Rechnen mit neuer Energie: Windkraftanlage 4.0

WestfalenWind IT und die Universität Paderborn realisieren mit Wind CORES Deutschlands ersten Rechenknoten und Datenspeicher in einer Windenergieanlage in Lichtenau.

Paderborn. Windenergieanlagen (WEA) können weit mehr sein als bloße ökologische Stromerzeuger. Das belegen WestfalenWind IT und der SICP – Software Innovation Campus Paderborn der Universität Paderborn mit einem gemeinsamen Weg von der Theorie bis in die Praxis. Das Konzept „Wind CORES“ ist ein beeindruckender Beleg für das Potential IT – Systeme in einem Windpark nachhaltig und wirtschaftlich zu versorgen. Das Erfolgsbeispiel für die Kooperation zwischen Wissenschaft und Unternehmen zeigt auf wie Herausforderungen gemeinsam in die Praxis überführt werden. Seit Oktober 2017 ist Deutschlands erster Rechenknoten und Datenspeicher in einer WEA in Lichtenau betriebsbereit.

Startschuss für den ersten bundesweiten Rechenknoten und Datenspeicher in einer Windenergieanlage (v. l.): Johannes Lackmann, Geschäftsführer der WestfalenWind GmbH, Frithjof Dubberke, zuständiger Projektleiter bei der WestfalenWind GmbH, Prof. Dr. Gregor Engels, Vorstandsvorsitzender der zentralen wissenschaftlichen Einrichtung der Universität Paderborn im SICP – Software Innovation Campus Paderborn, Prof. Dr. Gudrun Oevel, Leiterin IMT der Universität Paderborn. Foto: Julia Negri, SIC

Startschuss für den ersten bundesweiten Rechenknoten und Datenspeicher in einer Windenergieanlage (v. l.):
Johannes Lackmann, Frithjof Dubberke, Prof. Dr. Gregor Engels, Prof. Dr. Gudrun Oevel. Foto: © Julia Negri, SIC

Digitalisierung – das Schlagwort der Stunde. Doch für die höhere und oft ortsnah benötigte Rechenleistung von zukunftsweisenden Technologien ist nicht zuletzt eines erforderlich: Energie. Wie aber sind erneuerbare Energien und die laufend steigenden Energiebedarfe in Einklang zu bringen? Wie können Windkraftanlagen gestaltet werden, um einen weiteren Nutzen zu erbringen? Wie können Unternehmen steigenden Energiepreisen entgegenwirken? Eine Lösung für diese Herausforderung hat die WestfalenWind IT aus Paderborn in der Zusammenarbeit mit den regionalen Akteuren SICP – Software Innovation Campus Paderborn, der InnoZent OWL e.V., der Innofactory GmbH und der dtm group zur Marktreife gebracht: Wind CORES.

Genial, naheliegend, innovativ

Hinter dem Namen verbirgt sich nichts anderes als die Verschmelzung von Windenergieanlagen mit herkömmlichen Leistungsangeboten von Rechenzentren. Das Resultat: wirtschaftliche und nachhaltige IT – Outsourcing – Produkte der Verfügbarkeitsklasse III. Die Vorteile sind enorm. Produzierter Ökostrom wird ortsnah verwertet, vorhandene Gebäude und Infrastrukturen werden genutzt, anstatt neue gebaut. Firmen wissen genau, wo ihre Daten liegen und ihre Rechenvorgänge stattfinden. Obendrein sind die Betriebskosten geringer. So können Stromkosten um bis zu 50 Prozent auf 15 Cent pro Kilowattstunde reduziert werden. Zudem erlaubt die hochsichere Integration der IT in Windparks eine nahezu verlustfreie, mehrfache Anbindung an weitere erneuerbare Energieerzeuger und den notwendigen Kommunikationsnetzen.

Idee, Konzept und …

Die WestfalenWind IT hat lange nach kompetenten Partnern gesucht, um zentrale Fragestellungen dieser Innovation für eine mögliche Pilotierung zu klären. Gemeinsam mit der InnoZent OWL e.V. wurde der SICP–Software Innovation Campus Paderborn der Universität Paderborn für den nächsten Schritt identifiziert. Die Aufgabe bestand darin, Rahmenbedingungen und technische Anforderungen einer Umsetzung zu untersuchen. Die Herausforderung der IT – Manufaktur dtm lag darin, ein interferenzfreies Konzept zu erarbeiten. „Das bedeutet, die Trafostation der Windkraftanlage und der Rechenknoten dürfen sich nicht gegenseitig beeinflussen“, erklärt Dr. Gunnar Schomaker, Manager und Senior Researcher am SICP. „Das ist mit einem individuellen Konzept der dtm group aus Meckenbeuren gelungen.“

Umsetzung

Windparkanlage im Kreis PB: Hier stehen aktuell ca. 450 Windenergieanlagen, die von einer Vielzahl von verschiedenen Gesellschaften betrieben werden. Foto: Julia Negri, SICP

Windparkanlage im Kreis PB: Hier stehen aktuell ca. 450 Windenergieanlagen, die von einer Vielzahl von verschiedenen Gesellschaften betrieben werden. Foto: © Julia Negri, SICP

Im Fuß des 13 Meter breiten und 150 Meter hohen  Stahlbetonturmes sind derzeit vier feuerbeständige IT – Sicherheitsschränke aufgestellt, in denen jeweils Platz für 62 Höheneinheiten ist. Die Daten sind in den IT – Safe – Schränken vor fremdem Zugriff und vor EMV – Störungen (elektromagnetische Verträglichkeit) geschützt. Die Betriebszustände der Anlage lassen sich in Echtzeit messen und sämtliche Zugänge zu den Systemen werden beobachtet. Die Stärke des patentangemeldeten Wind CORES – Konzepts ist seine hohe Flexibilität, die alle Anforderungen von Kunden durch maßgeschneiderte Modullösungen und Anpassungen aufgreift.
Es ist eine direkte Vernetzung mit Kunden möglich und durch die virtuelle Verbindung mehrerer Wind CORES im Windpark eine nahezu beliebige Skalierung denkbar. Die starke Vernetzung der unabhängigen Wind CORES erlaubt zudem eine aktive Gestaltung der Serviceverfügbarkeit über die Anwendungsschicht. Erster kritischer Kunde des innovativen Projektes ist das IMT der Universität Paderborn. Das Team rund um Prof. Dr. Gudrun Oevel wird ab Inbetriebnahme einen Testbetrieb durchführen, um möglichst alle wichtigen Performancewerte und Kennzahlen zu ermitteln. „WindCores zeigt, wie dank Wissenstransfer zwischen dem SICP und der WestfalenWind IT sowie einem funktionierenden Kompetenznetzwerk eine Idee erfolgreich realisiert werden kann. Die Innovationskraft der Region im Bereich der Digitalisierung ist über alle Branchen und Unternehmensbereiche hinweg sehr hoch. Das zeigt sich nicht zuletzt auch durch viele andere Vorhaben in unserer Region“, betont Dr. Gunnar Schomaker.