Agentur für Arbeit: Corona verdeutlicht die Verankerung von Geschlechterrollen

Pandemie stellt besonders Frauen vor berufliche Herausforderungen

OWL. Die Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt – das sind Mitarbeiterinnen der Bundesagentur für Arbeit, die sich, wie die Bezeichnung schon vermuten lässt, der Chancengleichheit am Arbeitsmarkt verschrieben haben. In Ostwestfalen-Lippe gibt es vier dieser Expertinnen – und sie alle merken: Corona hat uns gezeigt, dass es bis zur absoluten Chancengleichheit in unserer Gesellschaft noch ein weiter Weg ist.

Bild von Markus Winkler auf Pixabay

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Diana Glanz, Annette Budzynski, Andrea Behrendt und Simone Wils – das sind die vier Beauftragten für Chancengleichheit der Arbeitsagenturen in Ostwestfalen-Lippe. Sie sind vor allem mit Netzwerkarbeit betraut, um Chancengleichheit in der Region zu fördern. Dazu gehören zum Beispiel die Familienfreundlichkeit von Unternehmen, die Gleichberechtigung aller Geschlechter am Arbeitsplatz oder die Förderung des Wiedereinstiegs im Beruf. Neben dem Netzwerken beraten sie Menschen auch persönlich.

In den letzten Monaten, während dieser neuen Situation, ist ihnen bei ihrer Arbeit vor allen Dingen eine Tatsache besonders ins Auge gefallen: Leider ist die Chancengleichheit am Arbeits- und Ausbildungsmarkt noch lange nicht erreicht. „Das merkt man insbesondere beim Thema Kinderbetreuung. Lange waren die Schulen und Kitas ja geschlossen – zu Oma und Opa sollte man die Kinder aus gutem Grund möglichst nicht schicken. Aber nicht jeder kann Home Office machen oder es mit der Betreuung vereinbaren. Chancengleichheit wäre dann: Beide Eltern teilen sich den Betreuungsaufwand gleichermaßen, nehmen sich also gleichermaßen Urlaub oder Sonderurlaub“, erklärt Diana Glanz.

Annette Budzynski führt jedoch die Realität vor Augen: „Oft ist das eben nicht so. Das ist schon alleine wegen des Gender Pay Gap der Fall – Frauen verdienen in Deutschland im Median, auch bei gleicher Arbeit, weniger als Männer, das ist nach wie vor Fakt. Gleichgeschlechtliche Paare übernehmen hier natürlich eine besondere Rolle. Aber in einer Partnerschaft von Mann und Frau bedeutet das: Es ist oft rein finanziell einfacher, auf das Gehalt der Frau zu verzichten. Auch, weil typische „Frauenberufe“ nicht selten generell geringer vergütet sind als „typische Männerberufe“. Also geht der Mann weiterarbeiten – die Frau kümmert sich um die Kinder.“

Dass dies nicht nur ein coronaspezifisches Problem ist, sollte klar sein. Corona habe diese Missstände in Sachen Chancengleichheit nur noch einmal in den Fokus gerückt, so Andrea Behrendt. „Sie existieren aber auch ohne die Pandemie, wenn auch weit weniger auffällig. Aber eben auch ohne diese Situation gilt: Wer weniger verdient, wird für den Fall, dass es notwendig wird, eher seinen Job aufgeben, um sich zum Beispiel um Kinder oder andere pflegebedürftige Familienmitglieder zu kümmern. Das führt am Ende auch manchmal dazu, dass Frauen weniger Karrierechancen haben“, weiß sie.

Diesen Gegebenheiten wollen die Beauftragten für Chancengleichheit mit ihrer Arbeit entgegenwirken. Das beginnt ganz am Anfang bei der Berufswahl. Simone Wils: „Schon beim Berufseinstieg sollte man auch als Frau Berufe in Betracht ziehen, die eher von Männern dominiert sind. Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik – kurz MINT – sind sehr gut bezahlte Berufsfelder. Gerade junge Frauen mit oft durchschnittlich besseren Schulabschlüssen können in diesen Berufen gut durchstarten – viele ziehen diese Optionen aufgrund der gesellschaftlichen Geschlechterrollen aber erst gar nicht in Betracht. Darauf machen wir aufmerksam. Das gilt natürlich nicht nur für Berufseinsteigerinnen, auch Wiedereinsteigerinnen und Umschülerinnen sollten dieses Berufsfeld zumindest mit in ihre Überlegungen einfließen lassen.“

„Natürlich ist eine komplette Abwanderung von Frauen in nicht frauentypische Berufe nicht die Lösung des Problems. Vielmehr wünschen sich die Beauftragten für Chancengleichheit eine gleichmäßige Geschlechterverteilung und gerechte Bezahlung in allen Berufsfeldern. Erreicht werden kann ein solches Ziel aber nicht von heute auf morgen, denn nicht zuletzt müssen sich dafür fest verankerte gesellschaftliche Strukturen ändern. Deshalb arbeiten die vier Expertinnen stetig daran mit, indem sie beraten und informieren.

Diana Glanz, Annette Budzynski, Andrea Behrendt und Simone Wils sind für Frauen auf der Suche nach Wiedereinstieg oder beruflicher Umorientierung, aber auch generell für Menschen in Familienverantwortung gerne Ansprechpartnerinnen bei Fragen.

Kontaktdaten der BCA:
Diana Glanz (Stadt Bielefeld und Kreis Gütersloh): 0521 587 1166
Annette Budzynski (Kreise Herford und Minden – Lübbecke): 05221 985 144
Andrea Behrendt (Kreis Lippe): 05231 610 202
Simone Wils: (Kreise Paderborn und Höxter): 05251 120 2302

 

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