Objekt im Fokus Lochplatten-Spieldose „Symphonion Simplex“, 19. Jh.

Objekt im Fokus – März & April 2017Minden. In der Sammlung des Mindener Museums werden rund 60.000 Objekte bewahrt. Trotz Dauer- und Sonderausstellungen oder Leihgaben an andere Museen lagern 95% der Sammlung verborgen im Magazin. Die Vielfalt und die Geschichte der Sammlung und das Wissen über die Objekte stellt das Museumsteam regelmäßig in Kabinettausstellungen vor. Alle zwei Monate wird außerdem ein „Objekt im Fokus“ im Foyer des Museums ausgestellt und dort seine Geschichte erzählt.

Das Objekt im Fokus in den Monaten März und April ist die Lochplatten-Spieldose „Symphonion Simplex“.

Das „Symphonion Simplex“ ist ein Stimmenkamm-Musikwerk. Der Stimmenkamm ist eine Stahlplatte mit herausgesägten Zungen in unterschiedlicher Länge und Masse. Die einzelnen Zungen werden durch ein darüber liegendes Zahnrad, das sogenannte Sternenrädchen, in Schwingung gebracht. Das Sternenrädchen selbst wird durch die aus den Löchern der Stahlplatte entstandene Metall-Nocken in Bewegung gesetzt. Die Lochplatte wird wiederum durch ein aufziehbares Uhrwerk angetrieben. Aufgezogen kann das „Symphonion Simplex“ bis zu 30 Minuten Musik abspielen.

Der Ursprung der Musikspieldose ist eine musizierende Taschenuhr, die 1796 von dem Genfer Uhrmacher Antoine Favre-Salomon (1734-1820) konstruiert wurde. Paul Lochmann (1848 – 1928) aus Leipzig erfand die Lochplattenspieldose 1886. Sie löste die bis dahin produzierten Walzen-Spieldosen ab. Ihr Vorteil war neben der weniger aufwendigen Produktion, der lautere Klang. Die Zylinderwalze übertrug durch die daran befindlichen Stifte die Noteninformation direkt auf den Musikkamm. Das Sternrädchen der Lochplatten-Spieldose erreichte eine sehr viel stärkere mechanische Kraftausübung auf den Musikkamm und war dadurch lauter. Auch der Holzkorpus der Spieldose beeinflusste als Resonanzkörper den Klang des Geräts entscheidend.

Die um das Jahr 1885 von Paul Lochmann in Leipzig – Gohlis gegründeten Symphonion-Musikwerke produzierten das „Symphonion Simplex“. Bereits 1893 produzierten 600 Arbeiter Lochplatten-Spieldosen in den verschiedensten Ausführungen. Dass die produzierten Geräte und die dazugehörigen Lochplatten auch ins Ausland exportiert wurden, belegt ihre dreisprachige Beschriftung in Deutsch, Englisch und Französisch.

Zu der Lochplatten-Spieldose aus dem Besitz des Mindener Museums gehören 14 Lochplatten mit populärer Tanzmusik aus den 1890er bis 1900er Jahren, Volksliedern, sowie Motiven aus damals beliebten Opern und Operetten.

Der Holzkorpus, der sich seit dem Jahr 1977 im Mindener Museum befindliche Lochplatten-Spieldose, ist durch einen Befall von holzzerstörenden Insekten leicht beschädigt, während die Mechanik ist noch intakt ist.

In den 1920er Jahren wurden die Lochplatten-Spieldosen durch eine neue Entwicklung – den Phonographen – verdrängt. Mit dieser neuartigen Technik war erstmals eine akustisch-mechanische Aufnahme und Wiedergabe von Schall möglich. Aufgezeichnet wurde auf einer Wachswalze, dem Vorläufer der Schallplatte.

Lochplatten-Spieldose „Symphonion Simplex“ aus der Sammlung des Mindener Museum

Fotonachweis (© Mindener Museum