeld liefern. Er wird davon berichten, wie die Sennestadt nach dem Zweiten Weltkrieg entstand und wie der Aufbau in den 1950er-Jahren realisiert wurde. Die Sennestadt behob beispielhaft die Wohnungsnot im Landkreis Bielefeld, um Wohnraum für Ausgebombte, Vertriebene aus den Ostgebieten aufzunehmen und „Zonenflüchtlinge“ unterzubringen, die bis zum Berliner Mauerbau in immer größerer Zahl eintrafen. Herr Klemens stellt auch das heutige Profil der Stadt klar dar: „Sennestadt ist ein Beispiel für eine Gesellschaft, die älter und bunter aber nicht weniger wird.“
Foto: © Martina Reers