Immuntherapie und Toleranzinduktion

Bielefeld. Vom 13. bis 15. August 2015 finden im Ravensberger Park in Bielefeld die Pädiatrietage, eine kindermedizinische Fortbildungsreihe, statt. Dort werden wieder aktuelle Studien und Erkenntnisse dieses Fachbereiches vorgestellt. Unter anderem geht es darum, wie man kausal Allergien behandeln und den immer weiter verbreiteten Nahrungsmittelallergien bei Kindern und
Jugendlichen vorbeugen kann.

Jahrelang galt es als das sicherste Mittel, bei Kindern mit familiärem Allergierisiko das Auftreten einer Nahrungsmittelallergie dadurch zu verhindern bzw. zu verzögern, dass typische Nahrungsmittel möglichst gar nicht oder sehr spät angeboten wurden. So galt es als selbstverständlich, dass Mütter mit eigener allergischer Erkrankung ihre Kinder oft sehr lange und ausschließlich stillten und Nahrungsmittel wie Hühnerei, Fisch oder Nüsse und Erdnüsse im ersten oder sogar im zweiten Lebensjahr strickt mieden. Dieses wird jetzt erstmals mit soliden wissenschaftlichen Daten in Frage gestellt.

„In einer sehr großen Studie konnten Wissenschaftler um den Londoner Pädiater Gideon Lack zeigen, dass bei Kindern mit erhöhtem Allergierisiko die frühe Gabe von Erdnussallergen zu einer Toleranzentwicklung führt, so dass in dieser Gruppe im Vergleich zu einer Placebogruppe deutlich weniger Kinder eine allergische Sensibilisierung oder eine klinisch relevante Nahrungsmittelallergie gegen Erdnuss ausbildeten“, erklärt Prof. Dr. Eckard Hamelmann, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Kinderzentrum Bethel, Evangelisches Krankenhaus Bielefeld und Tagungsleiter der Pädiatrietage, das überraschende Ergebnis.

Auch wenn dieses Konzept nicht für jedes beliebige Nahrungsmittel und jede beliebige Population anzuwenden sein wird, zeigt es doch sehr deutlich, dass der „gesunde Umgang“ mit Allergenen das Immunsystem zu einer entsprechenden „gesunden Antwort“ stimulieren kann, so dass eben die Entwicklung von Allergien verhindert werden können. Aktuell stellt die spezifische Immuntherapie/Hyposensibilisierung das einzig zugelassene Verfahren zur immunmodulierenden und kausalen Behandlung von allergischen Erkrankungen dar. Leider wird dieses Verfahren weiterhin nur bei einem viel zu geringen Teil der möglichen Patienten eingesetzt, so dass diese weiterhin nur symptomatisch behandelt werden und entsprechend unter ihrer Erkrankung und deren Ausbreitung leiden. Vor allem der Asthma-präventive Effekt der Immuntherapie als

Ausdruck der immunmodulierenden Wirkung ist für den Kinderarzt von großer Bedeutung, da hierdurch die Entstehung von Asthma bei Hochrisikokindern etwa halbiert werden kann. „Ausführlich werden wir die Vor- und Nachteile der spezifischen Immuntherapie und die aktuelle Bewertung durch die frisch herausgegebene Leitlinie anlässlich der Bielefelder Pädiatrietage darstellen“, so Hamelmann, der zugleich Sprecher des Allergie-Centrums der Ruhr-Universität Bochum ist. Ein entsprechendes Symposium wird einen Überblick über die aktuellen Möglichkeiten der Immuntherapie und der Prävention geben.