Neues Heim für sensible Panzertiere

Foto LandschildkröteKreis Lippe. Ein kurzer Blick über den erdigen Untergrund und schon setzen sich die vier schuppigen Beine in Bewegung. Trotz bestehender Vorurteile bewegt sich die kleine griechische Landschildkröte überaus flink vorwärts. „Diese Tiere sind bei weitem nicht so langsam, wie viele häufig denken“, erklärt Ingo Schomburg. Rund 30 verschiedene Schildkröten leben im Garten des Detmolders – und auch die bisher namenlose griechische Landschildkröte, die Schomburg auf etwa vier bis fünf Jahre schätzt, hat ihr neues Heim vorläufig hier gefunden.

„Das Tier wurde in Lage gefunden und anschließend ins Tierheim nach Bad Salzuflen verbracht. Da griechische Landschildkröten unter Artenschutz stehen, dürfen sie aber nicht einfach weitervermittelt werden“, sagt Sabine Schneider, verantwortlich für Artenschutz im Fachgebiet Veterinärangelegenheiten/Lebensmittelüberwachung des Kreises Lippe (siehe Infokasten).

Solche Fälle seien leider keine Seltenheit. „Dieses Tier ist höchstwahrscheinlich einem Züchter ausgebüchst, das lässt sich an den Resten der Markierung auf dem Panzer erkennen. Wir haben es aber auch oft mit Fundtieren zu tun, die ausgesetzt und einfach ihrem Schicksal überlassen werden“, berichtet Schneider. Als zuständige Artenschutzbehörde ist der Kreis Lippe in solchen Fällen bemüht, artengeschützte Tiere bei sachkundigen Privatpersonen unterzubringen – wie im Fall der griechischen Landschildkröte bei Ingo Schomburg. Der Kontakt mit Herrn Schomburg entstand bei einer Überprüfung seiner Schildkrötenzucht. Auch seine Tiere sind meldepflichtig, er muss entsprechende Unterlagen und Bescheinigungen zum Tier vorhalten.

„Wir kontrollieren dies auch vor Ort, in Einzelfällen müssen wir sogar Exemplare beschlagnahmen“, erklärt Sabine Schneider. „Schildkröten werden ausgesetzt, weil die Besitzer zum Beispiel die Kosten unterschätzen oder die Tiere komplett falsch halten“, erläutert Ingo Schomburg. Der 45-Jährige hat einen Großteil seines heimischen Gartens für die Schildkrötenhaltung umgestaltet. Neben einem großen Gewächshaus, in dem sich die Tiere aufwärmen können, gibt es großzügige Außenbereiche mit allerhand Büschen und Sträuchern. In Puncto Nahrung räumt der Schildkröten-Fan mit einem weit verbreiteten Irrglauben auf. „Viele meinen, dass griechische Landschildkröten am besten mit allerhand Salat, Tomaten, Gurken oder Obst gefüttert werden sollten, aber diese Kost kennen sie in ihrer natürlichen Umgebung überhaupt nicht. Er füttere seine Tiere daher hauptsächlich mit selbst getrockneten Kräutern und allem, was die Schildkröten auch in ihrer griechischen Heimat vorfinden würden.

„Der Halter solcher Tiere muss sachkundig sein und sich unbedingt sorgfältig informieren, bevor er sich solch einen Exoten anschafft“, appelliert Schneider. „Ein Außengehege ist für die Tiere besonders wichtig, weil sie entgegen der geläufigen Meinung sehr aktiv sind. Wer bei der Haltung nicht aufpasst, dem können die Schildkröten schnell entwischen, denn sie sind ausgezeichnete Buddler und Kletterer“, weiß Ingo Schomburg, dessen Sohn Patrik ebenfalls schon von den Panzerträgern fasziniert ist. „Manchmal darf ich auch mal eine auf die Hand nehmen und streicheln“, erklärt der Vierjährige stolz. „Die Beschäftigung mit diesen Tieren ist ein spannendes und auch entspannendes Hobby, aber man muss sich auf jeden Fall mit der Materie auskennen“, sagt der Detmolder.

Die griechische Fundschildkröte aus Lage muss nun erst einmal in Quarantäne und von einer Tierärztin genau untersucht werden, um die anderen Exemplare bei eventuellen Krankheiten nicht zu gefährden. „Herr Schomburg bekommt einen Überlassungsvertrag von uns, um die Übergabe der Schildkröte zu dokumentieren. Wir sind sehr froh, dass wir einige unserer Fundtiere bei ihm in guten Händen wissen. Daneben gibt es Auffangstationen und andere Einrichtungen, die solche geschützten Arten aufnehmen“, fasst Sabine Schneider zusammen.

Meldepflicht

Wer artengeschützte Tiere hält, hat den Zu- und Abgang von Exemplaren beim Fachgebiet Veterinärangelegenheiten, Lebensmittelüberwachung des Kreises Lippe anzuzeigen. Als Ansprechpartnerin steht Sabine Schneider unter (05231) 62 2250 zur Verfügung. Mehr Informationen gibt es im Internet unter www.kreis-lippe.de.

Für artengeschützte Tiere muss der Nachweis des legalen Besitzes erbracht werden. Dies ist bei Fundtieren nicht möglich, so dass eine Beschlagnahme erfolgt. Fundtiere sind entlaufene, verirrte oder verlorengegangene Tiere, deren Besitzer meist unbekannt sind. Sie unterliegen dem Fundrecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, so dass die Ordnungsämter der Städte und Gemeinden für die Aufnahme der Tiere zuständig sind. Als Artenschutzbehörde unterstützt der Kreis Lippe Ordnungsämter und Tierheime dabei, für artengeschützte Fundtiere einen geeigneten Platz zu finden.

BU: Neuzugang mit Panzer: Ingo Schomburg und sein vierjähriger Sohn Patrik begutachten die griechische Landschildkröte, die in Lage als Fundtier entdeckt wurde.
Foto: Kreis Lippe