Detmold. Anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Die Deutschen in der Geschichte Kirgisistans“ wurden Vertreter des Museums für russlanddeutsche Kulturgeschichte nach Berlin eingeladen. Neben dem Vizepräsident und Abgeordneten des Deutschen Bundestages Johannes Singhammer waren auch der Premierminister der Republik Kirgisistans Valerij Dill und Vertreter der Botschaften Kasachstans, der Türkei, Russlands und Kirgisistans zugegen.
Die von der kirgisischen Botschaft und der ehemaligen Präsidentin Kirgistans, Rosa Otunbajewa, initiierte Ausstellung wird in den kommenden Wochen an drei Orten in Berlin gezeigt, bevor sie in das Russlanddeutsche Museum in Detmold verlegt wird. Gefördert wurde die Sonderausstellung auch von der Deutschen Botschaft in Bischkek und dem Innenministerium des Bundes. In Kirgisistans, das ein Teil des russischen Gebiets Turkestans war, siedelten sich Deutsche Ende des 19. Jahrhunderts an. Die ersten deutschen Siedlungen wurden zu Beginn der 1880er Jahre von etwa 100 deutschen Mennoniten-Familien gegründet. Auffällig viele Bilder der Ausstellung zeigen das reichhaltige kirchliche Leben in den deutschen Siedlungen. Deutsche Siedler, die sich durch hohen Bildung, Fleiß, Vernunft und gegenseitiger Hilfsbereitschaft auszeichneten, brachten bessere Viehsorten und besseres Saatgut mit, die sich an die örtlichen Gegebenheiten anpassten. Hier fanden komplexe Geräte der Ackerbearbeitung und der landwirtschaftlichen Verarbeitung Anwendung. So leisteten die Landwirtschaftsbetriebe der deutschen Siedler, aber auch die später gegründeten Industrie- und Handelsunternehmen, einen bedeutenden Beitrag zur Erschließung der Region. Ebenso spielten sie mit ihren Theatern, Gymnasien und Wissenschaftlern eine prominente Rolle im Kultur- und Bildungsleben des Landes.
Die Eröffnung der Ausstellung fand im Europasaal der Deutschen Gesellschaft in Berlin statt, wo die Gäste unter anderem von Dr. Andreas H. Apelt, dem Bevollmächtigten des Vorstands der Deutschen Gesellschaft, begrüßt wurden. Johannes Singhammer, Vizepräsident des Deutschen Bundestages, betonte in seiner Eröffnungsrede, dass Deutschland und Kirgisistan durch eine gemeinsame Geschichte eng zusammen gehören. Bis heute leben etwa 8.000 Deutsche in Kirgisistan. Ähnlich wie das Detmolder Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte zeige die Berliner Ausstellung das Leben, die Geschichte und den Alltag dieser Auswanderer in Kirgisistan und solle „nicht nur der Erinnerung, sondern auch dem Frieden in Europa“ dienen.
Deutsche in Kirgisistan hätten in mehreren Etappen eine große Geschichte hinter sich und dabei auch einen großen Beitrag zur Wirtschaft des Landes geleistet, erläuterte Valerij Dill als stellvertretender Premierminister der Kirgisischen Republik in seiner Rede weiter, der selbst Deutscher ist und als Vorsitzender des Volksrats der Deutschen in der Kirgisischen Republik für die Wahrung und Pflege der deutschen Minderheit eintritt. Die vielen Wanderungen aus Deutschland und wieder zurück hätten einen ständigen Kulturaustausch ermöglicht, den eine schwierige Phase Kirgistans im langsamen Aufbau einer demokratischen Republik begleitet habe. So erinnere die Ausstellung nicht ohne Grund auch die Revolution vom 7. April 2010 in Kirgisistan: Sie solle den angrenzenden Ländern zeigen, wie innerhalb eines islamischen Staates eine demokratische Republik installiert werden könne.
So sei die Ausstellung vor allem den Deutschen gewidmet, die heute noch in Kirgistan leben, schlussfolgerte anschließend Hartmut Koschyk MdB als Bundesbeauftragter für Aussiedler in seinem Grußwort, das aufgrund seines Aufenthaltes in Moskau hier verlesen ließ. Wichtig sei, dass für sie das Tor nach Deutschland offen bliebe, ihnen die Entscheidung zur Einreise jedoch freigestellt sei. Nur so könne das Leben und die Kultur der Deutschen in Kirgisistan durch Deutschland am besten unterstützt werden. Musikalisch umrahmt wurde die Eröffnungsfeierlichkeit von einem Potpourri alter russlanddeutscher Lieder, die von Margarita Hortock als Solistin und Wiktor Warkentin am Akkordeon dargebracht wurden. Zum Abschluss wurde den Gästen ein Imbiss aus kirgisischen Spezialitäten gereicht, bevor sie sich in den Ausstellungsräumlichkeiten umschauen konnten.
Nach der Unabhängigkeit nahm Kirgisistan mit Deutschland diplomatische Beziehungen auf, so eröffnete Deutschland schon 1992 eine der ersten Botschaften in Bischkek. Lange Jahre blieb Deutschland das einzige EU-Land mit eigener Vertretung in Bischkek und zählt zu den wichtigsten Partnern des asiatischen Landes. Die EU-Zentralasienstrategie entstand auf deutsche Initiative. Seit September 1992 trifft die deutsch-kirgisische Regierungskommission für die Angelegenheiten der Deutschen in der Republik Kirgisistans regelmäßig zusammen und förderte die Erarbeitung dieser Ausstellung.
Weitere Informationen zum Museum und zum Leben der Russlanddeutschen unter www.russlanddeutsche.de
Foto: Christlicher Schulverein Lippe e. V.