Gütersloh . Kleine Ritter in bunten Kostümen und mit Helmen und Schwertern ausgestattet laufen eifrig um das Haus, ein Burgfräulein in rosafarbenem Kleid und mit einer stattlichen Kopfbedeckung schaut dem bunten Treiben interessiert zu. In der Hand hält es fest umschlossen den Schatz, den es kurz zuvor gemeinsam mit den Rittern gefunden hat: „Katzengold“, flüstert es geheimnisvoll. Im Spexarder Bauernhaus dreht sich in der zweiten Woche der Herbstferien alles rund um das „Abenteuer Mittelalter“. Das Angebot ist Teil der „Erlebniswochen“, den Bildungsferien, die die Volkshochschule (VHS) Gütersloh gemeinsam mit der Familie-Osthushenrich-Stiftung anbietet.
Wie haben die Menschen damals gelebt? Wie wurde man ein Ritter? Warum trägt das Katzengold diesen Namen? Und was haben die Menschen über den Tag hinweg eigentlich so gemacht? Auf diese und viele weitere Fragen finden die 15 Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren gemeinsam mit Diplom-Geologe Jens Meyer und Diplom-Sozialpädagogin Martina Augustyniak Antworten. „Spiele waren die Grundidee für das Konzept dieser Veranstaltung“, sagt Meyer, der die fünf Tage mit spannenden Aktionen ausgestaltet, „Die Kinder sollen spielerisch etwas über das Mittelalter lernen, selbst Erfahrungen machen und auch Entscheidungen treffen.“ Eben ein Mittelweg zwischen spannendem Lernen und erholsamen Ferien.
„Wir sind immer darum bemüht, den Kindern etwas Neues und Spannendes anzubieten“, sagt VHS-Leiterin Dr. Birgit Osterwald, „Die Kinder sollen einen Gegenpol zur Schnelllebigkeit des Alltags finden, können hier entschleunigen, ihre Phantasie nutzen und in eine ganz andere Welt eintauchen.“ Ob als edles Burgfräulein oder Ritter mit Helm, Schild und Schwert: Die Kinder versetzen sich voll und ganz in das Mittelalter und haben sogar ihre eigenen Kostüme von zuhause mitgebracht.
Viele Utensilien für lehrreiche wie unterhaltsame „Spiele mit ganz einfachen Mitteln“ (Meyer) findet die Gruppe in der Natur. „Wir wollen nutzen, was wir vor Ort finden“, sagt Diplom-Geologe Meyer. So dienen Haselnüsse etwa als Steine für das Brettspiel Backgammon und die Umgebung des Spexarder Bauernhauses für eine spannende und abwechslungsreiche Schatzsuche.
Jens Meyer ist es sehr wichtig, den jungen Teilnehmern ein umfassendes Bild des Mittelalters zu vermitteln. Entgegen vieler Vorurteile und häufiger Assoziationen ist es eben keine Epoche, in der es nur düster und kämpferisch-kriegerisch zuging. Es gibt darüber noch viel mehr zu erfahren.
Um zu lernen, wie sich die weniger gut betuchten Menschen damals ernährten, bereitet die Gruppe gemeinsam eine Mahlzeit zu – ohne Salz, mit Getreide. Und weil Getreide die Hauptzutat eines jeden Essens war, gehört auch das Mörsern von Hirse und die Weiterverarbeitung zu einem Brei zum Programm dazu. Außerdem erlernen die Kinder etwa den Umgang mit einem Schnitzmesser, basteln einen Bogen aus Nussholz und besuchen mit der Bielefelder Sparrenburg eine echte Burg.
„Wir haben auch schon unsere eigenen Wappen gemacht, das war toll“, erzählt das einzige Mädchen in der 15-köpfigen Gruppe fröhlich und präsentiert stolz das bunte Werk, das mit Regenbögen, einem Schwert und einer Burg verziert ist. „Wappen sind sozusagen der damalige Personalausweis gewesen“, erklärt Meyer. Deshalb sollte jedes Kind beim Kreieren seines eigenen Wappens auch etwas ganz Persönliches mit aufnehmen.
Beim gemeinsamen Toben vor dem Bauernhaus kommen die Wappen auch sogleich zum Einsatz. „Ein Wechsel zwischen freiem Spielen, Bewegung und Phasen des gemeinsamen Lernens ist wichtig“, betont Jens Meyer. Handy und Smartphone sind bei diesem abwechslungsreichen Programm schnell vergessen. Die Kinder sind mit ihrer vollen Aufmerksamkeit dabei – im Hier und Jetzt, im Mittelalter.
Erlebniswochen der VHS Gütersloh – Bildungsferien mit der Familie-Osthushenrich-Stiftung
Die Bildungsferien werden von der Familie-Osthushenrich-Stiftung unterstützt und nun bereits zum achten Mal angeboten. Das Programm der Erlebniswochen „Ferien.Bilden.Schüler“ umfasste in diesem Jahr 66 spannende Angebote. Die Kurse im Halbtags- oder Ganztagsformat für Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren verteilen sich auf die Oster,- Sommer- und Herbstferien und bieten abenteuerliche, leckere, sportliche oder kreative Ferieninhalte.
Seit 2009 haben 4576 Kinder an den Erlebniswochen teilgenommen – nicht wenige darunter auch mehrfach. Die Teilnehmerzahlen haben sich gegenüber dem ersten Durchführungsjahr bis heute verdoppelt.
