Kleintransport 4.0

Center for Entrepreneurship der FH Bielefeld berät E-Mobilität-Start-up

Ralf Maschmann kommt mit dem elektrisch angetriebenen Dummy des e-lifters mühelos den Hügel hoch. Foto: ©Patrick Pollmeier/FH Bielefeld

Ralf Maschmann kommt mit dem elektrisch angetriebenen Dummy des e-lifters mühelos den Hügel hoch. Foto: ©Patrick Pollmeier/FH Bielefeld

Bielefeld. Der „e-lifter“ des Lemgoer Start-ups owltec soll eine Revolution in der Mikro-Logistik auslösen. Die Vision: Stadtbewohnerinnen und -bewohner können schwere Einkäufe mühelos nach Hause transportieren – und das Auto bleibt stehen. Nun suchen die Gründer Investoren für ihr Unternehmen, das das Gefährt in großem Stil herstellen will.

Wer schon einmal mit vollgepackten Fahrradtaschen oder zu Fuß schwere Einkäufe nach Hause transportiert wollte, weiß: Größere Einkaufe lassen sich nur beschwerlich CO2-neutral ohne Auto nach Hause befördern. Für genau solche Fälle haben Jan Krügermeier und Ralf Maschmann den „e-lifter“ entwickelt. Bei der Gründung ihres Start-ups „owltec“ wurden sie nun ein Jahr lang durch die Fachhochschule (FH) Bielefeld unterstützt. Die Coaches des Center for Entrepreneurship (CFE) berieten die Jungunternehmer im Rahmen des Gründerstipendium.NRW.

Bis zu 100 Kilogramm soll künftig der „e-lifter“ des Lemgoer Start-ups transportieren können. Ausgestattet mit einem elektrischen Antrieb können Getränkekisten oder andere schwere Gegenstände ganz ohne Muskelkraft von A nach B gebracht werden. Ein Handgriff an die Stange des e-lifters genügt und schon setzt sich das Gefährt in Bewegung. Nur das Lenken muss noch übernommen werden. Einen Prototyp gibt es schon: Optisch erinnert der Lastentransporter an eine Mischung aus Bollerwagen und Kinder-Fahrradanhänger. Seine Funktion ist die eines „Hacken-Porsches“, allerdings mit deutlich mehr Zuladung. Der Akku kann genau wie bei vielen E-Bikes entnommen und an einer Steckdose geladen werden.

Förderung durch das Gründerstipendium NRW

„Die Idee kam mir, als ich meinen Nachbarn dabei beobachtete, wie er mit einem handelsüblichen Handwagen seine Getränkekisten zog“, erzählt Krügermeier. Aus der Idee wurde dann schnell ein Gründungsvorhaben. „Über das Gründungsnetzwerk und eine Internetrecherche waren Ralf und ich auf das Innovationslabor OWL und den Nachfolger, das Center for Entrepeneurship, aufmerksam geworden“, so Krügermeier.

Die Coaches des CFE übernehmen die Gründungsberatung für Start-ups, die das Gründerstipendium NRW erhalten. In Ostwestfalen-Lippe berät neben der FH Bielefeld unter anderem die Industrie- und Handelskammer Gründungsinteressierte. Wer durch wen in seiner Gründung unterstützt wird, entscheidet eine Jury im Rahmen der Vergabe des Gründerstipendiums.

Innovationen wie E-Mobilität, 5G und Nachhaltigkeit an der FH Bielefeld verankert

„Bei owltec handelt es sich um eine Bündelung unterschiedlichster Zukunftsthemen wie etwa E-Mobilität, 5G, Nachhaltigkeit und demographischer Wandel“, erläutert Lukas Gawor, Mitarbeiter am CFE. „Daher liegt es bei diesen technologie-orientierten Start-ups nahe, dass die Gründungsberatung durch uns als Hochschule wahrgenommen wurde. Genau diese Themen sind bei uns in Lehre und Forschung verankert.“

Das Hochschulumfeld ist für Technologieunternehmen geeigneter, es gibt dadurch zum Beispiel auch gute Vernetzungen mit anderen Hochschulen aus der Region Ostwestfalen-Lippe. „Die Unterstützung an der FH Bielefeld konnte aus unserer Sicht deutlich persönlicher und individueller erfolgen“, sagt Krügermeier. Ein weiteres Argument für die Gründungsberatung durch die FH: Öffentliche Drittmittelanträge zur Förderung solcher Start-up-Teams können nur über eine Hochschule eingereicht werden.

Auch andere Start-Ups des CFE profitierten von den owltec-Gründern

„Beide Gründer waren zuvor in unterschiedlichen Kontexten beschäftigt und konnten dadurch bereits zahlreiche Erfahrungen mit regionalen Unternehmen und Kooperationspartnern sammeln“, so Gawor. Davon profitierten auch die anderen Start-ups der ersten Kohorte des CFE, das im April 2020 offiziell seine Arbeit aufnahm. „Für die anderen Teams war das definitiv ein Vorteil, dass zum Beispiel Jan Krügermeier Marketingkenntnisse hat“, berichtet Gawor. Im Rahmen von Gründungscamps geben sich die Gründerinnen und Gründer gegenseitig Feedback. Sie üben, wie sie in aller Kürze und präzise ihr Gründungsvorhaben vorstellen – auch bekannt als „Pitch“ in der Start-up-Szene. „Das war für uns eine sehr gute Übung und das Feedback der anderen Teams war sehr wertvoll“, berichtet Ralf Maschmann, der gemeinsam mit seinem Kollegen an den Online-Veranstaltungen des CFE teilnahm.

Unterstützung beim Businessplan – weitere Einsatzgebiete

„Das CFE hat uns darüber hinaus sehr gut bei der Erstellung unseres Businessplans unterstützt. Das war letztlich auch der ausschlaggebende Punkt für uns, zu sagen, dass wir das mit der Gründung wagen“, so Krügermeier. Die beiden Gründer haben für ihr Gefährt bereits zahlreiche weitere Einsatzgebiete identifiziert: „Wir können uns den e-lifter sehr gut für den gesamten Bereich der Mikro-Logistik vorstellen. Zum Beispiel für Postzustellerinnen und -zusteller oder auch innerhalb von industrieller Produktion oder im Handel für die interne Logistik“, so Maschmann.

Jan Krügermeier mit einem Dummy des e-lifters, der so wie das spätere Gefährt bereits elektrisch angetrieben fährt. Foto: © Patrick Pollmeier/FH Bielefeld

Jan Krügermeier mit einem Dummy des e-lifters, der so wie das spätere Gefährt bereits elektrisch angetrieben fährt. Foto: © Patrick Pollmeier/FH Bielefeld

Die Vision: Der autonom fahrende e-lifter zum Ausleihen

Eine weitere Vision der Gründer: der e-lifter als Teil eines Verleihsystems, das zum Beispiel lokale Verkehrsbetriebe oder Supermarktketten betreiben. Kundinnen und Kunden könnten am Supermarkt den e-lifter mitnehmen und damit ihren Einkauf nach Hause bringen.

Nicht nur aus diesem Grund arbeiten Maschmann und Krügermeier auch daran, dass der e-lifter perspektivisch autonom fahren kann. So könnte er selbstständig wieder zum Supermarkt zurückfahren. „Das Ziel ist der (voll-)autonome elifter, der wie eine Logistik-Drohne eingesetzt werden kann“, sagt Krügermeier.

Diebstahlschutz und Statistiken in der App

Dass der e-lifter heute schon vielmehr ist als nur ein elektrischer Bollerwagen, zeigen die weiteren Features: Mittels Smartphone-App und GPS kann der Lastentransporter geortet oder zum Beispiel der Akku-Ladestand überprüft werden. Vor Diebstahl ist er je nach Ausstattungsvariante mit einem elektronischen Schlüssel via RFID oder mechanischem Schloss und elektronischer Wegfahrsperre mit „Vibrationsalarm“ gesichert. Auch Statistiken über die zurückgelegten Kilometer und die Nutzungszeiten wertet die App aus. Und mit integrierter USB-Ladefunktion dient der e-lifter gleichzeitig auch als Powerbank, wenn der Smartphone-Akku schwächelt.

Investorinnen und Investoren gesucht

Die einjährige Förderung durch das Gründerstipendium.NRW fiel für Krügermeier und Maschmann im Prinzip komplett in die Zeit der Corona-Pandemie. „Trotz der Unterstützung durch das CFE wie etwa für Förderungswettbewerbe des Projetträgers Jülich ist die Suche nach Investoren im vergangenen Jahr sehr schwer gewesen“, meint Krügermeier. Neben der Zulassung des e-lifters für den Straßenverkehr ist die Investorensuche daher nun der nächste Meilenstein, den die beiden Lemgoer erreichen müssen.

Offen für alle Gründungsinteressierten der FH Bielefeld

Gerade weil es aktuell für Gründungsinteressierte schwieriger sein könnte, ist es Lukas Gawor besonders wichtig, die Offenheit des CFE zu betonen: „Jede und jeder Interessierte, der oder die zu uns in die Beratung kommt, wird ernst genommen. Es gibt keine Ideen, die zu verrückt sind.“

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