IHK-Umfrage zum möglichen Nationalpark in Ostwestfalen-Lippe:

Pro im Tourismus – Contra in Holz- und Forstwirtschaft

Bielefeld. Das Land Nordrhein-Westfalen hat den Beteiligungsprozess für einen zweiten Nationalpark gestartet. Dabei wird ein möglicher Nationalpark in der Egge aktuell politisch kontrovers diskutiert. Mit einer gemeinsamen Umfrage haben die Industrie- und Handelskammern (IHKs) Lippe zu Detmold und Ostwestfalen zu Bielefeld die potenziellen Auswirkungen eines Nationalparks in der Region abgefragt. 816 Unternehmerinnen und Unternehmer haben sich daran beteiligt. Darunter waren 171 Unternehmen aus dem Bereich Tourismus und 247 aus der Holz- und Forstwirtschaft. Die übrigen 398 Unternehmen kommen unter anderem aus den Bereichen Energie/Windenergie, Handel, Dienstleistungen und Landwirtschaft.

„Ein Nationalpark hat vielfältige ökologische, soziale und ökonomische Effekte, besonders in einem dicht besiedelten Bundesland wie unserem. Umso wichtiger ist eine sachliche Diskussion und die Berücksichtigung aller Aspekte“, sagt Petra Pigerl-Radtke, Hauptgeschäftsführerin der IHK Ostwestfalen, zur Debatte.

„Unsere Umfrage zeigt, dass das Vorhaben erhebliche Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft hat. Im Tourismus gibt es viele Befürworterinnen und Befürworter, in der Holz- und Forstwirtschaft ist die Stimmung kritisch“, betont Svenja Jochens, Hauptgeschäftsführerin der IHK Lippe.

Für die Tourismusbranche ist besonders der Marketingeffekt eines Nationalparks für Ostwestfalen-Lippe von hoher Bedeutung – weniger die genaue Lage in der Region. Etwa 69 Prozent der Umfrageteilnehmenden aus dem Tourismussektor befürworten einen Nationalpark in der Egge. Deutschlandweit zeigen andere Regionen mit Nationalpark, dass sie touristisch profitieren. „Schöne Erlebnisse“ und eine „tiefgreifende Erholung in einer naturnahen Umgebung“ seien laut Umfrage sowohl für Übernachtungsgäste als auch für Tagesgäste wichtig. 19 Prozent der Tourismusakteurinnen und -akteure lehnen einen Nationalpark in der Egge jedoch ab, da auch für den Tourismus in einigen Bereichen mit Einschränkungen zu rechnen sei. Einige Teilnehmende weisen auch darauf hin, dass die touristische Infrastruktur weiter ertüchtigt werden muss.

Deutlich kritischer sehen die Unternehmen der Holz- und Forstwirtschaft die Ausweisung eines Nationalparks. 77 Prozent dieser Gruppe halten die Idee eines Nationalparks in der Egge für schlecht. Die Branche befürchtet erhebliche wirtschaftliche Einbußen: Zwei Drittel aus Holz- und Forstwirtschaft geben an, dass ein möglicher Nationalpark den Ertrag senken würde. Ein großer Teil dieser Unternehmen sieht sogar seine Existenz bedroht und erwägt, den Standort zu verlagern. Die Branche argumentiert vor allem, die Bewirtschaftung erfolge bereits heute umweltverträglich. Insbesondere der Anbau des nachwachsenden Rohstoffes Holz vor Ort sei nachhaltig und umweltverträglich. Auch bestünde für viele Teile der Egge bereits ein sinnvoller Schutzstatus. So sei eine nachhaltige Holzwirtschaft sowohl für die Holznutzung als auch die CO2-Bindung vorteilhafter. 20 Prozent der Holz- und Forstwirte begrüßen allerdings auch einen Nationalpark in der Egge.

Nachdem jetzt die Umfrageergebnisse vorliegen, werden Fachgutachten zu den wirtschaftlichen Auswirkungen für Tourismus sowie Holz- und Forstwirtschaft ausgearbeitet. Beide Hauptgeschäftsführerinnen sind sich einig, dass das Thema komplex ist und die Meinungen in der Region auseinander gehen. „Das NRW-Umweltministerium sollte deshalb unbedingt auf die transparente Kommunikation aller Vor- und Nachteile achten und den Beteiligungsprozess sorgfältig moderieren“, so Pigerl-Radtke und Jochens.