Die Pädagogin und Detmolder Malort-Gründerin Anke Sjöberg holt Arno Stern, den Erfinder des Malortes und Entdecker der Formulation, und dessen Sohn André Stern nach Detmold
Detmold. Wenn Anke Sjöberg von ihren Begegnungen mit Arno Stern erzählt, springt beim Zuhörer direkt ein Funke über. Unprätentiös sei der 94-Jährige, eher zurückhaltend, aber sehr klar in seiner Haltung. Mit dieser Haltung meint Anke Sjöberg die Haltung gegenüber dem Kind: nie von oben herab, sondern auf Augenhöhe. Anke Sjöberg hat sich bei Arno Stern in Paris für die dienende Rolle im „Malort“ ausbilden lassen − jene besondere Einrichtung, die Arno Stern im Alter von 22 Jahren in einem Pariser Vorort geschaffen hat, als er die Aufgabe hatte, Kinder zu beschäftigen. Er ließ sie malen und begriff sofort die Wichtigkeit dieses Spiels, vorausgesetzt, dass es unter geeigneten Bedingungen geschieht. Er erfand dafür den „Malort“, der bis heute besteht und viel Zulauf erfährt.
71 Jahre später gibt es auf der Welt Hunderte von Malorten, die nach dem Vorbild von Arno Stern arbeiten − seit einem Jahr auch in Detmold: Anke Sjöberg hat hier in der Bruchstraße den Detmolder Malort gegründet. Auf ihre Einladung hin und mit Unterstützung der Peter Gläsel Stiftung kommen Arno Stern und sein Sohn André zu einem Vortragsabend ins Detmolder Sommertheater, und zwar am Donnerstag, 28. September, um 18 Uhr.
Der Malort ist ein geschlossener Raum ohne Fenster, die Wände sind mit Packpapier verkleidet, in der Mitte steht ein Palettentisch mit Farben und Pinseln. Eine Gruppe von Menschen jeden Alters trifft sich hier einmal in der Woche, um zu malen. Aber der Malort ist alles andere als eine Kunstschule. „Der Malort ist ein urteilsfreier Raum“, erzählt Anke Sjöberg. „Die Bilder werden weder kritisiert noch gelobt. Die Malenden müssen es hier niemandem recht machen, niemandem gefallen wollen, sie müssen kein Produkt abliefern.“ Stattdessen lautet die Botschaft: Du bist gut so, wie Du bist. Jeder der Anwesenden hinterlässt seine Spur auf dem weißen Blatt Papier, das er an die Wand gepinnt hat. Mit der Zeit können sich die Malendenin das Malspiel vertiefen, aus sich selbstheraus malen, ohne das Gefühl zu haben, etwas abliefern zu müssen. Arno Stern hat dieses Phänomen in Paris und in einigen Entwicklungsländern erforscht und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass alle Menschen dabei die gleiche Entwicklung durchmachen. Er nennt sie „Formulation“. „Ich freue mich jedes Mal, zu sehen, wenn die Teilnehmer im Malort innerlich wachsen und aufblühen“, erzählt Anke Sjöberg.
Dass es so etwas wie den Malort und die Formulation gibt, möchte sie mit der Veranstaltung im Sommertheater nun auch einem breiteren Publikum in OWL zugänglich machen. Deswegen wird Arno Stern darüber reden, „Wie man Kinderbilder nicht betrachten sollte“.
Sein Sohn André spricht zum Thema „Dem Leben vertrauen“. André Stern, geboren 1971 in Paris, ist Musiker, Komponist, Gitarrenbaumeister, Journalist und Autor. Als Bildungsreferent ist er international gefragt und engagiert sich für eine Haltung des bedingungslosen Vertrauens in die spontanen Veranlagungen, die jedem Menschen vom Beginn seines Lebens an mitgegeben sind.
Er leitet gemeinsam mit seinem Vater Arno Stern das „Institut zur Erforschung der Ausdruckssemiologie“, ist zusammen mit Gerald Hüther Gründer und Leiter der Initiative „Männer für morgen“ und gründete die Bewegungen „Ökologie der Kindheit“ und „Ökologie des Lernens“. Ferner ist André Stern einer der Protagonisten des Filmes „Alphabet“ und Co-Autor des gleichnamigen Buches.
Die Veranstaltung wird neben der Peter Gläsel Stiftung auch von der Reker-Stiftung aus Hövelhof, dem Waldkindergarten Lippe, der Werbeagentur sagner-heinze und der Bahnhofsapotheke in Detmold unterstützt. Karten kosten im Vorverkauf 25 Euro. Vorverkaufsstellen sind der Malort Detmold, ADticket, das Buchhaus am Markt, die Buchhandlung Pegasus in Lemgo, die LZ-Geschäftsstellen und die Tourist Information, Detmold.
Am 30. September öffnet Anke Sjöberg ihren Malort in der Bruchstraße 37 für einen Tag der Offenen Tür.
Weitere Infos unter: www.malort-detmold.de
Fotos: Stadt Detmold
BUZ: Foto 1: Arno und André Stern, Foto 2: Flyer zur Veranstaltung