Kreis Paderborn (krpb). Sein Fell und Fleisch waren lange Zeit sehr begehrt. Deshalb war der Biber europaweit nahezu ausgerottet. Seit einigen Jahren ist er in Teilen Deutschlands wieder angesiedelt worden und erwandert sich vorzugweise jene Regionen, in denen er eine intakte Natur und idealen Lebensraum für sich findet. Der Biber ist zurück. Im Kreis Paderborn finden sich Spuren von ihm in Sande im Bereich der Lippeseeumflut. „Das ist ein deutliches Zeichen für die gute Lebensraumqualität der neuen Lippe. Die vielen Maßnahmen zur Renaturierung haben sich auch an dieser Stelle ausgezahlt“, sagt Landrat Manfred Müller. So seien neue Lebensräume für viele Pflanzen und Tiere entstanden. Der Biber als bekannter Burgenbauer werde sicherlich noch mehr Dynamik in die Flusslandschaft reinbringen“, zeigt sich der Geschäftsführer des Wasserverbandes Obere Lippe (WOL), Volker Karthaus, überzeugt.
Erstmals im Dezember vergangenen Jahres entdeckten Mitarbeiter der Bezirksregierung bei Vermessungsarbeiten Biber-Fraßspuren an Weidenstämmen in Ufernähe der Lippe. „Weiden sind sein Lieblingsfutter“, erläutert Karthaus. Der Biber ist ein reiner Vegetarier. Von gefällten Bäumen frisst er Zweige, Astrinde und Blätter. An jenen Stellen entstehe dann mehr Platz für andere Straucharten und Pflanzen. Die Lebensraum- und Strukturvielfalt werde weiter erhöht, so der WOL-Geschäftsführer.
Bei dem neuen Bewohner in Sande handelt es sich vermutlich um einen Nachfahren von Bibern aus einem Gebiet am Niederrhein. Im Oktober 2002 waren dort nördlich der Stadt Wesel 14 Tiere ausgewildert worden. Abwandernde Jungtiere haben nach und nach die Lippe besiedelt. Anfang 2014 wurden bereits erste Spuren eines dauerhaft ansässigen Bibers auch in der Lippeaue bei Hamm entdeckt. Der jetzt in Sande gesichtete Biber dürfte somit die Lippe heraufgeschwommen sein. Fachleuten der NZO-GmbH (Büro für Landschaftsplanung, Bewertung und Dokumentation aus Bielefeld) gelang eine Nachtaufnahme des dämmerungs- und nachtaktiven Tieres.
„Da Biber zu den sehr seltenen Tierarten gehören, sind sie nach europäischem Recht, der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, und dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt“, betont der Umweltdezernent der Paderborner Kreisverwaltung, Martin Hübner. Auch ihr Lebensraum und ihre Bauten seien in diesen Schutz mit eingeschlossen. Der Umweltdezernent bittet deshalb die Bevölkerung, sich nicht auf die Suche nach dem Tier zu machen. Gerade in der ersten Zeit nach einer Neuansiedlung seien Biber besonders störanfällig.
Durch umfangreiche Renaturierungsarbeiten entstand in der Vergangenheit eine neue Verbindung der Flussteile ober- und unterhalb des Lippesees. Diese Lippeseeumflut wurde vor genau 10 Jahren in Betrieb genommen. Seitdem „schlängelt“ sich die Lippe wieder um den Freizeitsee herum. Die Durchgängigkeit des Flusses für wandernde Tierarten ist wieder hergestellt. Kiesbänke, Flachwasserzonen und kleine Vertiefungen, so genannte Kolke, sind entstanden. An den Ufern wachsen inzwischen dichte Bestände aus Weiden und Schwarz-Erlen und auch die Fischbestände entwickeln sich positiv.
„Sollten sich die Tiere dauerhaft im Bereich der Lippeseeumflut ansiedeln, wäre das ein weiteres deutliches Zeichen für die gute Lebensraumqualität der neuen Lippe“, ist Hübner gespannt auf die weitere Entwicklung. Und der Mensch hat an dieser Stelle auch was davon. Sollte der Biber seinen Appetit „auf Paderborn“ behalten und den dichten Weidenwald ein wenig lichten, hätten Spaziergänger eine bessere Aussicht auf den Lippesee. Probleme mit der Landwirtschaft durch Biberdämme seien an der Stelle nicht zu befürchten. „Auch das haben wir im Blick“, bekräftigt WOL-Geschäftsführer Volker Karthaus.
Bildunterzeile – Fotoquelle: Dr. Günter Bockwinkel (NZO GmbH)
Fraßspuren_Biber_01: Drei Weidenstämme wurden vom Biber gefällt