Auf dem Rücken der Tiere: EU-Kommission knickt vor der Agrarlobby ein

VIER PFOTEN: Es gibt eine Chance – Kommission kann Gesetzespaket für Tierschutz dem Parlament und Rat in wenigen Wochen vorlegen

Brüssel, Belgien/Hamburg, 13. September 2023 – Schlimmer hätte es nicht kommen können: In ihrer Rede zur Lage der EU hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die längst überfälligen ambitionierten Vorhaben der Union zur Verbesserung des Tierwohls völlig ausgeklammert. Für VIER PFOTEN ist offensichtlich: Die Kommission ist vor der mächtigen Agrarlobby eingeknickt. Trotz all der bekannten Missstände und dem enormen Handlungsbedarf ist sie anscheinend nicht zu Reformen bereit. Eine letzte Chance liegt nun unter anderem auch bei der Bundesregierung: Sie muss die EU-Kommission auffordern, mit einem ambitionierten Gesetzespaket voranzugehen. VIER PFOTEN fordert, dass sich Landwirtschaftsminister Cem Özdemir in Brüssel für ein besseres Leben für Tiere in der Landwirtschaft einsetzt.

„Das Lobbying der mächtigen Agrarindustrie auf dem Rücken der Tiere war offensichtlich erfolgreich und hat zu diesem verheerenden Kniefall geführt. Die EU-Kommission würde einen großen Fehler begehen, die derzeit unzureichenden Richtlinien für Tiertransporte, Tierhaltung und -schlachtung nicht zu verbessern. Die Kommission kann trotz der fehlenden Ankündigung die konkreten Gesetzesvorhaben in einigen Wochen dem EU-Parlament und dem EU-Rat vorlegen. Wir fordern Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und alle deutschen EU-Parlamentarier:innen auf, sich dafür einzusetzen, dass die EU-Kommission sich an ihr vorheriges Bekenntnis zum Tierschutz erinnert und entsprechend starke Entwürfe vorlegt. Es geht um viel, und es ist wirklich die letzte Chance, einem anständigen und humaneren Umgang mit fühlenden Lebewesen den Weg zu bereiten“, sagt Rüdiger Jürgensen, Mitglied der Geschäftsleitung von VIER PFOTEN Deutschland. 

„Es geht um nichts weniger als das Schicksal von Milliarden von Tieren. Die Rede der EU-Kommissionspräsidentin ist aber auch ein Schlag ins Gesicht der europäischen Bürger:innen, die sich in sämtlichen Umfragen mit großer Mehrheit für mehr Tierschutz ausgesprochen haben. Dies wird auch die Landwirtschaft langfristig Vertrauen kosten“, ergänzt Jürgensen.

Auch die Vorhaben zur Kennzeichnung tierischer Produkte wurden außer Acht gelassen. Damit droht ein Bruch der Versprechen der EU-Kommission, die derzeitigen Richtlinien zum Tierschutz deutlich zu verbessern. Tierschutz war als Priorität eingestuft worden. Rüdiger Jürgensen: „Die Kommission hat selbst zugegeben, dass die bestehenden Richtlinien völlig überholt sind. Jahre der Konsultationen, öffentlichen Umfragen und Anhörungen, bei denen auch VIER PFOTEN und andere Tierschutzorganisationen eingebunden waren mit klaren Ansagen, wären also völlig umsonst gewesen!“