Deutschlands Davis Cup-Kapitän Michael Kohlmann im exklusiven Interview

Der Hagener über die Bedeutung der NOVENTI OPEN für das Deutsche Tennis, den Davis Cup, Olympia und die Herausforderungen während der Corona-Krise

Bestandsaufnahme: Deutschlands David Cup-Kapitän Michael Kohlmann blickt im Interview auf das erste Halbjahr 2021 der deutschen Spieler zurück und spricht über die Olympischen Spiele in Tokio und einen möglichen Einsatz von Alexander Zverev im Davis Cup. © NOVENTI OPEN/HalleWestfalen

Bestandsaufnahme: Deutschlands David Cup-Kapitän Michael Kohlmann blickt im Interview auf das erste Halbjahr 2021 der deutschen Spieler zurück und spricht über die Olympischen Spiele in Tokio und einen möglichen Einsatz von Alexander Zverev im Davis Cup. © NOVENTI OPEN/HalleWestfalen

HalleWestfalen. Davis Cup-Kapitän Michael Kohlmann gehört stets zu den aufmerksamsten Beobachtern bei den NOVENTI OPEN. Auch bei der 28. Auflage von Deutschlands bedeutendstem ATP-Wettbewerb nimmt der 47-jährige Hagener die Auftritte der deutschen Profis unter die Lupe. Kohlmann gehörte einst zu den besten Doppelspielern der Tour.

Michael Kohlmann, welche Rolle spielen die NOVENTI OPEN für die deutsche Tennis-Landschaft?

Michael Kohlmann: Sie sind natürlich ein absolutes Vorzeigeturnier. Es ist einfach unglaublich, was hier in den letzten knapp 30 Jahren aufgebaut worden ist von der Familie Weber. Aktuell sind wir sehr dankbar für jedes Turnier, das unter den schwierigen und herausfordernden Bedingungen stattfindet. Für jeden deutschen Profi sind Heimwettbewerbe wichtig. Im eigenen Land spielt man besser, fühlt sich wohler, die Umgebung ist vertrauter. Unter normalen Umständen hast du auch die Zuschauer im Rücken.

Die deutschen Spieler bezeichneten HalleWestfalen stets als ihre Wohlfühloase im Tourjahr.

Kohlmann: Das ist ja auch so. Die Bedingungen sind hervorragend, die Infrastruktur ist optimal. Es ist eine ideale Plattform für gutes Tennis. Und die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache. Sicher, Roger Federer hat das Turnier zehn Mal gewonnen. Aber in der Championliste stehen eben auch Nicolas Kiefer, David Prinosil, Tommy Haas, Philipp Kohlschreiber und Florian Mayer. Alexander Zverev ist in jungen Jahren schon zwei Mal im Finale gewesen..

Wie wichtig eine Vielzahl von Heimturnieren ist, zeigt sich gerade am Beispiel von Italien. Dort gibt es massig Wettbewerbe auf allen Ebenen, mit dem Effekt, dass das Land aktuell zehn Top 100-Spieler stellt.

Kohlmann: Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir brauchen Turniere, Turniere, Turniere. Die Pandemie hat es zuletzt vielen Veranstaltern sehr schwer gemacht, weiter am Ball zu bleiben. Es war schwer, die Turniere finanziell auf die Beine zu stellen. Für die Zukunft gilt es, die Veranstalter nach Kräften zu unterstützen, damit unsere Spieler, unsere Talente hierzulande Gelegenheit zum Spielen finden. Gerade auch bei kleineren Turnieren überall.

Wie ist man im Nachwuchsbereich durch die Corona-Krise gekommen?

Kohlmann: Gar nicht mal so schlecht. In der Wettkampfpause gab es durchaus die Möglichkeiten zu intensiver Trainingsarbeit – und zwar konzentrierter, als es bei normalem Terminkalender sonst möglich wäre. Aber natürlich war die Zeit ohne regelmäßige Wettbewerbe dann schon sehr lang und nervenaufreibend. Hoffen wir, dass sich bald noch mehr Normalität einstellt.

Wie fällt die Zwischenbilanz 2021 im deutschen Spitzentennis aus?

Kohlmann: Das kann man nur individuell beurteilen. Sascha hat sich weiter in der Weltspitze etabliert, er spielt inzwischen mit großer Selbstverständlichkeit bei den Topwettbewerben in der entscheidenden Phase mit. Jan-Lennard Struff ist wieder in überzeugender Form, Paris war ein tolles Turnier für ihn gerade. Dominik Koepfer entwickelt sich stetig weiter, er gewinnt seine Runden bei den Slams und kann die Großen richtig ärgern. Auch Philipp Kohlschreiber hat bei den French Open ein Lebenszeichen gesendet, mit ihm ist wieder zu rechnen. Ich bin gespannt, wie die nächsten Wochen bei ihm und allen anderen verlaufen.

Mit welchem Aufgebot geht Deutschland bei den Herren ins olympische Turnier in Tokio?

Kohlmann: Alexander Zverev, Jan-Lennard Struff und Dominik Koepfer werden im Einzel spielen. Offen ist noch, ob Philipp Kohlschreiber über sein Protected Ranking (ATP 96) ins Turnier einsteigen kann. Im Doppel gibt es noch viele offene Fragen, nicht zuletzt, mit wie vielen Kombinationen wir starten können. Und wer dann mit wem spielt.

Besteht noch Hoffnung, dass Zverev im Davis Cup für Deutschland antritt?

Kohlmann: Sascha versteht sich richtig gut mit den anderen Jungs, es wird auch eine tolle Gemeinschaft bei den Olympischen Spielen sein. Vielleicht können wir ihn doch noch überzeugen und überreden, beim Davis Cup dabei zu sein – die anderen Spieler und ich als Kapitän im Zusammenspiel. Ich bin da durchaus hoffnungsvoll.

 

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