Chancen aufzeigen anstatt Fehler zu suchen

Was macht eigentlich die örtliche Rechnungsprüfung?

Rietberg. Allein bei der Stadt Rietberg werden jedes Jahr 70 Millionen Euro bewegt. Damit bei all den damit verbundenen Zahlungen alles mit rechten Dingen zugeht, gibt es eine örtliche Rechnungsprüfung. Doch die Mitarbeiter prüfen nicht bloß Rechnungen, wie die Bezeichnung vermuten lässt. Ihre Aufgaben sind viel vielschichtiger.

Jan van Rijbroek an seinem Arbeitsplatz in der Rietberger Verwaltung. Foto: Stadt Rietberg

Jan van Rijbroek an seinem Arbeitsplatz in der Rietberger Verwaltung. Foto: Stadt Rietberg

„Durch Prüfung und Beratung tragen wir dazu bei, Arbeitsabläufe und Strukturen in der Verwaltung zu optimieren und wir zeigen zugleich Chancen und Risiken auf“, erklärt Jan van Rijbroek. Er ist der Leiter der örtlichen Rechnungsprüfung der Stadt Rietberg, die wiederum ein Beratungs- und Kontrollinstrument des Rates ist. Deshalb führt die Abteilung auch die Bezeichnung »Prüfung & Beratung«. Die Arbeiten erledigen die fünf Mitarbeiter dieser Abteilung nicht nur für die Stadt Rietberg, sondern auch für die Nachbarstädte Delbrück und Verl sowie für deren stadtnahe Einrichtungen und Vereine wie etwa die Bürgerstiftung Rietberg oder den Volkshochschul-Zweckverband Büren/Delbrück/Geseke/Hövelhof/Salzkotten/Bad Wünnenberg. Geprüft werden deren Jahresabschlüsse. Zehn Stück pro Jahr.

Dabei spielt sich die eigentliche Arbeit überwiegend am Computer ab. Aus den Jahresabschlüssen werden Summensaldenlisten importiert, anschließend die Bilanz nachgestellt und auf Plausibilität geprüft. Dazu dient eine moderne Datenanalyse-Software, die auch beim Finanzamt genutzt wird. Wenn zum Beispiel ein städtisches Gebäude saniert wird, dann müssen die Aufwendungen richtig gebucht werden. Denn es macht schon einen Unterschied im Jahresabschluss, ob die Kosten von vielleicht 1 Million Euro komplett den Haushalt nur eines Jahres belasten, oder sie vielleicht über die nächsten 20 Jahre verteilt abgeschrieben werden. „Unser Ziel ist es nicht, akribisch nach Mängeln zu suchen“, erklärt van Rijbroek, „sondern eher, für die Zukunft zu lernen“. Dazu werden Zahlen und Daten verglichen mit denen des Vorjahres, oder mit denen vergleichbarer Projekte oder Kommunen. So geben die Mitarbeiter Empfehlungen, wie Abläufe künftig effektiver gestaltet werden können.

„Eine hohe Affinität zu Zahlen ist also schon hilfreich“, beschreibt Jan van Rijbroek die Arbeit in der örtlichen Rechnungsprüfung. Man muss einerseits viel selbstständig und allein arbeiten, sich andererseits aber auch vertrauensvoll mit den Kollegen austauschen können. „Auch die anderen städtischen Abteilungen sehen uns immer mehr als Partner, die unterstützen möchten und nicht pedantisch nach Fehlern suchen“, so van Rijbroek.

Rechnungsprüfung kann man nicht studieren. Wichtig ist vielmehr berufliche Erfahrung in der Verwaltung, die dann durch spezielle Fortbildungen bis hin zur Zertifizierung in Prüfungsmethodik ergänzt wird. So arbeiten in der örtlichen Rechnungsprüfung mit Jan van Rijbroek als ehemaligem Leiter der Finanzabteilung zwei weitere Verwaltungsbeamte beziehungsweise -angestellte. Hinzu kommen ein konstruktiver Bauingenieur und eine Hochbauingenieurin. Ihr spezielles Vorwissen ist in einem anderen wichtigen Prüfgebiet sehr wichtig: Die Vergaben.

Immer, wenn die Stadt einen Auftrag im Wert von mehr als 5000 Euro an eine externe Firma vergibt – zum Beispiel, wenn eine Straße repariert oder eine Schule gebaut wird – schaut die Rechnungsprüfung, ob die Auswahl der ausführenden Firma nach den gelten Regeln abläuft. „Wir sorgen so auch für einen fairen Wettbewerb“, erklärt Jan van Rijbroek. So sind er und sein Team zum Beispiel bereits im Vorfeld – Stichwort Beratung – bei der Wahl des korrekten Vergabeverfahrens behilflich.

Bei etwa 650 Vergaben im Jahr in den drei Städten bekommen die Mitarbeiter also täglich mehrere Vergaben auf den Tisch. Zudem werden pro Stadt stichprobenartig jährlich zwei Baumaßnahmen bis ins Detail durchgeprüft, um zu sehen, ob die bestellten Baumaterialien zum Beispiel in Menge, Aufwand und Gewicht auch plausibel sind. „Da kann es schon mal zu Differenzen kommen und dann werden auch Gelder zurückgefordert“, erklärt Jan van Rijbroek. Wenn zum Beispiel deutlich mehr Säcke Zement berechnet wurden, als für den geprüften Bau verhältnismäßig sind. Da gehören dann immer wieder auch Vor-Ort-Termine der Rechnungsprüfer dazu, die Baustellen aufsuchen und prüfen, ob Baupläne korrekt eingehalten und umgesetzt werden.

Und werden tatsächlich auch Rechnungen geprüft? – Ja, aber nur stichprobenartig. In allen drei Städten (Rietberg, Delbrück, Verl) liegen sämtliche Rechnungen digital vor, so dass auch dafür der eigene Arbeitsplatz nicht verlassen werden muss.

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