Gesunde Ernährung und „faires Essen“ für Kinder in OWL

Für 1.240 Kitas und 533 Schulen in OWL kostenloses Mittagessen gefordert

Foto: ©Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Region Ostwestfalen-Lippe

Foto: ©Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Region Ostwestfalen-Lippe

OWL. Mittags was Ordentliches auf dem Teller – zum Nulltarif: In den Kitas und Schulen in OWL soll es ein kostenloses Mittagessen geben. Das fordert die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). „Eine warme Mahlzeit, die Eltern nicht aus dem eigenen Portemonnaie bezahlen müssen, ist der beste Garant für eine gesunde Ernährung für alle Kinder und Jugendlichen – unabhängig davon, was zuhause auf den Tisch kommt. Ein Umsonst-Essen in Kindergärten und Schulen bietet die Chance, das Risiko einer Mangelernährung zu reduzieren – und damit auch eine zu einseitige Ernährung auszubremsen“, sagt Thorsten Kleile von der NGG Ostwestfalen-Lippe. Das wäre ein „gesunder Schritt nach vorn“ in den 1.240 Kindergärten und 533 öffentlichen Schulen in Ostwestfalen-Lippe.

Die NGG Ostwestfalen-Lippe appelliert an die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, die Weichen für kostenlose Mittagessen in Kindergärten und Schulen zu stellen. „Hier hat es jetzt allerdings einen Rückzieher der schwarz-grünen Koalition gegeben“, so Thorsten Kleile. Immerhin hätten sich CDU und Grüne im Koalitionsvertrag vor zwei Jahren noch vorgenommen, für eine kostenfreie Verpflegung zumindest in Kitas zu sorgen. Eltern sollten – abhängig vom Einkommen – schrittweise von den Kosten fürs Essen entlastet werden. Das sei jetzt aber erstmal vom Tisch, habe die Landesregierung auf eine Anfrage der SPD-Opposition im Landtag mitgeteilt. „Dass sich damit das Versprechen der NRW-Regierung von Hendrik Wüst in Luft auflöst, ist – um es passend zum Essen mal geschmacklich zu beurteilen – ziemlich bitter“, sagt NGG-Geschäftsführer Kleile. Es lohne sich vor allem für Eltern, hier nicht locker zu lassen und die schwarz-grüne Koalition beim Wort zu nehmen.

Auch für den Bürgerrat aus 160 per Los ermittelten Mitgliedern hat eine gesunde Ernährung für alle Schüler und Kindergartenkinder hohe Priorität: Er hat ein kostenloses Mittagessen in Kitas und an Schulen empfohlen. Entscheidend beim Mittagessen zum Nulltarif ist allerdings, so die NGG Ostwestfalen-Lippe, bei der Auswahl der Caterer auf zwei wichtige Punkte zu achten: „Es geht um gesundes Essen – also um eine gute Qualität bei den Zutaten und beim Zubereiten. Aber auch um faires Essen. Also darum, dass die Menschen, die in der Großküche arbeiten, die den Transport machen und das Mittagessen ausgeben, fair bezahlt werden. Und faire Bezahlung bedeutet: Tariflohn. Darauf müssen die Kommunen in OWL auch heute schon unbedingt achten“, fordert NGG-Geschäftsführer Kleile.

Neben dem wichtigen Aspekt einer gesunden Ernährung komme ein weiterer Punkt hinzu: „In vielen Familien gibt es den Druck, mittags zu Hause frisch zu kochen, um den Kindern ein gutes Essen zu bieten. Entweder, weil eine Ganztagsbetreuung – und damit das Mittagessen – fehlt. Oder ganz einfach, um Geld zu sparen. Wenn sich das durch ein kostenloses Mittagessen für alle im Kindergarten und in der Schule erledigt, dann haben auch berufstätige Eltern die Chance, sich stärker im Job – ob im Betrieb oder im Homeoffice – zu engagieren“, so Thorsten Kleile.

Der „Fleiß-Pegel“ des Jahres für OWL: 21,3 Mio. Überstunden – 11,7 Mio. für „umsonst“

Fotomontage: NGG | Nils Hillebrand Mal eben eine Stunde dranhängen – oder auch zwei oder drei ...: Der Überstunden - Berg ist enorm. „Gerade auch Gastro - Beschäftigte leisten ein strammes Pensum an Plus - Stunden in der Küche und im Service, aber auch rund um Theke, Rezeption und Hotelbar“, so die Gastro - Gewerkschaft NGG.

Fotomontage:
NGG | Nils Hillebrand
Mal eben eine Stunde dranhängen – oder auch zwei oder drei …: Der Überstunden –
Berg ist enorm. „Gerade auch Gastro – Beschäftigte leisten ein strammes Pensum an
Plus – Stunden in der Küche und im Service, aber auch rund um Theke, Rezeption und
Hotelbar“, so die Gastro – Gewerkschaft NGG.

OWL. Es ist der „Fleiß-Pegel“ von OWL: Rund 21,33 Millionen Überstunden haben die Menschen in Ostwestfalen-Lippe im vergangenen Jahr am Arbeitsplatz zusätzlich geleistet. Davon 11,67 Millionen Arbeitsstunden zum Nulltarif – ohne Bezahlung. Das geht aus dem „Überstunden-Monitor“ vom Pestel-Institut hervor. Die Wissenschaftler haben dabei die „Plus-Stunden im Job“ im Auftrag der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) untersucht.

Ein pikantes Ergebnis aus dem „Überstunden-Monitor“: „Alle Beschäftigten zusammengenommen haben den Unternehmen in Ostwestfalen-Lippe durch unbezahlte Mehrarbeit rund 168 Millionen Euro quasi ‚geschenkt‘. Und das ist schon äußerst sparsam – nämlich nur auf Mindestlohn-Basis – gerechnet“, sagt Thorsten Kleile von der NGG Ostwestfalen-Lippe. Außerdem sei der Überstunden-Berg auch ein Gradmesser für den „massiven Fachkräftemangel“.

„Allein in Hotels, Restaurants und Gaststätten leisteten die Beschäftigten im vergangenen Jahr in Ostwestfalen-Lippe rund 247.000 Überstunden. 100.000 davon ohne Bezahlung – quasi für umsonst“, so das Pestel-Institut. Die Wissenschaftler haben bei ihrer Untersuchung aktuelle Mikrozensusdaten ausgewertet. Basis der Überstunden-Berechnung ist die Übertragung von Branchen-Durchschnittswerten auf die Beschäftigungsstruktur von OWL.

Mit Blick auf die Überstunden warnt die NGG Ostwestfalen-Lippe: Hotellerie und Gastronomie könnten nicht dauerhaft auf die „Goodwill-Überstunden“ ihrer Beschäftigten bauen. „Es wird höchste Zeit, das Fachkräfte-Loch zu stopfen, das die Corona-Pandemie noch vergrößert hat. Das klappt allerdings nur, wenn Hotels und Restaurants bereit sind, attraktive Löhne zu bezahlen“, sagt Thorsten Kleile. Konkret peilt er dabei für die Zukunft einen „Gastro-Start-Lohn“ von 3.000 Euro brutto pro Monat für alle an, die in der Hotellerie und Gastronomie nach ihrer Ausbildung in einem Vollzeit-Job weiterarbeiten. Nur dann werde es gelingen, junge Menschen für eine Ausbildung im Hotel oder Restaurant zu gewinnen und Gastro-Beschäftigte nach ihrer Ausbildung in der Branche zu halten.

Das Gastgewerbe erlebe gerade einen regelrechten „Fachkräfte-Schwund und Mini-Job-Schub“. Ob in der Küche, im Service, an der Hotelrezeption oder an der Bar: „Die Branche versucht, fehlende Fachkräfte immer häufiger durch angelernte Beschäftigte zu ersetzen“, berichtet der Geschäftsführer der NGG Ostwestfalen-Lippe. Mittlerweile seien 59 Prozent der Gastro-Beschäftigten in OWL Mini-Jobber.

Der Fachkräfte-Mangel und eine faire Bezahlung in der Gastronomie, im Lebensmittelhandwerk und in der Ernährungsindustrie werden auch ein Schwerpunktthema auf dem Gewerkschaftstag der NGG Mitte November in Bremen sein, zu dem auch Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet wird.

Online-Doc bietet Tipps für Azubis in Ostwestfalen-Lippe

Nachwuchskräfte nicht als günstiges Personal ausnutzen“ 

Unter www.dr-azubi.de bekommen Berufsanfänger Rat rund ums Thema Ausbildung – auch in Corona-Zeiten. Foto: ©NGG/Alireza Khalili

Unter www.dr-azubi.de bekommen
Berufsanfänger Rat rund ums Thema Ausbildung – auch in Corona-Zeiten. Foto: ©NGG/Alireza Khalili

Bielefeld-Herford. In OWL starten derzeit Tausende Schulabgänger ins Berufsleben. Aber was ist durch Corona anders? Darf der Chef Kurzarbeit anordnen? Was passiert mit der Übernahme nach der Abschlussprüfung? Antworten auf diese Fragen können Berufsanfänger unter www.drazubi.de bekommen – und zwar kostenlos. Darauf hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zum Beginn des neuen Ausbildungsjahres hingewiesen. „Auch in Betrieben, die unter den Folgen von Corona leiden, sollten sich Nachwuchskräfte nicht um ihre Rechte bringen lassen“, betont Gaby Böhm von der NGG-Region Bielefeld-Herford. So sei es nicht hinnehmbar, wenn Hoteliers und Gastronomen Azubis unbezahlte Überstunden machen ließen, um pandemiebedingte Einbußen „wettzumachen“.

Die Online-Sprechstunde des DGB bietet dabei nicht nur Rat in puncto Pandemie. „Auch wer wissen will, welchen Urlaubsanspruch es gibt oder welche Arbeiten in der Ausbildung erlaubt sind, bekommt im Netz kompetente Hilfe“, so Böhm. Gerade im Gastgewerbe und im Lebensmittelhandwerk berichteten Azubis überdurchschnittlich oft von Problemen. Viele Arbeitgeber nähmen es in diesen Branchen mit den Vorschriften nicht so genau – und ließen Nachwuchskräfte etwa fachfremde Arbeiten machen, so die NGG. Häufig seien zudem die Ausbilder nicht ansprechbar oder wegen Kurzarbeit gar nicht im Betrieb.

Die Gewerkschaft verweist außerdem auf die Pandemie-Folgen für den Ausbildungsmarkt. Nach Angaben der Arbeitsagentur sank die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber auf einen Ausbildungsplatz in Nordrhein-Westfalen um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Stand: Juli 2021). Die stark getroffene Hotellerie verzeichnete sogar einen Rückgang von 24 Prozent.

Gastro-Betriebe erhielten ein Fünftel weniger Bewerbungen. Auch die Zahl der gemeldeten Ausbildungsplätze sank (Hotelbranche: minus 22 Prozent; Gastronomie: minus drei Prozent). Böhm erzählt: „Die Betriebe sind gut beraten, angesichts des Fachkräftemangels gezielt Nachwuchs zu suchen. Dabei muss die Ausbildung attraktiver werden. Viele Missstände gab es lange vor Corona.“ Berufsanfängern rät Böhm, sich bei Problemen Unterstützung beim Betriebsrat oder der Gewerkschaft zu suchen.

Appell an Bundestagsabgeordnete aus Ostwestfalen-Lippe

„Wildwest-Zustände in der Fleischbranche beenden“

Zerlegung von Tieren

Wer in der Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung von Fleisch arbeitet, macht einen Knochenjob. Die Gewerkschaft NGG ruft Bundestagsabgeordnete aus der Region dazu auf, sich in Berlin gegen Missstände in der Branche einzusetzen. Foto (alle Rechte frei): NGG

OWL. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten fordert Bundestagsabgeordnete aus Ostwestfalen- Lippe auf, in Berlin für das geplante Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in der Fleischwirtschaft zu stimmen. Corona- Ausbrüche in mehreren Fleischunternehmen hätten gezeigt, wohin die Missstände führen können.

„Für die überwiegend osteuropäischen Beschäftigten in Subunternehmen sind extreme Arbeitsbelastung, Lohn- Prellerei und Unterbringung in abrissreifen Wohnungen seit Jahren an der Tagesordnung. Mit solchen Wildwest-Methoden muss endlich Schluss sein“, fordert Gaby Böhm, Geschäftsführerin der NGG-Region Bielefeld-Herford.

Das geplante „Arbeitsschutzkontrollgesetz“ könne die Fleischbranche zugleich stärken: Nach Angaben der Arbeitsagentur sank die Zahl der Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe in Ostwestfalen-Lippe innerhalb von 20 Jahren um 42 Prozent. Von 399 Betrieben im Jahr 1999 gibt es heute nur noch 232. „Diese Konzentration ist ein bundesweiter Trend, der dazu geführt hat, dass reguläre Stellen verloren gingen und Arbeiten an Subunternehmen ausgelagert wurden – zu prekären Bedingungen“, betont Böhm. Mit Hilfe des neuen Gesetzes müssten nun die Stammbelegschaften wieder aufgebaut und die Mitbestimmung gestärkt werden. Das führe zu höheren Löhnen, steigenden Sozialabgaben und Steuereinnahmen.

Nach dem Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums sollen ab 1. Januar 2021 Werkverträge und ab 1. April 2021 Leiharbeit in Fleischbetrieben mit mehr als 49 Personen verboten werden. „In den vergangenen Jahren sind alle Versuche gescheitert, die Branche zum Umdenken zu bewegen – weder durch freiwillige Selbstverpflichtungen und selbst mit dem Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft nicht. Das Verbot ist überfällig“, so Böhm.

Die Gewerkschafterin warnt jedoch vor Tricksereien. Unternehmen dürften nicht versuchen, das Gesetz durch neu gegründete Tochtergesellschaften oder andere Schlupflöcher zu umgehen: „Vom Schlachten bis zum Verpacken – alle Arbeitsschritte in der Fleischproduktion müssen von Beschäftigten erledigt werden, die direkt beim Unternehmen angestellt sind.“ Das Gesetz zum Verbot von Leiharbeit und Werkvertrag sei der erste Schritt. „Und dann brauchen wir als zweiten Schritt einen Tarifvertrag, der für alle Beschäftigten in den rund 7.700 Unternehmen der Branche gute Löhne und faire Arbeitsbedingungen absichert. Wir sind gespannt, ob die Unternehmen hierzu ernsthaft bereit sind.“

Das Argument von Lobbyverbänden, die Fleischbranche sei auf Werkverträge und Leiharbeit angewiesen, um Auftragsspitzen etwa zur Grillsaison abzufedern, überzeuge nicht. „Möglich wären beispielsweise auch befristete Arbeitsverträge. Besser noch: Arbeitszeiten lassen sich per Tarifvertrag und Arbeitszeitkonten regeln – wie das auch in anderen Bereichen der Lebensmittelbranche seit langem üblich ist“, so Böhm.

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Lebensmittelindustrie am Limit: 34.000 Beschäftigte in Ostwestfalen-Lippe

 Hochproduktion durch Corona | „Arbeitszeitvorschriften nicht aushebeln“ 

OWL. Sie sorgen für Nachschub im Supermarkt: Die rund 34.000 Menschen, die in der ostwestfälischen Lebensmittelindustrie arbeiten, leisten in der Coronavirus-Pandemie einen entscheidenden Beitrag dafür, dass Essen und Trinken nicht knapp werden. Darauf hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hingewiesen. „Überstunden und Extra-Schichten sind in der Lebensmittelindustrie schon seit Wochen an der Tagesordnung. Die Menschen arbeiten am Limit, damit Aldi, Lidl, Rewe, Edeka & Co. die Ware nicht ausgeht“, sagt Gaby Böhm von der NGG-Region Bielefeld-Herford. Die Politik habe dies erkannt und die Lebensmittelbranche für „systemrelevant“ erklärt. Bei den Beschäftigten allerdings tauchen gerade jetzt viele Fragen auf, so die Gewerkschaft. Nach Angaben der Arbeitsagentur beschäftigt die Branche in ganz Nordrhein-Westfalen 146.000 Menschen. 

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Damit der Einkaufskorb nicht leer bleibt: Beschäftigte in der Ernährungsindustrie und im Lebensmittelhandwerk arbeiten aktuell auf Hochtouren. Darauf weist die Gewerkschaft NGG hin. .Foto: NGG

„Klar ist, dass die Versorgung mit Lebensmitteln an der Industrie, aber auch am Bäcker- und Fleischerhandwerk nicht scheitert. Wenn Nudelregale einmal leer oder Tiefkühlpizzen ausverkauft sind, dann liegt das vor allem an übertriebenen Hamsterkäufen und an Problemen in der Logistik“, macht Böhm deutlich. Scharfe Kritik übt die NGG-Geschäftsführerin vor allem aber auch an den Vorgaben von Supermarktketten. Die Konzerne forderten von den Herstellern auf der einen Seite, in der Krise noch schneller und noch mehr zu produzieren. Zugleich wolle man die Preise drücken. „Das geht letztlich auf Kosten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ohnehin unter Volllast arbeiten“, so Böhm. 

Da es, wie auch die Politik bestätigt, in der Lebensmittelindustrie derzeit keinerlei Versorgungsengpässe gibt, warnt die NGG vor geplanten einschneidenden Eingriffen in das Arbeitszeitgesetz. „Corona darf nicht dafür herhalten, die Höchstgrenzen bei der Arbeitszeit auszuhebeln. In Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen haben wir in der Lebensmittelindustrie längst die nötige Flexibilität, um Hochphasen zu stemmen. Sonst wären die Supermarktregale ja längst leer“, betont die Gewerkschafterin. Gesetzliche Standards seien wichtig. Sonst leide am Ende die Gesundheit der Beschäftigten: „Wer eine 12-Stunden-Schicht in der Backwarenindustrie hinter sich hat, bei dem steigt die Unfallgefahr“, sagt Böhm. Das derzeit gültige Arbeitszeitgesetz setze ein klares Limit: nicht mehr als zehn Stunden am Tag und nicht mehr als 60 Stunden pro Woche. 

Auch der richtige Arbeitsschutz sei mit Blick auf den laufenden Hochbetrieb in der Ernährungsindustrie und im Lebensmittelhandwerk „extrem ernst“ zu nehmen. „Die Firmen müssen dafür sorgen, dass genug Schutzkleidung da ist und die Abstandsregeln – etwa an Produktionsstraßen – eingehalten werden. Der Schutz vor Infektionen hat höchste Priorität“, so Böhm. 

Die NGG rät Beschäftigten, die Missstände beobachten oder unter Überlastung leiden, sich an die Gewerkschaft oder den Betriebsrat zu wenden. Umfassende Arbeitnehmer-Infos zur Coronavirus-Pandemie – von der notwendigen Vorsorge am Arbeitsplatz durch die REGION BIELEFELD-HERFORD 

Gewerkschaft Nahrung- Genuss-Gaststätten Region Bielefeld-Herford Geschäftsführerin: Gaby Böhm Marktstraße 8 33602 Bielefeld Telefon (0521) 986 29 – 0 Telefax (0521) 986 29 – 29 E-Mail: Region.owl@ngg.net www.ngg.net 

Arbeitgeber über die Kinderbetreuung und wichtige Azubi-Fragen bis hin zu Fieberkontrollen am Werkstor – hat die NGG online gestellt: www.ngg.net/corona 

Mit einer digitalen Demonstration unter dem Motto #GesichterDerKrise gibt die NGG betroffenen Beschäftigten zudem die Möglichkeit, auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Weitere Infos: www.facebook.com/GewerkschaftNGG 

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Corona-Schutzschirm für 37.000 Beschäftigte im Gastgewerbe gefordert

OWL. Leere Hotels, geschlossene Restaurants: Das neuartige Coronavirus trifft in Ostwestfalen-Lippe die rund 3.000 Betriebe im Gastgewerbe besonders hart und damit auch die rund 37.000 Arbeitnehmer der Branche. Darauf weist die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hin – und fordert einen Corona-Schutzschirm. 

image001„Die meisten Kellnerinnen, Köche und Hotelfachangestellten müssen jetzt zuhause bleiben. Zwar können sie Kurzarbeitergeld bekommen. Das liegt aber nur bei 60 Prozent (Eltern: 67 Prozent) des ohnehin oft geringen Einkommens. Für viele Betroffene geht das an die Existenz“, sagt Gaby Böhm von der NGG-Region Bielefeld-Herford. Die Gewerkschaft ruft deshalb den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) dazu auf, per Tarifvertrag eine deutliche Aufstockung des Kurzarbeitergelds für die Branche auf den Weg zu bringen. 

Bislang habe der Dehoga dies jedoch abgelehnt, kritisiert Böhm. „Es kann nicht sein, dass Gastwirte und Hotelbesitzer nach Milliardenhilfen vom Staat rufen, aber auf der anderen Seite ihre Beschäftigten im Regen stehen lassen.“ Ziel müsse sein, die Einbußen für Arbeitnehmer so gering wie möglich zu halten und Arbeitsplätze in der Krise zu sichern. Wie das gehen könne, hätten die Unternehmen in der Systemgastronomie (McDonald’s, Burger King, Nordsee) gezeigt. Zusammen mit der NGG hat sich die Branche am Dienstag auf eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 90 Prozent des Nettolohns geeinigt. 

Das neue Kurzarbeitergeld wurde in der vergangenen Woche im Rekordtempo von Bundestag und Bundesrat verabschiedet. Danach übernimmt die Bundesagentur für Arbeit rückwirkend ab März die Sozialversicherungsbeiträge für Betriebe, in denen mindestens zehn Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Außerdem sagte die Bundesregierung betroffenen Firmen großzügige Kredite zu. „Gastronomen und Hoteliers sollten einen Teil der Hilfen für die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes einsetzen. Damit können auch Fachkräfte gehalten werden – die man nach dem Ende der Corona-Pandemie wieder braucht“, so Böhm. 

Was Beschäftigte jetzt wissen müssen – von der Kinderbetreuung bis zur Lohnfortzahlung – hat die NGG im Netz zusammengefasst: www.ngg.net/corona

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Gewerkschaft warnt vor Kneipensterben in Ostwestfalen-Lippe

Jede achte Kneipe und Gaststätte seit 2007 geschlossen

OWL. Kneipe in Gefahr: Innerhalb von zehn Jahren haben 393 Gastro-Betriebe in Ostwestfalen- Lippe geschlossen. Zwischen 2007 und 2017 hat damit jede achte Gaststätte, Kneipe oder Eisdiele zugemacht. Zuletzt zählte die Region 2.751 gastronomische Betriebe, wie die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mitteilt. Die NGG Bielefeld-Herford beruft sich hierbei auf Zahlen des Statistischen Landesamts – und warnt vor einem weiteren Kneipensterben. „Vom Fußballabend in der Bar bis zum Grünkohlessen mit dem Sportverein – die Gastronomie steht für ein Stück Lebensqualität“, sagt NGG-Geschäftsführerin Gaby Böhm. Mit den Betriebsschließungen stehe nicht nur ein wichtiger Teil der Alltagskultur auf dem Spiel. Es seien auch etliche Arbeitsplätze in der Region in Gefahr.

Das letzte Bier: Immer mehr Kneipen, Restaurants und Gaststätten sind von der Schließung bedroht. Die Gewerkschaft NGG warnt vor dem Verlust „von einem Stück Alltagskultur“.Foto : NGG

Das letzte Bier: Immer mehr Kneipen, Restaurants und Gaststätten sind von der Schließung bedroht. Die Gewerkschaft NGG warnt vor dem Verlust „von einem Stück Alltagskultur“.Foto : NGG

Böhm macht für den Trend unter anderem die harten Arbeitsbedingungen in der Branche verantwortlich. „Nachts und am Wochenende hinterm Tresen zu stehen, das wollen viele nicht mehr. Deshalb hat die Branche schon heute mit einem Fachkräftemangel zu kämpfen“, so die Gewerkschafterin. Ein entscheidendes Mittel gegen das „Gastro-Sterben“ sei deshalb, die Branche bei Löhnen und Arbeitsbedingungen attraktiver zu machen. Mit einem Tarifvertrag, der NRW-weit für alle Restaurants und Gaststätten gilt, habe man hier „einen wichtigen Schritt“ gemacht. Allerdings müssten sich noch viel mehr Gastronomen daran halten.

Aber auch den Wirten selbst fehle oft ein Nachfolger, um den Betrieb weiterzuführen, so Böhm. „Außerdem müssen sich die Gastronomen gegen Pleiten absichern. Dazu gehört das nötige betriebswirtschaftliche Know-how. Genauso aber originelle Ideen, wie man eine Gaststätte zum Treffpunkt für junge Leute macht.“ Die Gewerkschaft NGG sieht dabei auch die Verbraucher in der Verantwortung. „Statt das Feierabendbier zuhause zu trinken, kann man einfach mal wieder in die Kneipe gehen. Das macht Spaß und ist geselliger“, so Böhm weiter.

In ganz Nordrhein-Westfalen ging die Zahl der Gastro-Betriebe nach Angaben des Statistischen Landesamtes seit 2007 um gut elf Prozent zurück. Von damals rund 28.000 Restaurants, Kneipen und Gaststätten waren im vorletzten Jahr nur noch 24.900 geöffnet.

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Bis zu 650 Euro mehr für Bäcker-Azubis

OWL.Frühes Aufstehen, Hitze am Backofen, Stress an der Ladentheke: Wer eine Ausbildung in der Bäckerei macht, darf nicht aus Zucker sein. Doch ein Großteil der rund 580 Bäcker-Azubis in Ostwestfalen-Lippe kann sich jetzt über einen kräftigen Lohn-Nachschlag freuen. Rückwirkend ab September 2018 sind die Ausbildungsvergütungen in der Branche gestiegen. Damit können Azubis, die bislang nicht nach Tarifvertrag bezahlt wurden, bis zu 650 Euro nachträglich bekommen. Darauf hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hingewiesen. Doch angehende Bäcker und Fachverkäufer müssen sich beeilen: Ein Großteil der Ansprüche kann bereits Ende Juli verfallen.

Wer eine Lehre in einer Bäckerei macht, kann sich über mehr Geld freuen – die Ausbildungsvergütungen steigen in der gesamten Branche. Für etliche Azubis gibt es rückwirkend ab September 2018 einen Nachschlag.Foto: NGG

Wer eine Lehre in einer Bäckerei macht, kann sich über mehr Geld freuen – die Ausbildungsvergütungen steigen in der gesamten Branche. Für etliche Azubis gibt es rückwirkend ab September 2018 einen Nachschlag.Foto: NGG

Hintergrund: Das Bundesarbeitsministerium hat die Ausbildungsvergütungen im Bäckerhandwerk im Nachhinein für allgemeinverbindlich erklärt. „Damit hat jeder Azubi einen festen Anspruch auf die tarifliche Bezahlung – auch wenn sein Betrieb nicht tarifgebunden ist. Die Differenz muss der Chef dann für die letzten zehn Monate rückwirkend zahlen. Bei einem angehenden Bäcker im ersten Ausbildungsjahr kann das bis zu 65 Euro pro Monat ausmachen“, erklärt Gaby Böhm von der NGG Bielefeld-Herford.

Seit September liegen die Ausbildungsvergütungen im Bäckerhandwerk bei 565 Euro pro Monat im ersten, 670 Euro im zweiten und 800 Euro im dritten Jahr. Zum 1. September 2019 steigen die Azubi-Vergütungen erneut – auf dann 615, 700 und 820 Euro.

Die Gewerkschafterin rät jetzt allen Auszubildenden in der Region, den letzten Lohnzettel zu prüfen. Eine Nachzahlung wird fällig, wenn in den letzten zehn Monaten weniger gezahlt wurde. „Wer leer ausgegangen ist, sollte sich unbedingt an die Gewerkschaft wenden. Für Mitglieder kann die NGG das fehlende Geld einfordern – notfalls vor Gericht“, so Böhm.

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Mehrwegflaschen für Klimaschutz

Mehrwegflaschen für Klimaschutz und Arbeitsplätze in Ostwestfalen-Lippe

OWL. Mehrweg gegen die Plastikflut: In Ostwestfalen-Lippe sollen Getränkehersteller und Supermärkte stärker auf wiederverwendbare Flaschen setzen. Das fordert die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). „Einwegflaschen und Dosen, auf die es 25 Cent Pfand gibt, sind nach der ersten Benutzung dahin und gehen ins energiefressende Recycling. Anders Mehrwegflaschen aus Glas oder robustem Plastik: Sie leisten nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz vor Ort – sie sichern auch Arbeitsplätze bei Abfüllern, im Handel und bei den Herstellern“, sagt Gaby Böhm von der NGG Bielefeld-Herford. Dies sei umso wichtiger, wenn das Produkt aus der Region komme. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit beschäftigt die Getränkebranche in Nordrhein-Westfalen rund 10.300 Menschen.

Mehrwegflaschen für Klimaschutz und Arbeitsplätze in Ostwestfalen-Lippe

Mehrwegflaschen für Klimaschutz und Arbeitsplätze in Ostwestfalen-Lippe

Das neue Verpackungsgesetz schreibt ab diesem Jahr einen Mehrweg-Anteil von 70 Prozent bei Getränken vor. Aktuell liegt die Quote nach Angaben des Umweltbundesamts aber nur bei etwa 44 Prozent. Unter den nicht-alkoholischen Getränken liegt sie sogar bei lediglich 23 Prozent. „Der Staat muss also stärker darauf achten, dass Hersteller und Handel die Quote wirklich einhalten – und Verstöße notfalls sanktionieren.“ Andernfalls werde die Umweltpolitik beim Thema Pfand zum „bloßen Lippenbekenntnis“.

Dabei seien insbesondere auch die Verbraucher gefordert: „Wer zum Apfelsaft aus Nordrhein-Westfalen oder zum Mineralwasser in der Glasflasche greift, stärkt regionale Wirtschaftskreisläufe und tut etwas für die Umwelt“, betont Böhm. Kritisch blickt die Gewerkschafterin auf die Strategie der Lebensmitteldiscounter: „Aldi, Lidl und Co. haben den Trend zu Einwegflaschen befeuert. Wer eine 1,5-Liter-Flasche Mineralwasser für 19 Cent anbietet, der macht Dumpingpreise salonfähig – auf Kosten der Umwelt und der Produzenten.“

Die Gewerkschaft NGG macht sich darüber hinaus für eine bessere Kennzeichnung im Pfandsystem stark. Damit könne sich der Verbraucher bewusst für Umwelt, Arbeitsplätze und Genuss entscheiden. Böhm: „Wie es laufen kann, zeigt sich beim Bier. Hier liegt der Mehrweg-Anteil bei 82 Prozent. Und der Käufer weiß, dass es aus der Glasflasche eben auch besser schmeckt.“

Nach einer Studie der Deutschen Umwelthilfe ließen sich bundesweit jedes Jahr 1,35 Millionen Tonnen CO2 einsparen, wenn man alle alkoholfreien Getränke ausschließlich in Mehrweg- statt in Einwegflaschen abfüllen würde. Das entspricht dem CO2-Ausstoß von 880.000 Mittelklassewagen, die im Durchschnitt 13.000 Kilometer pro Jahr fahren.

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