Situation für Handel und Dienstleistungen bleibt angespannt

IHK-Frühjahrskonjunkturumfrage 2021:

Ostwestfalen-Lippe.Eine gedämpfte aktuelle Geschäftslage und Unsicherheiten mit Blick auf die Zukunft prägen die Lage im Handel und bei den Dienstleistungsbranchen. Zu diesem Ergebnis kommt die Frühjahrskonjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld, die am 16. März beim Online-Pressegespräch vorgestellt wurde.

Stellten die Ergebnisse der Frühjahrskonjunktur-Umfrage der IHK zum Handel und zu den Dienstleistern in einer Online-Pressekonferenz vor: IHK-Vizepräsident Holger Piening, IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke, IHK-Handelsausschussvorsitzender Rainer Döring, IHK-Referatsleiter Handel und Dienstleistung Marco Rieso, stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer Harald Grefe und die stellvertretende IHK-Geschäftsführerin Dr. Claudia Auinger. (von links oben im Uhrzeigersinn). Foto: IHK Ostwestfalen

Stellten die Ergebnisse der Frühjahrskonjunktur-Umfrage der IHK zum Handel und zu den Dienstleistern in einer Online-Pressekonferenz vor: IHK-Vizepräsident Holger Piening, IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke, IHK-Handelsausschussvorsitzender Rainer Döring, IHK-Referatsleiter Handel und Dienstleistung Marco Rieso, stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer Harald Grefe und die stellvertretende IHK-Geschäftsführerin Dr. Claudia Auinger. (von links oben im Uhrzeigersinn). Foto: IHK Ostwestfalen

„Nach unserer Sonderkonjunkturumfrage im Sommer 2020 sah es im Herbst nach einer konjunkturellen Erholung nicht nur in der Industrie, sondern auch in den Bereichen Handel und Dienstleistung aus. Leider hat sich das durch den zweiten Lockdown, der seit Anfang November die Gastronomie und ab Mitte Dezember Teile des stationären Einzelhandels und andere Dienstleistungsbereiche geschlossen hält, nicht erfüllt“, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke, die gemeinsam mit IHK-Vizepräsident Holger Piening, dem IHK-Handelsausschussvorsitzenden Rainer Döring und dem stellvertretenden IHK-Hauptgeschäftsführer Harald Grefe die Ergebnisse präsentierte.

Die Befragung fand von Anfang Januar bis Mitte Februar statt. An ihr beteiligten sich 1.738 Unternehmen mit insgesamt 65.764 Beschäftigten.

Bei den Dienstleistungen bleibt der IHK-Konjunkturklimaindex, der die Einschätzungen der momentanen Lage und die Zukunftserwartungen gleichermaßen berücksichtigt, mit 105 Punkten nahezu auf dem Niveau der Herbstumfrage (106 Punkte). Im Handel stieg der Klimaindex um 13 Punkte von 93 auf 106 und überschritt damit wieder die 100er-Marke, die für eine ausgeglichene Konjunkturlage steht.

„In den einzelnen Teilbereichen des Handels sieht es enorm unterschiedlich aus“, erläuterte Handelsausschussvorsitzender Rainer Döring. So würden im gesamten Handel 27 Prozent der Befragten von einer aktuell guten Geschäftslage sprechen, 30 Prozent jedoch von einer schlechten (Saldo: -3). Zu den Gewinnern gehöre mit einem Saldo von +43 der Lebensmitteleinzelhandel, der nicht von den Schließungen betroffen war und zusätzlich von der Möglichkeit profitiert habe, Non-Food-Artikel zu verkaufen.

Verlierer sei der Einzelhandel mit Textilien, Bekleidung und Schuhen mit einem negativen Saldo von -92. „Derartige Extremwerte und eine solch gravierende Streuung hat es bisher noch nicht gegeben“, hob Döring die differenzierte Situation insbesondere im Einzelhandel hervor. Für den stationären Einzelhandel blieben die Innenstädte von zentraler Bedeutung. „Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Zentren zu stärken oder zumindest zu stabilisieren“, betonte Döring und nahm dabei insbesondere Lokalpolitik und Verwaltung in die Pflicht.

Die Erwartungen an die kommenden Monate zeigten die weitverbreitete Unsicherheit im gesamten Handel: 17 Prozent rechneten mit einer besseren, 34 Prozent mit einer nochmals schlechteren Geschäftslage (Saldo: -17): „Der Druck auf den Handel bleibt ausgesprochen hoch. Eine Entspannung oder Verbesserung der wirtschaftlichen Lage ist für große Teile noch lange nicht in Sicht.“ Die Stimmung bleibe anders als in der Industrie weitestgehend eher gedrückt.

Wie im Handel ergebe sich auch bei den Dienstleistungen ein sehr heterogenes Bild, erklärte IHK-Vizepräsident Holger Piening. Insgesamt beurteilten 26 Prozent die aktuelle Geschäftslage als gut, 35 Prozent als schlecht. Der Saldo bleibe mit -9 zum dritten Mal in Folge negativ. Während IT-Dienstleister und Unternehmensberatungen bislang recht gut durch die Krise gekommen seien, habe beispielsweise das Werbegeschäft unter den Auswirkungen deutlich gelitten.

Erstmals wurde zudem das Gast- und Reisegewerbe in die Befragung der Dienstleister eingebunden. Traditionell war diese Branche bisher von der Umfrage entkoppelt. „Mehr als 90 Prozent der Unternehmen beurteilt die Lage als schlecht. Kein Unternehmen spricht von einer guten Geschäftslage“, schilderte Piening besorgt. Zwar hätten sich die Erwartungen im Gast- und Reisegewerbe, in dem 21 Prozent (Gast-) und 25 Prozent (Reisegewerbe) mit einer Verbesserung der Lage in den kommenden Monaten rechneten, im Vergleich zur Herbstumfrage verbessert (13 und 6 Prozent), im Saldo blieben beide mit -36 und -33 Prozent jedoch deutlich negativ.

Ohne die Übernahme der Ergebnisse des Gast- und Reisegewerbes stellt sich die Geschäftslage etwas positiver dar. Der Saldo der aktuellen Geschäftslage der Dienstleister ohne Gast- und Reisegewerbe beträgt +7, der Saldo der Erwartungen liegt bei -2. „Die Entwicklung der Geschäftslage ist in hohem Maße abhängig von der politischen Entscheidung der Wiedereröffnung. Das Reisegewerbe hofft auf schnelle Fortschritte bei den Impfungen, kluge Testkonzepte und ein gewisses Maß an Reisefreiheit im Sommer“, so der IHK-Vizepräsident, der eine klare Öffnungsperspektive für das Gast- und Reisegewerbe fordert. Die aktuellen Geschäfte in der Immobilienwirtschaft liefen seinen Worten nach wieder besser, die Erwartungen seien jedoch verhaltener. Ähnlich sähen die Perspektiven im Gesundheitswesen und Güterkraftverkehr aus.

Bei den Beschäftigungszahlen im Dienstleistungsbereich bestätige sich das differenzierte Branchenbild: Während IT-Dienstleister, Unternehmensberater und Betriebe in der Arbeitnehmerüberlassung in den kommenden Monaten vermehrt in größerem Umfang Personal aufbauen wollten, sei in den vom Coronavirus stark betroffenen Bereichen wie Gast- und Reisegewerbe ein deutlicher Personalabbau zu befürchten. Staatliche Hilfen wie die Überbrückungshilfe hätten zum Teil die Liquidität sichern können, dennoch sei die Kritik an zu geringen und zu späten Auszahlungen groß gewesen. Neun Prozent der befragten Unternehmen sprächen zudem von einer drohenden Insolvenz – eine „alarmierende Zahl“, unterstrich Piening.

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